Vom Pferd getroffen - tot
Moritzburger Obersattelmeister Sachsens erster Bergsteigerchor singt auf Arabisch
DRESDEN - Dort, wo normalerweise deutsche Bergsteigerlieder geschmettert werden, tönen jetzt ungewöhnliche Klänge durch den Raum. Die Stimmen schwellen an, das arabische Liebeslied „Fog El Nakhal“, gesungen von mehr als 90 Männern, erfüllt die Luft.
Für drei Weihnachtskonzerte in der Dresdner Annenkirche am
Pferde waren sein Leben. Der frühere Moritzburger Obersattelmeister Peter Müller (75) züchtete auch noch im Ruhestand erfolgreich Welsh-Ponys. Auch seinen neuen Hengst „Telynau“(6) wollte er ausbilden. Doch dabei kam es zu einem tragischen Unfall, den der Züchter aus Wilsdruff nicht überlebte.
Das kastanienbraune Reitpony „Telynau“hatte Müller erst vor wenigen Tagen gekauft, wollte den Hengst am Montagvormittag zum ersten Mal an andere Pferde und Kutsche gewöhnen. „Darum fuhr ich mit einer Zweigespann-Kutsche auf der Straße 7. und 8. Dezember treffen einer der ältesten Bergsteigerchöre Europas - die Dresdner „Bergfinken“- und die mehrfach für ihr Flüchtlingsengagement ausgezeichnete Brass-Band „Banda Internationale“aufeinander.
Kulturelles Crossover, könnte man das nennen, oder Welten, die aufeinanderprallen. Max Röber (33), Chorleiter der „Bergfinken“, hatte die Idee dazu. „Wir machen einfach Musik, und er lief mit Telynau nebenher“, sagt sein Zuchtpartner und Kutscher Siegfried Horn (60). Doch der Trainingslauf in Oberhermsdorf (Wilsdruff) ging furchtbar schief.
„Der Hengst verhielt sich nicht ungewöhnlich, scheute nicht. Er war einfach sehr nervös. Plötzlich schwenkte Telynau seinen Kopf zur Seite, stieß dabei unglücklich an Peters Kopf. Der sackte zusammen“, berichtet Kutschfahrer Horn. Während er die drei Pferde im Zaun hielt, alarmierten Passanten den Notarzt, stürmten in die nahe Grundschule, um Hilfe zu holen.
„Ich bin sofort rausgerannt“, sagt die Erste-Hilfe-Lehrerin (33). „Der Mann lag regungslos da, um ihn mehrere Helfer. und darüber lernt man mal ein anderes Instrument, andere Musik, andere Menschen kennen“, sagt er.
Röber rechnet es seinen Chormitgliedern hoch an, für das Konzert Arabisch gelernt zu haben. „Wer aus der Sächsischen Schweiz kommt, über 70 Jahre alt ist und sehr traditionsbewusst, dass der Arabisch singt ... Hut ab!“
Für Akram, der in der „Banda Internationale“Cello spielt, hat das arabische Lied „Fog El Nakhal“( - deutsch: „Auf den Palmen“) eine ganz besondere Bedeutung. Es stammt aus seiner Heimat Irak, die er vor drei Jahren als Flüchtling verlassen musste. Sein Cello musste er damals verkaufen, um die Flucht zu finanzieren. „Es ist schön, dass man das Lied in Deutschland hören - und singen kann“, sagt er. „Sehr berührend“sei es für ihn gewesen, als der stimmgewaltige Männerchor der „Bergfinken“arabisch gesungen habe. „Und man konnte es sogar verstehen“, sagt der Mann mit den schwarzen Dreadlocks lachend. Bei der „Banda Internationale“machen Einheimische und Geflüchtete gemeinsam Musik, sie kommen etwa aus Burkina Faso, Syrien, dem Irak und Iran. Ich übernahm die Wiederbelebung. 30-mal drücken, zweimal beatmen. Er blieb bewusstlos. Dann kam der Rettungsdienst mit einem Defibrillator.“Doch alle Versuche konnten Peter Müller nicht retten, er verstarb im Krankenhaus. Die Polizei ermittelt, geht von einem Unfall aus. Ob es eine Obduktion geben wird, stand gestern Abend noch nicht fest.
„Peter Müller war ein liebenswürdiger Mann und großer Pferde-Mensch, von allen sehr geachtet“, sagt Zuchtpartner Horn, der vom Verstorbenen selbst in den 70er-Jahren am (heutigen) Landgestüt Moritzburg zum Pferdewirt ausgebildet wurde. „Peter kümmerte sich dort als Obersattelmeister jahrzehntelang um die Pferde. Er schulte die Lehrlinge, leitete Fahrlehrgänge mit Kutschen“, so Horn. „Bei zahllosen Rundfahrten prüfte er die Sicherheit der Gespanne.“
Erst vor zwei Jahren war Müllers Frau in Braunsdorf (Wilsdruff) verstorben. Angehörige und Freunde legten gestern zum Gedenken Blumen an der Unfallstelle ab. tyx