Rico Gebhardt setzt auf „Mitgestal tung über Umwege“
Am 1. September ist Landtagswahl - diesmal wird die Abstimmung so spannend wie nie! Die Dauer-Dominanz der CDU ist dahin - schafft es die AfD, an ihr vorbeizuziehen? Und was bedeutet das für die Regierungsbildung? Können die Grünen vom starken Interesse am Klimaschutz profitieren? Wird es die FDP in den Landtag schaffen? In loser Folge begleitet die MOPO Spitzenkandidaten der aussichtsreichsten Parteien. Heute: Rico Gebhardt (56, Linke).
Wahlkampf ist kein Zuckerschlecken. Das muss auch Gebhardt in Ostritz, zwischen Görlitz und Zittau, feststellen. Selbst an einem normalen Vormittag ist kaum eine Menschenseele zu sehen, den der Wahlkämpfer ansprechen könnte. Also weiter zu Penny. Mit ein paar potenziellen Wählern kommen Gebhardt und sein Team ins Gespräch. Ein zähes Geschäft. „Das gehört dazu. Klar gibt es mehr Klientel für uns in Leipzig. Aber Sachsen besteht nicht nur aus Leipzig.“
Die Linke, bislang zweitstärkste Kraft in Sachsen hinter der CDU, droht diesen Status zu verlieren. Die AfD ist stark. Umfragen sehen die Linke bei 16 Prozent, 2014 waren es knapp 19 Prozent - mit Spitzenkandidat Gebhardt. „Realistisch ist, stärkste linke Kraft zu werden“, räumt Gebhardt ein. Der Ruf als Ost-Kümmererpartei ist verblasst. „Ich weiß nicht, ob sich die AfD wirklich kümmert. Wir haben Rentenanträge für Menschen ausgefüllt. Die AfD schimpft nur“, so Gebhardt.
Er erlebe verstärkt, dass langjährige Linke-Wähler nun sagen, die Linke habe nichts verändert. „Die sagen, jetzt versuche ich es bei einer anderen Partei. Denen ist es egal, dass sie nach rechts wandern, zur AfD“, so Gebhardt. Die Linke bleibe bei ihrer klaren Haltung, auch wenn sie das Prozente koste. Sie kämpfe für ein weltoffenes Sachsen. Zudem gegen Überwachung (neues Polizeigesetz). Für einen „demokratischen Sozialismus“.
Die Linke setzt sich für die Förderung von Dorfläden ein. „Sie haben eine soziale Aufgabe, sind Treffpunkt. Wenn dort noch Behörden mal vor Ort sind, wäre das ein Gewinn“, so Gebhardt. Und sie kämpft gegen die Verödung der Bahnhöfe. Daher steht Gebhardt an diesem Tag nun am Bahnhof Lohmen (Sächsische Schweiz). Es gibt Kaffee, Infomaterial, Kugelschreiber. Doch wieder Pech: Die Städtebahn fährt nicht, keine Pendler in Sicht.
Die Partei hat keine Aussicht, in die Regierung zu gelangen: Für ein Bündnis mit SPD und Grünen reicht es nicht, die CDU lehnt die Linke kategorisch ab. Ministerpräsident Kretschmer habe sich noch nie mit ihm getroffen, so Gebhardt. Das sei in anderen Bundesländern anders: „Wir gestalten über Umwege trotzdem mit. Viele unserer Forderungen wurden umgesetzt, etwa die gleiche Bezahlung von Grund- und Oberschullehrern, Sozialarbeiter an Schulen, mehr Lehrer und Polizisten. Für uns ist Opposition nicht immer Mist.“