50 Jahre Black-Power-Protest
WASHINGTON - Als die amerikanische Nationalhymne ertönt, wird es schlagartig still auf den Zuschauerrängen des Olympiastadions in Mexiko-Stadt. Voller Spannung blicken am Mittag des 16. Oktober 1968 hunderttausend Menschen auf die drei Männer auf dem weißen Siegerpodest.
Es ist ihr olympischer Sieg über 200 Meter. Es ist der Moment, auf den die Athleten jahrelang hingearbeitet haben. Es ist der
Leichtathletik
Höhepunkt ihrer Karriere, und es ist gleichzeitig ihr Ende. Auf dem dunklen Trainingsanzug des Amerikaners Tommie Smith glänzt die Goldmedaille. Mit 19,83 Sekunden über 200 Meter hat er an diesem Tag als erster Sprinter die magische Grenze von 20 Sekunden geknackt. Sein Landsmann, John Carlos, links neben ihm auf dem Podest, trägt die Bronze-Medaille um seinen Hals.
Die Hymne schallt seit wenigen Sekunden durch die Lautsprecher. Dann passiert das, womit Zuschauer, Reporter und Sportfunktionäre nicht gerechnet haben: Smith und Carlos strecken ihre geballten Fäuste in schwarzen Lederhandschuhen gen Himmel. Es ist ein Zeichen des Protests gegen die Diskriminierung von Schwarzen in den USA in Politik, Gesellschaft und Sport, eine Geste, die zum Symbol der Bürgerrechtsbewegung in den USA werden wird.
Kurz vor der Siegerehrung beschließen die Athleten, den Moment für ihren Protest zu nutzen, obwohl dieser vom IOC vor den Spielen ausdrücklich verboten und harte Strafen angekündigt worden waren. Nur wenige Sekunden nach dem Black-Power-Gruß beginnen die Menschen im Stadion, die Athleten auszupfeifen. Die Pfiffe zeigten, wie vergiftet das Klima in der Gesellschaft damals war.
„Dieser Moment hat mein Leben in ein Davor und ein Danach geteilt“, so Olympiasieger Smith (74). „Ich habe dieser Sache mein Leben geopfert.“Bereut habe er das aber nicht. Die sportlichen Karrieren von Smith und Carlos (73) war danach zwar beendet, aber von Bürgerrechtlern und Schwarzen wurden sie in den USA als
Helden gefeiert.