Merkel fürchtet Rückfall-Risiko
Die Kanzlerin ist unzufrieden mit der breiten Debatte über Lockerungen der strikten Corona-Beschränkungen. Die Regierungs-Chefin wird dabei ungewöhnlich deutlich: Die gute Entwicklung könne wieder kippen.
Kanzlerin Angela Merkel (65, CDU) hat die Diskussionen über weitergehende Lockerungen der Beschränkungen im Kampf gegen das Coronavirus außergewöhnlich scharf kritisiert. Merkel machte gestern in einer Schaltkonferenz des CDU-Präsidiums deutlich, wie unzufrieden sie sei, dass die Botschaft vorsichtiger Lockerungen in einigen Ländern
zu „Öffnungsdiskussions-Orgien“geführt habe. Dies erhöhe das Risiko eines Rückfalls sehr stark. Sie mache sich allergrößte Sorgen, dass sich die gute Entwicklung bei den Corona-Infektionen wieder umkehre, weil sich zu wenige Menschen an die Kontaktbeschränkungen halten würden, fürchtet Merkel.
Nach der Sitzung des Corona-Krisenkabinetts rief die Kanzlerin weiter zu größter Vorsicht auf: „Wir dürfen uns keine Sekunde in Sicherheit wiegen.“Mit harten Maßnahmen sei viel erreicht worden, und die Reproduktionszahl der Infektionsketten sei unter 1 gedrückt worden. An etlichen Tagen gebe es also mehr Genesene als neu
Infizierte. Merkel betonte aber, „dass wir am Anfang stehen und noch lange nicht über den Berg sind“.
Merkel appellierte auch an die Regierungschefs der Länder, die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nicht zu früh und zu weitgehend zu lockern. Sie wolle, dass der gemeinsam beschlossene Spielraum „möglichst eng ausgenutzt wird, nicht möglichst weit“. „Die Situation, die wir jetzt haben, ist trügerisch.“Denn wie sich etwa die nun beschlossene Öffnung vieler Geschäfte auswirken werde, das „sehen wir in 14 Tagen, nicht vorher“. Diese Zeitverzögerung mache Entscheidungen so schwierig.