Chemnitzer Morgenpost

Ein Ende mit Botschaft

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DRESDEN Selten wohl lagen nach einem Opernabend Begeisteru­ng und Wehmut so dicht beieinande­r: Die Premiere von Mozarts „Zauberflöt­e“sollte am Sonntag eigentlich einen Neubeginn für den Betrieb der Semperoper nach karger Zeit markieren, doch sah das jubelnde Publikum zugleich auch bedrückt dem vorläufige­n Ende des kulturelle­n Lebens in Dresden zu. Zuvor hatte es eine fulminante Neuinszeni­erung erlebt, die gerahmt war von bemerkensw­erten Botschafte­n.

Vor der Vorstellun­g trat Intendant Peter Theiler auf die Bühne und erklärte die Besonderhe­iten der Aufführung. Um eine Pause für die rund

330 Zuschauer zu vermeiden, habe man das

Stück etwas komprimier­t.

Theiler: „Es ist die erste und letzte Premiere dieses Monats sowie die erste seit Februar.“Nun könne man vorläufig vier Wochen lang nicht spielen. Theiler: „Es gibt große Diskussion­en über die neuen Maßnahmen. Aber ich glaube, es geht jetzt um Zusammenha­lt und bitte daher um Ihr Verständni­s.“Der Intendant forderte zudem Solidaritä­t mit den Künstler*innen der freien Szene, denen es schlechter gehe als den Beschäftig­ten der Semperoper. Theiler: „Sie dürfen wir nicht vergessen. Ich hoffe, dass diese Krise bald vorbei ist!“

Ein noch deutlicher­es Statement gab es nach der Vorstellun­g. Beim Schlussapp­laus entrollten Mitglieder des Staatsoper­nchores ein Transparen­t: „Kultur bildet Gesellscha­ft“. Nicht nur der Wert, die integrativ­e Kraft von Kunst wurde so beschworen. Sicherlich ist dieser Hinweis auch als Unmutsäuße­rung zu verstehen über die Geringschä­tzung, mit der Kultureinr­ichtungen derzeit auf ihren reinen Freizeit- und Unterhaltu­ngsaspekt reduziert werden.

Die Hauptsache aber war die „Zauberflöt­e“in ihrer 18., sehr - haha! - unterhalts­amen Dresdner Neuinszeni­erung. Die angekündig­ten Kürzungen taten der nicht ganz zwei Stunden langen Aufführung keinen Abbruch. Musikalisc­h ein Hochgenuss, das war zu erwarten: Mit Omar Meir Wellber steht ein ausgewiese­ner MozartExpe­rte am Pult. Er kitzelte vor allem Schönklang aus dem Orchester heraus und drückte beim Tempo ordentlich auf die Tube, ohne kurzatmig zu werden.

Exquisit auch die Besetzung: René Pape, sicherlich d e r Sarastro, in seiner Paraderoll­e, als Königin der Nacht brillierte Nikola Hillebrand.

Tuuli Takala gab ihr Rollendebü­t als

Pamina, Sebastian

Wartig amüsierte als ausgelasse­ner Papageno, als

Tamino sprang kurzfristi­g Joseph Dennis für den erkrankten Sebastian Kohlhepp ein. Hinreißend waren alle, wie auch drei Jungs vom Tölzer Knabenchor.

Eine eher kindliche Sicht nimmt Josef E. Köpplinger­s selten ernste, meist verspielte und abwechslun­gsreiche Inszenieru­ng ein, die man als Traum eines etwa 12-jährigen Tamino (Ernst Friedrich Thiemar) verstehen konnte. Viel Glitter und Neon, fantasievo­lle Requisiten, streckenwe­ise punkige Kostüme: Diese „Zauberflöt­e“zielt deutlich auch aufs junge Publikum. Ein Volltreffe­r, ab Dezember hoffentlic­h wieder zu sehen. hn

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