„Floh“erzählt über seine Olympiasiege
OBERWIESENTHAL - „Ach, herrje , sagt Jens Weißflog. „Mit Daten habe ich es nicht so“, lacht die Skisprung-Legende aus Oberwiesenthal. Seine Olympiasiege feiern Jubiläum. Seine erste Goldmedaille holte er im Februar 1984 in Sarajevo - vor 35 Jahren also. Seine beiden anderen vor 25 Jahren in Lillehammer.
„Wie doch die Zeit vergeht“, schmunzelt der heute 54-Jährige. „Präsent sind beide Spiele, aber Lillehammer habe ich noch intensiver vor Augen. Das war emotionaler. Siege in Norwegen, das hatte was.“
Der 12. Februar 1984 war es, als er sich die Startnummer 50 umband, auf die Normalschanze kletterte und mit zarten 19 Lenzen Geschichte schrieb. 90 000 Zuschauer waren an den Berg Iman hoch über Sarajevo gekommen. Sie wollten den Jugoslawen Primoz Ulaga siegen sehen. „Doch der sprang schwach. Zum zweiten Durchgang war die Hälfte der Zuschauer wieder verschwunden“, kann sich Weißflog erinnern. Er war vor dem Finale Zweiter hinter Dauer-Rivale Matti Nykänen. „Damals war es noch nicht so, dass nach der Reihenfolge der besten 30 des ersten Durchgangs gesprungen wurde. Ich war also mit Startnummer 50 deutlich vor Nykänen dran, sprang etwas kürzer als beim ersten Versuch und musste warten. Daher fielen auch die Interviews im Auslauf kurz aus. Jeder dachte, Matti gewinnt.“Aber der Finne landete hinter Weißflog.
Tage später drehte sich das Ganze. Auf der Großschanze triumphierte Nykänen vor Weißflog: „Gold und Silber für beide, das spiegelte auch den Saisonverlauf wider.“Nach Sarajevo kam er nur noch einmal zurück, im Sommer 1985 zu einem Sommerspringen. „Danach nie wieder. Traurig, was im Krieg mit den Anlagen passierte“, zieht der Sachse die Augenbrauen hoch.
Zehn Jahre gingen ins Land, wechselvolle für Weißflog, wechselvolle fürs Skispringen allgemein. Vom Parallel-Stil ging es zum V-Stil. Lillehammer waren für viele die Bilderbuchspiele
Jubiläum
schlechthin. Für Weißflog auch, aber nur von den Erfolgen her. „Blauer Himmel, Sonne. Bei mir waren auch Wolken dabei“, sagt er. Und das hatte mit den Norwegern zu tun. „Sie geben sich immer als die Sportsmänner schlechthin. Das sind sie nicht“, sagt er und man spürt, das wurmt ihn heute noch.
Bei der Tournee zwei Monate vorher gab es eine Fehde mit Sieger Espen Bredesen und Lasse Ottesen. Ganz Norwegen war in Lillehammer gegen ihn. „Es eskalierte richtig unter den Zuschauern. Das war unsportlich. Sie sind gute Gewinner, aber schlechte Verlierer.“Aber am 18. Februar 1994 zahlte er heim. Weißflog siegte auf der Großschanze. Auch im Team holte er Gold. „Das war eine Genugtuung“, grinst er.
Heute kann er erst Recht darüber lachen. „Ich bin nicht nachtragend“, so der Hotelier, der Duplikate seiner drei Goldmedaillen sowie alle anderen Medaillen und Pokale in seinem Hotel ausgestellt hat. Und wenn er ganz genau auf die Plaketten schaut, kann er auch das Datum erkennen. Thomas Nahrendorf