Erdogan fordert Auslieferung von 69 Türken
BERLIN - Echte Zugeständnisse macht er keine, Forderungen hat er einige: Der türkische Staats-Chef Recep Tayyip Erdogan (64) ist nur bedingt bemüht, die kriselnden deutsch-türkischen Beziehungen ein bisschen zu verbessern. Nach wie vor gibt es zu viele Streitpunkte zwischen Berlin und
Ankara. Nach einem Gespräch mit dem Türken-Präsidenten sagte Kanzlerin Angela Merkel (64, CDU), es gebe weiterhin „tiefgreifende Differenzen“. Sie nannte Einschränkungen der Pressefreiheit und der Menschenrechte. Besonders umstritten blieben der Fall des türkischen Journalisten Can Dündar (57) und die Lage zahlreicher politischer Gefangener in der Türkei.
Erdogan bestand auf der Auslieferung Dündars: „Das ist unser natürliches Recht. Sie wissen bestimmt, dass Can Dündar ein Agent ist, dass er eine Person ist, die Geheimnisse des Staates preisgegeben hat.“Für den türkischen Staat sei er ein „Verbrecher“und dafür zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Zwischen Deutschland und der Türkei gebe es ein Abkommen zur Auslieferung von Straftätern. Der frühere Chefredak- teur der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“lebt im Exil in Deutschland.
Bereits vor dem Besuch Erdogans hat die türkische Regierung in Deutschland eine Auslieferung Dündars gefordert. Dazu wurde eine „Terrorliste“mit 69 Namen übergeben. Dündar war wegen eines Artikels zu Waffenlieferungen des türkischen Geheimdiensts nach Syrien verurteilt worden.
Zuvor war Erdogan mit militärischen Ehren von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (62) auf Schloss Bellevue empfangen worden. Er sprach den AKP-Politiker aus Ankara auf konkrete Fälle von politischen Gefangenen in der Türkei an. In Berlin gab es zahlreiche Proteste und Demos gegen Erdogan.