Hagel & Schlammlawine! Tour versinkt im Wetterchaos
TIGNES - Gipfelstürmer Egan Bernal, völlig ahnungslos, wurde in rasender Abfahrt von einem Begleitmotorrad gestoppt, dahinter diskutierten die Konkurrenten um Emanuel Buchmann gestenreich auf ihren Velos - und unten im Tal kämpften Mensch und Gerät verzweifelt gegen Hagelmassen und Erdreich auf der Strecke: Die 19. Etappe der Tour de France ist im Wetterchaos der Alpen versunken und kurz vor ihrem Showdown abgebrochen worden - offiziell blieb sie ohne Sieger.
Einen großen Gewinner gab es dennoch: Der Kolumbianer Bernal hatte als Erster die Passhöhe des Col d‘Iseran auf 2770 m erreicht, kurz bevor die Jury vor der Natur kapitulierte. Die Entscheider wollten zwar keinen Etappensieger küren, werteten die Zeitabstände auf dem Iseran aber für das Gesamtklassement. Bernal durfte damit im geplanten Etappenziel in Tignes das Gelbe Trikot überstreifen - und hat nun den Tour-Sieg dicht vor Augen.
„Auf jeden Fall war die Entscheidung richtig“, sagte Ralph Denk, Buchmanns Teamchef bei Bora-hansgrohe, angesichts der im unteren Teil unpassierbaren Abfahrt in Richtung Schlussanstieg: „Es liegen Schnee und Schlamm auf der Strecke. Mit 80 km/h wäre das viel zu gefährlich gewesen, man hat eine gute Lösung gefunden.“
Am Iseran führte Bernal nach einer fulminanten Attacke das Rennen an, er hatte 50 Sekunden Vorsprung auf eine Gruppe mit Titelverteidiger und Teamkollege Geraint Thomas (Großbritannien) sowie dem deutschen Hoffnungsträger Buchmann. Der Franzose Julian Alaphilippe lag 2:07 Minuten zurück und verlor damit Gelb.
In der Gesamtwertung hat Bernal nun einen Vorsprung von 48 Sekunden auf Alaphilippe, Thomas ist mit 1:16 Minuten Rückstand Dritter. Buchmann (+1:55) rückte auf Platz fünf vor hinter dem Niederländer Steven Kruijswijk.
Am Iseran hatte es bereits ein gnadenloses Ausscheidungsrennen gegeben. Alaphilippe musste im oberen Abschnitt nach einer Tempoverschärfung abreißen lassen. Für Frankreichs Tour-Träume war der Tag schon zuvor dramatisch verlaufen. Der bisherige Gesamtfünfte Thibaut Pinot vergoss bittere Tränen, als er knapp 40 km nach Rennstart wegen einer Muskelverletzung aussteigen musste.