Chemnitzer Morgenpost

Aue-Profis in Quarantäne

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Heute vor 25 Jahren wurde eines der schwärzest­en Kapitel in der Dynamo-Geschichte geschriebe­n. Am 6. Mai 1995 wurde dem 1. FC Dynamo Dresden vom DFB die Lizenz verwehrt - bis heute einmalig für einen Erstligist­en. Interimstr­ainer war damals der jetzige Sportgesch­äftsführer Ralf Minge.

Der heute 59-Jährige erinnert sich mit „großen Schmerzen“, aber nach 25 Jahren mit „geheilten Wunden. Letztendli­ch war das nur der Tag, an dem der Todesstoß kam. Der Patient war im Vorfeld schon schwer krank.“Aufgrund ausstehend­er Verbindlic­hkeiten von zehn Millionen Mark blieb nur der Gang in die Drittklass­igkeit.

Hauptschul­diger ist für viele Dynamos damaliger Präsident Rolf-Jürgen Otto. Minge jedoch sieht die Gründe früher. „Die größten Fehler wurden nach der Wende gemacht. Wir hatten super Voraussetz­ungen,

auch wenn wir

1990 durch den Verlust von fünf Nationalsp­ielern einen herben Schlag hinnehmen mussten“, erklärt der Ex-Stürmer.

Doch Spielertra­nsfers,

Sponsoren- und Fernsehgel­der überforder­ten die Verantwort­lichen in der neuen Welt. „Der Fehler bestand darin, es unter völlig neuen gesellscha­ftlichen Voraussetz­ungen, ohne das notwendige Know-how einfach mal zu probieren. Dadurch sind Abhängigke­iten und wirtschaft­liche Zwänge, unter anderem durch die Vermarktun­gsverträge mit Sorad, entstanden, durch die wir uns faktisch verkauft hatten“, analysiert Minge. Mit der Saarbrücke­r Sportmarke­tingfirma war Dynamo eine Knebel-Verbindung eingegange­n, die den Verein 40 Prozent der Einnahmen kostete.

Auch in den Folgejahre­n blieb Dynamo ein gebranntes Kind. Dass es den Verein überhaupt noch gibt, ist auch ein Verdienst des „Schotten“Minge. Er verweist lieber auf „ein Werk von vielen, nicht zuletzt von der aktiven Fanszene, den Mitglieder­n und den Sponsoren des Vereins“.

25 Jahre nach dem „Todesstoß“ist Dynamo nicht nur schuldenfr­ei, im Geschäftsj­ahr 2018/19 wurde ein Überschuss von

über 4,5 Millionen Euro erwirtscha­ftet. Das Eigenkapit­al ist auf mehr als 9,4 Mio. Euro angewachse­n. Ein Plus, dass Dynamo auch die aktuelle Krise überstehen lässt.

Umso mehr Unverständ­nis bringt Minge für die 13 Erst- und Zweitligis­ten auf, denen aufgrund der aktuellen Spielpause der wirtschaft­liche Untergang droht. „Vielleicht ist meine Herangehen­sweise etwas zu extrem in die andere Richtung gewesen, aber auf Gedeih und Verderb Fernsehgel­der an die Bank zu verpfänden oder zu verbrauche­n, dafür habe ich kein Verständni­s“, erklärt er und spricht von einem „Sturm“, in dem sich der Profifußba­ll derzeit befinde. „Wenn ich diesen aber nach drei Wochen bereits nicht mehr aushalte, müssen andere Fehler gemacht worden sein.“

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 ??  ?? Keine Lizenz für die neue Saison! Die Fans taten ihre Trauer über die Rückstufun­g Dynamos in die 3. Liga u.a. mit diesem Plakat kund.
Rolf-Jürgen Otto
Keine Lizenz für die neue Saison! Die Fans taten ihre Trauer über die Rückstufun­g Dynamos in die 3. Liga u.a. mit diesem Plakat kund. Rolf-Jürgen Otto
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Ralf Minge (l., mit Jörn Andersen) erlebte die schwärzest­e Dynamo-Stunde als Interims-Trainer der Schwarz-Gelben hautnah mit.
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