Baustellen geht das Material aus
LEIPZIG - Noch wird auf den meisten Baustellen in Sachsen gearbeitet. Doch die Corona-Krise schlägt auch hier allmählich durch. Es fehlt vor allem an Bauarbeitern aus Osteuropa und Fassadenteilen aus Italien. Von der Politik fordern die Branchenverbände bereits, bei Bauverzug auf Strafzahlungen zu verzichten.
Noch drehen sich die Kräne in Sachsens Boom-Town Leipzig. Auf den Baustellen der Stadt wird gearbeitet wie zu Vor-Krisenzeiten. „Bis auf einzelne Betriebe läuft die Bauwirtschaft weiter, doch wir wissen nicht, wie lange die Lieferketten noch halten“, sagt Klaus Bertram (64), Geschäftsführer des Sächsischen Baugewerbeverbandes.
Bei den Praktikern auf den Baustellen hört man von zwei Engpässen. „Es klemmt bereits bei Fassadenteilen, weil die größtenteils aus Italien kommen“, erzählt ein Polier, der an einem großen Wohnungsbau-Projekt im Leipziger Osten arbeitet. Und auf einer City-Baustelle, auf der in Kürze das Fundament eines Wohnhauses gegossen werden soll, fehlen mehrere osteuropäische Eisenbieger, die hier für ein Subunternehmen arbeiteten. „Die Kollegen aus Polen, Tschechien und Rumänien kommen ja kaum noch ins Land“, sagt Bertram.
Auch der für Sachsen zuständige Bauindustrieverband Ost, der die Großen der Branche vertritt, kennt das Problem. „Die Unternehmen wollen weitermachen, doch es fehlt zunehmend an Arbeitskräften, nicht nur an ausländischen, sondern auch an denen, die ihre Kinder betreuen müssen, und das Material wird knapp“, fasst Sachsens Verbandssprecherin Susann Stein (36) die Situation zusammen.
Angesichts drohenden Bauverzugs appelliert der Verband an die Landesregierung: „Wir möchten, dass Corona als ,höhere Gewalt‘ eingestuft wird und die öffentliche Hand als Auftraggeber bei Bauverzug jetzt keine Strafzahlungen mehr verlangt“, so
Stein. Zudem sollten trotz Corona-Krise weiter Bauleistungen ausgeschrieben werden. „Damit es auch in drei bis vier Monaten noch genügend Aufträge für Sachsens Baufirmen gibt.“-bi.