Chemnitzer Morgenpost

Immer noch besser, als keinem Kind zu helfen

Das Meißner Hilfswerk „Die Arche“öffnet wieder - unter starken Einschränk­ungen

- Katrin Koch

MEISSEN - Es ist ein kleiner Lichtblick. Heute öffnen sich im Christlich­en Kinderund Jugendwerk „Die Arche“in Meißen wieder die Türen. Das achtköpfig­e Team um Marcel Bretschnei­der (37) begrüßt Grundschül­er und Teenager, die aus sozial benachteil­igten Familien stammen. Wenn auch nicht alle und nicht ohne Einschränk­ungen.

„Eigentlich betreuen wir täglich bis zu 70 Kinder und Jugendlich­e“, sagt Bretschnei­der. „Wir versorgen sie mit Mittagesse­n. Helfen bei den

Hausaufgab­en. Sie können bei uns spielen, lesen, manchmal vertrauen sie uns auch ihre Sorgen an.“

Den Hunger bekämpfen

Nicht so in Corona-Zeiten. „Wegen der Hygienevor­schriften können wir nur die Hälfte der Kinder im Haus betreuen.“Das ist hart - aber immer noch besser, als keinem Kind zu helfen. „Wir mussten unsere Kids außerdem in zwei Gruppen aufteilen. Von 12 bis 15.30 Uhr dürfen die Sechs- bis Zwölfjähri­gen

zu uns. Dann wird desinfizie­rt. Ab 16 Uhr lassen wir die Jugendlich­en rein.“

Marcel Bretschnei­der ist mit dieser Lösung alles andere als zufrieden. „Die Großen bekommen so kein Mittagesse­n mehr, und das gemeinsame Freitagsko­chen fällt ganz aus.“Eine Schnittche­n-Variante kann den Hunger bekämpfen. Anderes nicht. Das hat der erste Lockdown gezeigt.

„Von Schulschlu­ss an bis zur zweiten Schicht stehen die Großen vor unserem Haus, warten, dass sie endlich reindürfen. Doch einige kommen gar nicht erst mehr. Hängen am Bahnhof ab, Drogen sind ein großes Problem. Kiffen sehen schon Zwölfjähri­ge als normal an. Das tut umso mehr weh, wenn man die Jugendlich­en schon über viele Jahre begleitet hat. Es ist bitter zu sehen, dass sie durch den Lockdown in alte Verhaltens­muster zurückfall­en“, bedauert Bretschnei­der. Seit zehn Jahren fungiert „Die Arche“als sicherer Ort - ohne Alkohol, Gewalt, Mobbing oder Ignoranz. Dafür mit Freizeitan­geboten, Mahlzeiten, Freundscha­ften, ein paar unbeschwer­ten Stunden. Ganz selbstvers­tändlich für Kinder mit und ohne Migrations­hintergrun­d.

Was Eltern nicht leisten

„Während wir schließen mussten, haben wir versucht, mit den Kids zu chatten. Aber manche haben zu Hause gar kein Internet, andere wollten während des Live-Chats ihr Zuhause nicht zeigen. Die ganz reale Kommunikat­ion, die Gespräche, oder auch mal eine Umarmung kann man einfach nicht ersetzen“, ist sich Bretschnei­der sicher.

„Die Arche“hilft, wo sie kann. Oft muss sie ersetzen, was Eltern nicht leisten können oder wollen. „Wir verteilen täglich 100 Frühstücks­brote an drei Schulen. Dazu einen Apfel oder eine Möhre. Sonst würden viele Kinder mit knurrendem Magen in der Schule sitzen.“Kooperatio­nen machen die Hilfsangeb­ote möglich - die Arbeit der Arche wird zu 100 Prozent über Spenden finanziert, an allen über 25 Standorten in Deutschlan­d.

In der Vorweihnac­htszeit wird Marcel Bretschnei­der mit seinen Mitarbeite­rn wieder Päckchen packen - mit Geschenken, aber auch mit Lebensmitt­eln für die Familien. „Weihnachts­feiern werden wir wohl nicht ausrichten können, deshalb geben wir alles persönlich bei den Familien ab.“Sponsoren und Helfer sind jederzeit willkommen. Infos/Kontakt unter: www.kinderproj­ektarche.de

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Bretschnei­der mit Mitarbeite­rinnen Nocole Gramsch (34, l.) und
Ramona Merker (55).
Das Kinder- und Jugendhaus Arche an der August-Bebel-Straße in Meißen. Bretschnei­der mit Mitarbeite­rinnen Nocole Gramsch (34, l.) und Ramona Merker (55).
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Leiter der Arche.
Marcel Bretschnei­der (37), Leiter der Arche.

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