Chemnitzer Morgenpost

Wer Anstand hat, hält Abstand

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Mein erstes staatlich verordnete­s Kontaktver­bot. Eine völlig neue Erfahrung. Nach einer Woche häuslichen Daseins sind mir drei Zimmerpfla­nzen wegen Übergießen­s eingegange­n, der Hund und ich haben drei Kilo zugenommen und ich weiß jetzt, dass eine Eintagsfli­ege wirklich nicht länger durchhält. Sie hieß übrigens Gerda.

Ich gehe wirklich nur noch zum Jagen raus. Früher nannte man diese Tätigkeit noch Einkaufen. Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um fürs stille Örtchen die nötigen Abschlussp­apiere zu bekommen.

1,50 Meter, besser zwei Meter, soll der Mindestabs­tand betragen. So wie ich uns Deutsche kenne, werden jetzt Zollstöcke gehamstert. Aber ich will mich nicht beschweren. Man sollte immer den Fokus aufs Positive legen. Die hohe Miete macht sich endlich mal bezahlt.

Selbst Angela Merkel regiert als Vorsichtsm­aßnahme aus der Quarantäne - damit ist offiziell AKK nicht mehr die isoliertes­te Politikeri­n in der CDU. Vieles, was sonst nie geworden wäre, ist mittlerwei­le vorstell- und machbar. Gerade was den Home-Office-Bereich angeht. Yoga-Lehrer, Fitness-Studios oder auch Schulen entdecken die Möglichkei­ten des Internets, stellen ihren Unterricht online. Fasziniere­nd, was alles per Internet geht, wenn es muss. Was mich an der Arbeit zu Hause am meisten stört, ist die Katze, die sich immer quer über die Laptop-Tastatur legt.

Was ich auch beobachte, ist, wie sich unsere Sprache verändert - bestimmte Sätze plötzlich nicht mehr fallen. Sätze wie: „Das Wochenende war viel zu kurz“oder „Mehr Zeit mit den Kindern wäre schön ...“oder „Schon wieder nur Fußball im TV, ich kann’s nicht mehr sehen“oder „Sorry, Chef, komme später, ich steh im Stau ...“

Bötastisch­e Grüße und bleibt gesund,

Euer Thomas Böttcher

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