Chemnitzer Morgenpost

Mann sprengt sein Haus in die Luft

Eine Stunde nachdem die Freundin Schluss machte

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BAUTZEN/NEUKIRCH - Die Explosion eines Wohnhauses in Neukirch im Februar 2018 war jetzt ein Fall fürs Amtsgerich­t Bautzen. Martin S. (30) hatte die Detonation herbeigefü­hrt. Im Prozess wurde klar: Die Aufarbeitu­ng des „großen Knalls“dürfte noch lange dauern.

„Ich erinnere mich, dass ich geduscht habe, dann das Handtuch weghing“, sagte Martin immer wieder. „Dann der Knall. Mehr weiß ich nicht. Aber ich wollte mich niemals umbringen.“

Genau davon aber ging der Staatsanwa­lt nach Spuren, Beweisen und Zeugenvern­ehmungen aus: „Die heiß geliebte Oma war ausgezogen, der Bruder samt Familie auch. Sie fühlten sich einsam in dem Haus, das mal Mittelpunk­t der Familie war“, so der Jurist. Außerdem habe die Freundin per SMS Schluss gemacht - eine Stunde vor der Explosion. Martin habe vorsätzlic­h und in „suizidaler Absicht“Propangas ins Bad geleitet, sich mit einem Brotmesser am Unterarm verletzt. Durch einen Funken sei alles explodiert. Verteidige­r Marcel Hempel dagegen: „Die Explosion war fahrlässig. Er wollte nicht das Haus sprengen, sondern sich mit dem Gas betäuben.“Der Mandant habe sich in der Wanne töten wollen, am Arm geritzt und noch den Elektroras­ierer ins Wasser werfen wollen, was den Funken verursacht­e.

Martin S. wurde schwer verletzt neben der Wanne gefunden. Monatelang lag er in einer Spezialkli­nik, ist noch krankgesch­rieben. Am Haus entstand ein Schaden von 180 000 Euro. Inzwischen zahlte die Versicheru­ng, wurde das Haus wieder aufgebaut und verkauft.

Richter Dirk Hertle verurteilt­e Martin S. wegen Fahrlässig­keit zu einem Jahr Haft. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Der Verkäufer muss 2 400 Euro ans DRK Bautzen zahlen. Hertle zum Angeklagte­n: „Ist Ihnen aufgefalle­n, dass alle hier von Suizid sprechen, nur Sie nicht? Sie brauchen dringend profession­elle Hilfe, um das alles aufzuarbei­ten. Die Chance dazu hier im Prozess haben Sie verpasst.“

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Luft. Das Haus, das einst der Oma von Martin S. gehörte, wurde völlig demoliert (F.r.).
Martin S. (30, F.l., r.) mit seinem Anwalt Marcel Hempel im Amtsgerich­t Bautzen. Der Verkäufer hatte aus dieser Propangasf­lasche (F.u.) Gas ins Bad gelassen. Wenig später flog alles in die Luft. Das Haus, das einst der Oma von Martin S. gehörte, wurde völlig demoliert (F.r.).

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