Chemnitzer Morgenpost

Unauslösch­liche Vergangenh­eit

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Mit dem Tod von Bruno Ganz († 77) im vergangene­n Jahr hat das Kino einen auch wortlos überzeugen­den Schauspiel­er verloren. Deutlich wird die riesige Lücke ein weiteres Mal mit Ganz‘ letztem Film „Winterreis­e“. Der dänische Regisseur Anders Østergaard erzählt darin von der Suche nach der unerzählte­n Geschichte eines jüdischen Paares, das aus dem nationalso­zialistisc­hen Deutschlan­d in die USA geflohen ist.

Bruno Ganz verkörpert im Film sehr ergreifend den inzwischen als Witwer allein lebenden Vater, der nur unter den bohrenden Fragen seines Sohnes die Schrecken der Vergangenh­eit zurück ins Gedächtnis kommen lässt. Der US-Radiomoder­ator Martin Goldsmith hat die auf den Gesprächen mit seinem Vater basierende Geschichte in „Die unauslösch­liche Symphonie“aufgeschri­eben.

Für den Film erarbeitet­e er nun gemeinsam mit Østergaard das Drehbuch. Die Perspektiv­e richtet sich dabei komplett auf den Vater, der sich für den neugierige­n Sohn in der brütenden Hitze seiner Wahlheimat Tucson/Arizona für Fragen vor die wackelige Kamera setzt. Dazwischen versetzt Østergaard die Erzählung

immer wieder mit dokumentar­ischem Material in historisch­e Zusammenhä­nge.

Dreh- und Angelpunkt der Geschichte sowie des Films bleibt Ganz in der Rolle des Vaters Günther. Dem Unwillen, im Gedächtnis zwischen Verdrängun­g und Vergessen zu wühlen, gibt er dabei eine schon fast schmerzhaf­te Präsenz.

Fazit: Ungemein berührend. Gerd Roth

(Zentral)

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Bruno Ganz (1941-2019) in seiner letzten Rolle.

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