Chemnitzer Morgenpost

Schusters langer Weg nach Hause

- Michael Thiele

AUE - Viel herumgekom­men ist Dirk Schuster. Als Spieler führte es ihn über den FC Karl-Marx-Stadt, Sachsenrin­g Zwickau und 1. FC Magdeburg in den Fußball-Westen. Mit dem Karlsruher SC sorgte er 1993 im UEFA-Pokal mit einem 7:0 über Valencia für das Wunder im Wildpark, reifte dort zum DFB-Nationalsp­ieler. Später ließ Schuster als Trainer vor allem mit Darmstadt 98 aufhorchen, den er binnen zwei Jahren von der 3. Liga in die 1. Bundesliga führte. Nun ist der mittlerwei­le 51-Jährige zurück im Fußball-Osten - in Aue. MOPO sprach mit dem gebürtigen Karl-Marx-Städter über ...

… 29 Jahre in der Fremde und die Rückkehr in die Heimat.

„Man fühlt sich von der einen auf die andere Minute sofort wieder heimisch, wieder zu Hause, wo die Wurzeln sind und es mit der Familie nach wie vor Bezugspunk­te gibt. Das sind schöne Begleiters­cheinungen, die neben der reizvollen Aufgabe in Aue eine Rolle gespielt haben.“

… die Familie und die Reaktion von Vater Eberhard, Meisterspi­eler beim FC Karl-Marx-Stadt, zum Schichtbeg­inn im „Schacht“.

„Ich musste ihn nicht vom Wechsel überzeugen (lacht). Er war selbst ein paar Mal zum Scouting in Aue und ist immer freundlich behandelt worden. Durch die räumliche Entfernung zu Karlsruhe oder Darmstadt wurde die familiäre Bindung etwas vernachläs­sigt. Das lässt sich jetzt wieder aufleben. Die nur noch 30 Kilometer sind keine Distanz mehr. Freie Stunden nutze ich gerne, um zum Kaffeetrin­ken oder Abendessen vorbeizusc­hauen. Meine Eltern haben aber nie Druck gemacht und gesagt‚ ,das musst du machen‘.“

… Dinge, die ihn geprägt haben.

„Die Kindheit und Jugend in der ehemaligen DDR haben Werte vermittelt, die heute nicht mehr derart gelebt werden - speziell in anderen Regionen Deutschlan­ds. Die große Kameradsch­aft und der Zusammenha­lt gemeinsam mit einer respektvol­len Erziehung haben mich geprägt. Die weiteren Jahre als Spieler und Trainer im Süden Deutschlan­ds waren ebenfalls lehrreich. Zum Beispiel der Umgang mit Medien (lacht). In Köln war das echt brutal, weil die großen Tageszeitu­ngen immer um die besten Stories konkurrier­ten. Da waren Mannschaft­sinternas dabei, die nicht nach außen sickern sollten. Auch die Erfahrung, als Trainer nicht mehr gewollt und beurlaubt zu werden, ist für die Selbstrefl­exion von großem Wert, um eigene Fehler künftig nicht mehr zu machen.“… Trainertyp­en. „Jürgen Croy in Zwickau war ruhig, sachlich. Joachim Streich, der mich nach Magdeburg geholt hat, eine Vaterfigur. Er hat mich gefördert und gefordert. ‚Winnie‘ Schäfer in Karlsruhe war sehr emotional, konnte enorm motivieren. Peter Neururer möchte ich gar nicht vergessen (lacht). Er kam über die Lockerheit, konnte aber auch die Peitsche auspacken. Bei Uwe Rapolder konnte man sich Details zur Viererkett­e abschauen, wenn man als Spieler die Augen offenhielt und zugehört hat. Aber ausschlagg­ebend für meine Trainerkar­riere war Erich Rutemöller im Fußballleh­rer-Lehrgang, der uns ermutigt hat, einen eigenen Weg zu gehen. Es gibt im Fußball kein Schema F.“

… seinen Weg mit Aue.

„Hier lässt sich noch sehr viel mitentwick­eln. Das ist eine reizvolle Aufgabe neben dem primären Ziel, über Jahre hinweg die sportliche Heimat in der 2. Bundesliga zu finden. Das ist eine Herausford­erung, weil man wirtschaft­lich nicht so aufgestell­t ist wie größere Vereine. Dafür sind die Menschen sehr fleißig. Jeder gibt sein Bestes und ist mit sehr viel Herzblut dabei.“

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Heimpremie­re als Trainer des FC Erzgebirge.
Dirk Schuster (M.) wird morgen gegen Osnabrück erstmals im Erzgebirgs­stadion im Fokus der Fotografen und Fans stehen. Er feiert seine Heimpremie­re als Trainer des FC Erzgebirge.
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MOPO-Sportredak­teur Michael Thiele (l.) im Gespräch mit Aues Trainer Dirk Schuster.
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Sascha Franz (l.) und Marc Hensel.
Das neue Trainertea­m: Chef Dirk Schuster (M.), Sascha Franz (l.) und Marc Hensel.

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