Für den „Hauer“ist das Jahr gelaufen
Sachsen befi eiten Mal im Lockdown. Wenn auch der erste Lockdown in Frühjahr und Sommer strenger war, müssen bis 30. November wieder ganze Branchen ihren Betrieb fast völlig einstellen. Theater, Museen, Konzertund Eventbereich, Klubs und Gastronomie sind geschlossen, der Amateursport ist lahmgelegt. Wie meistern diejenigen ihr Leben, die zur Tatenlosigkeit verdonnert sind, was denken sie darüber und wie sichern sie ihr Einkommen? Wir stellen schlägt sich durch die Corona-Krise. Entertainer André Groß (46) leidet unter dem Lockdown, sein Publikum fehlt ihm. Große öffentliche und kleine private Auftritte platzten. Video-Drehs und Fotokunst sind schwieriger geworden. Das streitbare Erzgebirgs-Original mit der rauen Stimme muss zudem eine zweite Krise bewältigen - wegen eines Auftritts für einen rechtsextremen Verein (MOPO berichtete) stand er heftig in der Kritik.
„2020 war ein beschissenes Jahr. Alles ballt sich auf einem Haufen“, sagt Groß. Im ersten Lockdown wurden die Grenzen dichtgemacht, für ihn „war Schluss mit lustig“. Viele tschechische Nackt-Models, die er für seine Erotik-Kalender „Super Pappe 2021“(Trabant) und „Super Simme 2021“(Simson) ablichten wollte, konnten nicht zum Shooting deutschen Damen und griff auf Archiv-Fotos zurück.
Auch als Musiker schaute sich „Der Hauer“um, aber klagt auf Sparflamme: „Die Kneipen-Wirte, DJs, Event-Techniker und Veranstalter trifft es viel härter als einen kleinen Alleinunterhalter wie mich.“Von Juli bis September hatte er noch bis zu sechs Wochenend-Auftritte auf Privatfeten. Nun flattern täglich Stornierungen für die wenigen, übrigen Events rein. André Groß trat als „Der Hauer“2020 nur zweimal öffentlich auf, zuletzt am 4. Oktober bei der „OstblockParade“in Brand-Erbisdorf. „Der Kontakt zum Publikum ist für mich das Größte. Der Spaß mit den Leuten ist lebensnotwendig und der ganze Sinn meiner Musik“, sagt er.
An eine unbeschwerte Addurch Lockerung oder Aufhebung des November-Lockdowns glaubt er nicht. Das Jahr sei gelaufen. Er kann die Schutzmaßnahmen nachvollziehen, auch wenn die Politik damit eine „sehr harte Schiene“fahre. Nachrichten und Internet-Posts zur Corona-Thematik liest er nur noch gezielt, denn auf Dauer mache das mürbe.
Momentan spuckt „Der Hauer“weniger große Töne. In seinen Liedern nimmt er kein Blatt vor den Mund, spielt mit der Provokation. In der Zwangspause wirkt er aufgeräumt und nachdenklich. Vor einem Jahr scheiterte die Neu-Auflage seines Schlager-Hits „Sabine Lawine“mit Malle-Sänger Mickie Krause (50). Die Plattenfirma Universal beendete die Zusammenarbeit, weil Groß 2018 vom rechtsextremen Verein „Freigeist“für einen Gig in Schwarzenberg gebucht worden war. Die Bild-Zeitung bezeichnete ihn als „Nazi-Sänger“. „Das würde ich heute anders machen“, sagt er. „Das zog mich ein paar Tage runter, denn ich bin völlig unpolitisch. Weder rechts noch links. Ich habe noch nie gewählt“, versichert „Der Hauer“. ihm noch wichtiger geworden. Er hält sich durch „straffes Laufen“fit, weil Volleyball ausfallen muss.
Außerdem legt er eine kleine Kunstpause ein. Sein letztes Video war „Die rote Haut von Barbara“im Januar. Ein drittes Album nach „Mei motherfucking Arzgebirg“und „Der Hauer im Club“lässt er offen: „Lieder, die unter Druck entstehen, sind Krampf und qualitativ Mist“, sagt er. Groß sehnt sich schon nach Konzerten ab April, muss jedoch erst den grauen Winter überstehen.
Aber ein bisschen Umsatz müsse er noch machen. Als seinen Beitrag für warme Gedanken in der kalten Jahreszeit empfiehlt er die „Super-Pappen“, den Erotik-Kalender verkauft er übers Internet. tmo