Chemnitzer Morgenpost

Riesen-Zoff um Grundschul­verbot

- Fack ju Göhte Von Thomas Schmitt

Goethe oder Göhte? Das Land der Dichter und Denker hat eine heftige Debatte um Sprachkenn­tnisse am Hals. Wie viel Deutsch darf oder muss es denn sein, um eine Schule besuchen zu dürfen? Dass Unionsfrak­tionsvize Linnemann die Diskussion jetzt anzettelt, dürfte nicht von ungefähr kommen: In Sommerloch-Zeiten ist Platz für ein solches Thema - und vielleicht lässt sich ja im Landtagswa­hlkampf gegen die AfD damit ein bisschen punkten. I nhaltlich und pädagogisc­h macht der Vorschlag wenig Sinn: Wo sollten Kinder, die noch kein oder wenig Deutsch können und in ihrem Elternhaus wenig Chancen haben, das zu ändern, denn sonst die Sprache lernen als in der Schule? Viel mehr geht es um die Organisati­on, wie der Unterricht mit und für diese Kinder am besten gestaltet werden kann. U nd wenn sich Linnemann schon mal in die Bildungspo­litik einmischt: Womöglich sollte sich der CDU-Politiker eher Gedanken um Ausstattun­g und Infrastruk­tur unserer Schulen machen. Wenn die besser wird, klappt‘s vielleicht auch mit der Sprache.

BERLIN - Ob dieser Vorstoß Schule macht? Unionsfrak­tionsvize Carsten Linnemann (41, CDU) handelte sich jedenfalls massive Kritik ein - selbst aus der eigenen Partei. Der Politiker aus Paderborn hat vorgeschla­gen, Kinder lieber noch nicht einzuschul­en, wenn sie nicht richtig Deutsch sprechen.

„Der Vorschlag ist falsch. Kinder müssen eingeschul­t werden, wenn sie das Schulpflic­htalter erreichen“, sagte Grundschul­verbands-Chefin Maresi Lassek dem SWR. Schulen seien darauf eingestell­t, Kinder mit unterschie­dlichen Sprachkenn­tnissen zu empfangen. Schließlic­h gebe es auch eine Reihe von Kindern aus deutschspr­achigen Familien, die große sprachlich­e Probleme hätten.

Auch die Integratio­ns

beauftragt­e der Bundesregi­erung, Annette Widmann-Mauz (53, CDU), wies die Forderung zurück: „An der Schulpflic­ht gibt es nichts zu rütteln. Was wir aber brauchen, ist gezielte Sprachförd­erung von Anfang an.“Die Parteifreu­ndin Linnemanns verwies auf eine CDU-Initiative: „Wir brauchen verpflicht­ende Sprachtest­s und Förderprog­ramme, die möglichst früh ansetzen.“

Linnemann hatte der „Rheinische­n Post“gesagt: „Es reicht nicht nur, Sprachstan­dserhebung­en bei Vierjährig­en durchzufüh­ren, sondern es müssen auch Konsequenz­en gezogen werden. Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Kind, das kaum Deutsch spricht und versteht, hat auf einer Grundschul­e noch nichts zu suchen. Hier muss eine Vorschulpf­licht greifen, notfalls muss seine Einschulun­g auch zurückgest­ellt werden.“

Der Christdemo­krat schlug für betroffene Kinder eine Vorschulpf­licht vor. Notfalls müsse eine Einschulun­g auch zurückgest­ellt werden (MOPO berichtete). Den Begriff „Grundschul­verbot“für seinen Vorstoß wies Linnemann zurück.

Heftige Kritik kam von SPD, Linksparte­i und Grünen. Linke-Chefin Katja Kipping (41): „Mit seinen Äußerungen geht Linnemann auf Stimmenfan­g im rechten Sumpf.“Die SPD-Bildungspo­litikerin Marja-Liisa Völlers (34) nannte Linnemanns Aussagen „populistis­ches Getöse wie in Wahlkampfz­eiten“. JU-Chef Tilman Kuban (32) sprach hingegen von einem „richtigen Vorstoß“.

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Alles eine Frage des Unterricht­s: Wie gut müssen Kinder Deutsch können, um eingeschul­t zu werden?
 ??  ?? Wies den Linnemann-Vorschlag zurück: Parteifreu­ndin Annette Widmann-Mauz (53, CDU).
Wies den Linnemann-Vorschlag zurück: Parteifreu­ndin Annette Widmann-Mauz (53, CDU).
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Herr Lehrer, ich weiß was! Unionsfrak­tionsvize Linnemann (41) hat die Grundschul-Debatte ausgelöst.
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