Keine Beatmung für über 80-Jährige
STRASSBURG/TÜBINGEN - Das Elsass gilt als Corona-Epizentrum in Frankreich. Die Lage dort ist schlimm. Unweit von Deutschland entfernt werden alte Corona-Kranke nun nicht länger beatmet.
Katastrophenmediziner berichten angesichts der Corona-Pandemie über dramatische Zustände im Elsass: Demnach arbeiten Mediziner an der Universitätsklinik Straßburg auch dann weiter mit Corona-Patienten, wenn sie selbst infiziert sind. Zudem würden über 80-jährige Patienten nicht mehr beatmet. Stattdessen
erfolge „Sterbebegleitung mit Opiaten und Schlafmitteln“, heißt es in einem Bericht des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin in Tübingen.
Das Elsass gilt als Frankreichs Hochburg der Krise. Die deutschen Mediziner besuchten die Klinik - und schlugen angesichts der Zustände Alarm. Sie sprachen von einer „greifbaren Gefahr“durch das Virus. Unter der Annahme, dass sich die Entwicklung im Elsass bald in Deutschland einstellen werde, sei eine optimale Vorbereitung von „allerhöchster Dringlichkeit“. Die Gefahr durch das Coronavirus mache
„weitere konsequente Maßnahmen der Landesregierungen, der Krankenhäuser und der Rettungsdienste in Deutschland“unabdingbar.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert das französische Vorgehen nach Alter scharf: Lebensalter oder Herkunft dürften für die medizinische Hilfe keine Rolle spielen, so Vorstand Eugen Brysch. „Vielmehr stehen der Patientenwille und die medizinische Prognose im Mittelpunkt.“Für die Patienten sei wichtig, ihren Willen rechtzeitig zu bekunden, etwa mit einer Patientenverfügung. Deutsche Intensiv- und Notfallmedizi
ner hätten klinisch-ethische Empfehlungen zur Versorgung von Intensivpatienten vorgelegt. Kriterium ist demnach die klinische Erfolgsaussicht der Behandlung - nicht das Alter. Mit der Handreichung sollten Zustände wie in Frankreich vermieden werden.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte die an Deutschland grenzenden ostfranzösischen Gebiete Elsass und Lothringen bereits vor rund zwei Wochen als Coronavirus-Risikogebiet eingestuft. Auch die Region Champagne-Ardenne, die eine Grenze mit Belgien teilt, gilt als Risikogebiet. Die drei Gebiete bilden zusammen die Region Grand Est.