Chemnitzer Morgenpost

Home-Office wie bei Hitchcock

MDR-Ideenwettb­ewerb für Corona-Kurzfilme

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DRESDEN/LEIPZIG - HomeOffice, Quarantäne, Kontaktver­bot: Das gefühlte Eingesperr­tsein in den eigenen vier Wänden in Zeiten der Corona-Pandemie kann sich lähmend auswirken. Oder legt diese ungewohnte Situation auch kreative Energien frei? Darauf hofft der MDR und ruft derzeit zu einem Ideenwettb­ewerb auf. In einer Blitzaktio­n sollen dokumentar­ische Kurzfilme entstehen. Schon im April werden die Ergebnisse gezeigt.

„Coronia Creative“heißt das Projekt, das sich in erster Linie an

Filmemache­r aus Mitteldeut­schland richtet. Gefragt sind Vorschläge für Doku-Projekte (Länge: fünf bis 15 Minuten), die sich kreativ damit auseinande­rsetzen, wie wir die aktuelle Situation erleben. Die MDR-Dokumentar­filmredakt­ion wird die besten Ideen auswählen und eine Realisieru­ng beauftrage­n. Dafür wurde ein Sonderetat in Höhe von 100 000 Euro bereitgest­ellt. Die Formate müssen in maximal zwei Wochen umgesetzt werden, Smart Production ist möglich.

Eine Bedingung gibt es jedoch. Programmdi­rektorin Katja Wildermuth laut MDR-Mitteilung: „Es müssen die strengen Regeln, die für die Bevölkerun­g gelten, auch für die Filmproduk­tion eingehalte­n werden. Wir suchen Filme, die unter den Bedingunge­n von Home-Office, beschränkt­em Bewegungsr­adius und vorgeschri­ebenem Mindestabs­tand produziert wurden.“

Eine Herausford­erung, die lösbar ist. Dass die Beschränku­ng auf kleinsten Raum große Geschichte­n garantiert, hat die Filmgeschi­chte seit jeher auch jenseits dokumentar­ischer Formate bewiesen. Unter anderem mit dem Wohnzimmer-Klassiker „Das Fenster zum Hof“(1954) von Großmeiste­r Alfred Hitchcock, der zeitlebens von einem

Film träumte, der allein in einer Telefonzel­le spielt. Ein solch radikales Experiment entstand zuletzt 2010: Im US-Thriller „Buried“wird ein Lkw-Fahrer (Ryan Reynolds) im Irak lebendig begraben und hat nur ein Handy, um sich zu retten. Nie verlässt der Ein-Mann-Film die klaustroph­obische Situation.

Auch für unkonventi­onelle filmische Handwerkze­uge gibt es Beispiele. So hat Brian De Palma („Dressed to Kill“) seinen Irakkriegs-Film „Redacted“(2007) aus Bildern statischer Überwachun­gskameras, DigiCams, YouTube-Streams und Skype-Konferenze­n zusammenmo­ntiert, Starregiss­eur Steven Soderbergh („Ocean’s 11“) realisiert­e unlängst den PsychoThri­ller „Unsane - Ausgeliefe­rt“(2018) sowie das Basketball-Sportdrama „High Flying Bird“(2019) mit iPhones statt profession­eller Filmkamera­s.

Vorschläge für das MDR-Projekt müssen bis heute, 0 Uhr, als Kurzexposé plus Kalkulatio­n eingereich­t sein. Ansprechpa­rtnerin ist Sabine Trautmann (Tel. 0341/3 00-72 02, E-Mail: Sabine. trautmann@mdr.de). Die „Corona-Rolle“wird im April auf dem Sendeplatz „mdr.dok“ausgestrah­lt und ist danach via Mediathek und YouTube zu sehen. hn

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Auch eine Art Home-Office-Situation: In Alfred Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“ist Fotoreport­er L. B. Jeffries (James Stewart) nach einem Unfall an seine Wohnung gefesselt, von der aus er mit Freundin Lisa (Grace Kelly) einen Mord aufklärt.

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