Wachsendem denhass
BERLIN - Novemberrevolution 1918, Pogromnacht 1938, Mauerfall 1989: Der 9. November ist eines der wichtigsten Daten unserer Historie. Der „Schicksalstag der Deutschen“wurde im ganzen Land mit Gedenkfeiern gewürdigt.
Der 9. November 1918 sei ein historischer „Meilenstein“, aber leider immer noch „ein Stiefkind unserer Demokratiegeschichte“, erinnerte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (62) an den 100. Jahrestag der Ausrufung der Republik. Das müsse sich ändern, plädierte das Staatsoberhaupt für einen „demokratischen Patriotismus“in Deutschland.
Viel Beifall erhielt der Bundespräsident, als er die deutschen Nationalfarben für die Demokratie reklamierte: „Wer heute Menschenrechte und Demokratie verächtlich macht, wer alten nationalistischen Hass wieder anfacht, der hat gewiss kein historisches Recht auf Schwarz-Rot-Gold.“
Der Zentralrat der Juden in Deutschland erinnerte in der Berliner Synagoge in der Rykestraße an die antisemitischen Ausschreitungen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Kanzlerin Angela Merkel (64, CDU) warnte vor zunehmendem Judenhass hierzulande und mahnte entschlossenes Vorgehen gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung an.
„Es gibt in Deutschland wieder blühendes jüdisches Leben“, sagte die CDU-Chefin. „Doch zugleich erleben wir einen besorgniserregenden Antisemitismus, der jüdisches Leben in unserem Land und an anderen sicher geglaubten Orten der Welt bedroht.“Dieser Antisemitismus entlade sich zunehmend offen in teils ungehemmter Hetze im Internet wie auch im öffentlichen Raum.
„Leider haben wir uns beinahe daran gewöhnt, dass jede jüdische Einrichtung (...) von der Polizei bewacht oder besonders beschützt werden muss“, so Merkel. „Aber wir erschrecken uns über Angriffe auf Menschen, die eine Kippa tragen, und stehen fassungslos vor dem rechtsradikal motivierten Angriff auf ein jüdisches Restaurant im August dieses Jahres in Chemnitz.“Diese Form antisemitischer Straftaten wecke „schlimme Erinnerungen an den Beginn der Judenverfolgung in den 30er Jahren“.