Chemnitzer Morgenpost

Der erste Popstar des Fußballs

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MÖNCHENGLA­DBACH - Groß gefeiert hat Günter Netzer schon, natürlich in seiner eigenen Disco, dem Lovers Lane. 250 Gäste waren gekommen, von Jupp Heynckes über Berti Vogts bis „Hacki“Wimmer, und drängten sich um die Theke. Die Discokugel drehte sich, die Bee Gees säuselten vom Band. Und alle stießen an auf Netzer, den Rebell, den Ferrarifah­rer, die Stilikone, den ersten Popstar der deutschen Fußballs, der heute 75 Jahre alt wird.

Die Theke war freilich nicht echt, das Flair schon. Denn als im Museum von Borussia Mönchengla­dbach vor einer Woche die Ausstellun­g „Aus der Tiefe des Raumes“passend zu Netzers Geburtstag eröffnet wurde, Disco-Nachbau inklusive, hing ein Hauch der 1970er Jahre in der Luft. „Ich bin überwältig­t und beschämt. Ich gehe als glückliche­r Mensch nach Hause“, sagte der ausgiebig gefeierte Netzer. Den Ehrentag selbst wird er im kleineren Kreis begehen, „ohne rauschende­s Fest“.

Die schillernd­e Karriere Netzers lässt sich an Wänden und Vitrinen des Museums erleben. Zerfledder­te Sch h d Größe 46 stehen neb weißen Trikot mit de mer 10. Netzers fünf an der ZDF-Torwand mern ebenso über Bildschirm­e wie se Auftritt als Heino in de TV-Show Klimbim. „Günters Kleidung, Günters Haare - er war der Mode immer einen Schritt voraus“sagte einmal Franz Beckenbaue­r. War Netzer also ein Popstar? „Gut, nennen Sie es Popstar“, sagt er selbst nach einigem Zögern: „Allein, wie ich umhergelau­fen bin. Das fand nicht immer meine Zustimmung. Aber ich habe es gemacht, um die Freundinne­n zu befriedige­n.“

Auf dem Rasen beglückte er vor allem die Fans der Borussia. Längst Legende ist seine Selbst-Einwechslu­ng im Pokalfinal­e 1973 gegen den 1. FC Köln. „Ich spiel’ dann jetzt“, sagte er dem verdutzten Trainer Hennes Weisweiler vor der Verlängeru­ng - und entschied die Begegnung mit dem Tor des Jahres zum 2:1. „Wenn man einen Film dreht, mit diesem Happy End, würden alle sagen: So ein Kitsch! Diesen Mist will doch keiner sehen“, sagte Netzer im Museum. Mit Weisweiler verband ihn eine Art Hassliebe. „Abseits ist, wenn das lange Arschloch zu spät abspielt“, sagte Weisweiler einmal über Netzer. Das Pokalfinal­e war sein letzt S i l fü di B mit Real Madrid wie zuvor mit Gladbach zweimal Meister. In der Nationalma­nnschaft glänzte er dagegen selten. Sein bestes von nur 37 Länderspie­len bestritt er 1972 beim 3:1 in England, dem ersten Sieg Deutschlan­ds auf der Insel. FAZ-Literaturc­hef Karl Heinz Bohrer erfand daraufhin jenen Satz von der Tiefe des Raumes, der Netzer bis heute begleitet. „Es ist ein toller Satz. Er hat mir einen großen Dienst erwiesen über all die Jahrzehnte“, sagt Netzer.

Den Hamburger SV führte Netzer als Manager zu drei Meistertit­eln (1979, 1982, 1983) und dem Triumph im Europapoka­l der Landesmeis­ter (1983), als ARD TV Analyst gewann er an

von Gerhard Delling me-Preis. In seiner Get Mönchengla­dbach ohnehin bis heute ein d so hängt noch immer es Netzer-Porträt am a-Stadion, schließst er Teil der Jahrhun-Elf. Das Maskottche­n s Vereins heißt nicht anz zufällig „Jünter“. Was also wünscht sich Günter Netzer zum 75. Geburtstag? „Es gibt keine Wünsche.“

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Unvergesse­n das Pokalfinal­e 1973. Günter Netzer wechselte sich selbst ein und erzielte den Siegtreffe­r zum 2:1 für Mönchengla­dbach gegen Köln.
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Günter Netzer. Zweimal Meister mit Borussia Mönchengla­dbach: Günter Netzer. Auch
mit Real Madrid holte er zwei Titel.
Kein Expertendu­o in der ARD war besser, launischer und humorvolle­r: Gerhard Delling (l.) und Günter Netzer. Zweimal Meister mit Borussia Mönchengla­dbach: Günter Netzer. Auch mit Real Madrid holte er zwei Titel.
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Günter Netzer im Februar auf dem Ball des Sports in Wiesbaden mit seiner Ehefrau Elvira.

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