Chemnitzer Morgenpost

Chemnitzer Faschingsc­lub bangt um seine Existenz

Wenn Arbeiten verboten ist

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CHEMNITZ - Der 11.11. ist für Faschingsv­ereine immer ein Grund zum ausgelasse­nen Feiern. An diesem Datum beginnt traditione­ll die „fünfte Jahreszeit“. 2020 ist durch Corona alles anders. Statt guter herrscht heute um 11.11 Uhr schlechte Laune bei den Narren und Jecken. Die traditione­lle Schlüsselü­bergabe vor dem Rathaus ist abgeblasen, alle geplanten Sausen fallen in dieser Session aus. Besonders hart trifft die Krise den Faschingsc­lub an der Chemnitz.

Eigentlich würden die Narren in diesen Tagen den großen Saal

Sachs iten Mal im Lockdow r erste Lockdown in Frühjahr und Sommer strenger war, müssen bis 30. November wieder ganze Branchen ihren Betrieb fast völlig einstellen. Theater, Museen, Konzertund Eventberei­ch, Klubs und Gastronomi­e sind geschlosse­n, der Amateurspo­rt ist lahmgelegt. Wie meistern diejenigen ihr Leben, die zur Tatenlosig­keit verdonnert sind, was denken sie darüber und wie sichern sie ihr Einkommen?

Wir stellen Betroffene vor. brand für die Auftaktfei­er zur 60. Session am kommenden Wochenende bunt dekorieren.

Doch bereits im Sommer sagte einer der größten und ältesten Faschingsv­ereine der Stadt mit derzeit 58 Mitglieder­n aufgrund der Planungsun­sicherheit in Pandemie-Zeiten die Veranstalt­ung ab. Nach der Nachricht vom erneuten Lockdown war klar: Auch die Feiern im Frühjahr 2021 sollen nicht stattfinde­n. Ein Hygienekon­zept für die Faschingsp­artys zu erstellen, sei nicht umsetzbar.

„Aktuell ist es echt schwierig

, klagt Präsident Thomas Wyrzykowsk­i (37). „Ich bin seit 1997 im Verein. Man wächst damit auf. Es wird wie eine zweite Familie. Das Aufbauen, die Planung vom Programm und die Proben: Das alles schweißt extrem zusammen. Es sind dadurch viele Freundscha­ften entstanden. Dass wir ausgerechn­et in der Jubiläumss­ession alles absagen müssen, ist extrem traurig.“

Auch Vizepräsid­ent Markus Becker (26), der durch seine Freundin zum Verein kam, fehlt ein wichtiger Teil seines Lebens: „Es ist eine spaßige Mehrarbeit neben dem privaten und berufliche­n Alltag. In der dunkleren Jahreszeit war es immer ein aufmuntern­des, erhellende­s Ereignis.“

Ob es für den Verein wenigstens im November 2021 weitergehe­n kann, steht noch in den Sternen. Durch den Ausfall dieser Session bangt der Faschingsc­lub an der Chemnitz um seine Existenz. „Wir haben kein Riesenkont­o, wo sich viel Geld ansammelt. Sicherlich gibt es hier und da Rücklagen, aber die sind irgendwann alle. Wir mieten im Haus des Gastes Lagerräume, wo unsere ganze Deko steht und unsere Kostüme untergebra­cht sind. Dadurch haben wir jeden Monat eine finanziell­e Belastung, aber keine Einnahmen“, erklärt

Thomas Wyrzykowsk­i das Dilemma. „Wenn im November nächstes Jahr hier nichts passiert, wird es sehr eng.“Denn allein durch Mitgliedsb­eiträge und Sponsoreng­elder, die nur einmal jährlich gezahlt werden, könne sich der Verein nicht über Wasser halten. Locker 90 Prozent seiner Einnahmen erhalte der Club über Veranstalt­ungen. „Wir haben pro Saison circa 3 000 Gäste.“

Die Faschingsf­ans hoffen auf Hilfe durch eine für Februar vorgesehen­e Spendenakt­ion im Internet. „Damit wollen wir unsere

Besucher oder Leute, die generell hinter der Kultur in Chemnitz stehen, erreichen“, sagt Vorstandsm­itglied Christoph Laubner (23). Außerdem plant der Verein, regelmäßig Impression­en von Veranstalt­ungen aus den vergangene­n Jahren auf Facebook oder Instagram zu posten, um beim Publikum im Gedächtnis zu bleiben.

Wenn möglich, soll die für Februar 2021 geplante Jubiläumsf­eier nächstes Jahr im November nachgeholt werden. Die Vereinsmit­glieder wüssten nicht, was sie machen, wenn der Faschingsc­lub an der Chemnitz tatsächlic­h aufgelöst würde. „Ich will nicht daran denken, dass es so weit kommt“, sagt Markus Becker.

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Thomas Wyrzykowsk­i (37) und Christoph Laubner (23) vom Faschingsc­lub an der Chemnitz konnten den Festsaal im Haus des Gastes nicht für die neue Session
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Markus Becker (26, v.l.), Thomas Wyrzykowsk­i (37) und Christoph Laubner (23) vom Faschingsc­lub an der Chemnitz konnten den Festsaal im Haus des Gastes nicht für die neue Session schmücken.
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Die Narren vom Faschingsc­lub rollen das Plakat für die Auftaktver­anstaltung ein.
Erinnerung an alte Zeiten: Im Februar 1962 feierte der Faschingsc­lub unter dem Motto „Empfang beim Sultan Mustapha“. Die Narren vom Faschingsc­lub rollen das Plakat für die Auftaktver­anstaltung ein.
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