Zugverkehr über Nacht eingestellt
Welche Verbindungen betroffen sind: S. 10/11
Bei dieser Hitze hat es viele Sachsen gestern kalt erwischt: Ohne Vorwarnung hat die Städtebahn ihren kompletten Zugverkehr eingestellt. Mysteriös: Das Unternehmen blieb zunächst abgetaucht. Viele Pendler trifft das besonders hart.
Betroffen sind die Verbindungen zwischen Dresden und Königsbrück, Kamenz und Altenberg sowie Pirna und Sebnitz. Infos zu den Gründen gab es für die Pendler keine, Anrufer wurden zum Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) umgeleitet. In einer nächtlichen Erklärung hieß es, dass sich das Schienennetz der Deutschen Bahn in einem schlechten Zustand befinde. Es sei zugewuchert, was erhebliche Schäden an den Zügen verursacht habe. Gegen diese Vorwürfe prüft die Bahn rechtliche Schritte.
Trotz langer Bemühungen seitens der Städtebahn habe die Deutsche Bahn keine Abhilfe geschaffen. Die Rede ist von Schäden im siebenstelligen Bereich an Zügen, was zu teuren Gerichtsprozessen geführt habe. Daher sei die Liquidität des Unternehmens massiv belastet. Angedeutet wurden zudem Streitigkeiten zwischen Anteilseignern. Für Nachfragen war Städtebahn-Chef Torsten Sewerin nicht erreichbar.
Nach MOPO-Informationen kamen nicht einmal Städtebahn-Mitarbeiter am Morgen in ihre eigenen Büros. Teilweise sollen sie sogar bereits ausgeräumt gewesen sein. Auch die Deutsche Bahn erreichte niemanden! Ein Sprecher: „Die DB-Verantwortlichen waren in den letzten Jahren wiederholt gesprächsbereit und willens, für die Probleme der Städtebahn Sachsen, die mitnichten nur infrastruktureller Art sind, gemeinsam Lösungen zu finden.“Daran hätte die Städtebahn leider wenig Interesse gehabt. Überrumpelt wurde auch der VVO, Auftraggeber der Städtebahn. VVO und Verkehrsministerium forderten diese auf, den Verkehr sofort wieder aufzunehmen.
Gestern musste der VVO eilig Ersatzverkehr organisieren. Unverständnis auch bei Verkehrsstaatssekretär Hartmut Mangold (62, SPD). Er erklärte, das Ministerium habe keine rechtliche Handhabe. „Aufsichtsbehörde ist das Eisenbahnbundesamt.“Grünen-Verkehrsexpertin Katja Meier (39): „Erfüllt die Städtebahn ihren Vertrag weiterhin nicht, ist ihr die Konzession zu entziehen.“Pirnas OB Klaus-Peter Hanke (65, parteilos): „Es kann nicht sein, dass ein Streit zwischen zwei Bahngesellschaften auf dem Rücken der Reisenden ausgetragen wird, die auf dieses Angebot angewiesen sind.“
Am Abend meldete sich die Städtebahn doch noch einmal zu Wort - per knapper Mitteilung. Darin erklärten die Verantwortlichen, die eingesetzten Züge seien nur geleast gewesen. Mit dem Zug-Vermieter habe es Konflikte wegen häufiger Schäden gegeben. Laut Städtebahn habe der Streit dazu geführt, „dass unter Teilnahme des VVO der Mietvertrag der Züge vom Vermieter am 17. Juli 2019 gekündigt wurde, mit der Aufforderung an die Städtebahn, diese unverzüglich abzustellen“.