Musterklage gegen sächsische Sparkasse
DRESDEN - Hat die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig Hunderten Anlegern jahrelang zu wenig Zinsen gezahlt? Dieser kniffligen Frage musste jetzt das Oberlandesgericht Dresden nachgehen. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Sachsen (VZS). Kurios: Nach dem Urteilsspruch betrachten sich beide Seiten als Sieger.
Gerhard Schechinger (77) rutscht auf seinem Stuhl hin und her. Der rüstige Rentner ist extra aus Leipzig angereist, „um Gerechtigkeit und fehlende Zinsanteile“zu bekommen. Hatte er doch unter dem Titel „S-Prämiensparen flexibel“Jahrzehnte brav auf zwei Konten bei der Sparkasse eingezahlt. „Eines war für die Altersabsicherung, das andere für die Enkel. Die Laufzeit betrug 25 Jahre. Nach 23 Jahren wurde mir gekündigt“, berichtet er wütend. Die Klage dagegen verlor Schechinger zwar inzwischen, nicht aber die Forderung nach mehr Zinsen.
Denn das Gericht entschied gestern: Im Großen und Ganzen hat die VZS recht. Es gab bei den Zinsanpassungen im Sparvertrag eine Regelungslücke. „Wir sind hochzufrieden mit dem Urteil“, jubelte denn auch VZS-Chef Andreas Eichhorst. „Das Gericht folgte uns zwar nicht in allen Punkten. Aber nun steht fest: Es war keine Zinsanpassungsklausel vereinbart worden.“PR-Profi Peter Zimmermann (44) hingegen sagt für die Sparkasse: „Mit den wesentlichen
Forderungen ist die VZS nicht durchgedrungen.“
Für die Musterfeststellungsklage waren zwölf ausgewählte Sparer ins Rennen gegangen, weitere 1 100 hatten sich angeschlossen. In allen Fällen ging es um Verträge aus den Jahren 1994 bis 2002. Vom Richterspruch profitieren nun alle Betroffenen - aber erst, wenn die Sparkasse auf Revision verzichtet bzw. wenn diese abgeschmettert ist.
Allein für Schechinger fließt dann eine Nachzahlung von rund 7 000 Euro. „Den Rechtsstreit über die Höhe des individuellen Anspruchs müssen die Verbraucher später selbst führen“, so eine Gerichtssprecherin.