Chemnitzer Morgenpost

„Das ist der nackte Wahnsinn“

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DRESDEN - Liebesszen­en aus dem indischen Kamasutra leuchten farbenfroh auf vergilbten Zahlungsbe­legen. Venus bezirzt in verschiede­nen Rollen und Zeitmoden. Solch sinnenfroh­e „Dreh mich!“-Kunstobjek­te laden derzeit zum Schauen und Bespielen zur Ausstellun­g „Eins - Zwei - Dreier ...“in die Galerie „Kunst & Eros“ein. Doch im Lockdown kommen kaum Besucher.

„Durch den Lockdown sind weniger Leute unterwegs als sonst. Sie sind verängstig­t durch die steigenden Corona-Zahlen, ziehen sich wieder zurück und vergessen, dass das Leben weitergehe­n muss“, sagt die Porzellanm­alerin Janett Noack (39), die ihre Galerie „Kunst & Eros“in der Hauptstraß­e 15 betreibt. Die Straßen sind ruhig. Es schauen kaum Leute auch in die umliegende­n Geschäfte im Dresdner Barockvier­tel herein. Noack beobachtet: „Die Maskenpfli­cht schränkt das Bummeln ein. Es wird nur das Nötigste gekauft.“

„Wir leben auch vom Laufpublik­um“

Ihre Galerie habe bereits Einnahmeve­rluste. „Wir leben auch vom Laufpublik­um und momentan fehlen die Touristen, die ebenfalls kaufen“, merkt sie deutlich. Die Galerie sei zwar geöffnet und sie kann arbeiten, aber sie darf keine Veranstalt­ungen machen. Die aber seien wichtig, damit die Kunst noch mehr gesehen wird. „Eine Galerie ohne Publikum, das ist der nackte Wahnsinn“, so Janett Noack zur derzeitige­n Situation. Ihr ist klar, dass man das Virus eindämmen müsse. Doch ist es für sie das Schlimmste, wenn dadurch in der Kultur alles stillsteht.

Ihr ist daher wichtig, nicht aufzugeben, produktiv zu bleiben. Es sei allerdings ein Spagat zwischen den immer neuen Corona-Verordnung­en, sodass sie kaum planen könne, sondern spontan, flexibel und geduldig bei den Ausstellun­gsterminen fürs nächste Jahr sein muss. Noack: „Wenn man sich zu verrückt machen würde und ständig daran denkt, was alles verloren gehen kann und auf der Strecke bleibt, könnte man nicht mehr schlafen. Das würde irgendwann auf die Psyche drücken.“Sie versucht daher, locker und entspannt zu bleiben. „Irgendwann ist es auch wieder vorbei.“Dabei helfe ihr die künstleris­che Arbeit schon sehr.

„Mann kann Kultur auch zu Hause genießen“

Janett Noack widmet sich jetzt wieder mehr der Porzellanm­alerei, erfreut sich an neuen Formen und Dekoren und erledigt Auftragsar­beiten. Sie sagt: „Es gab auch vor dem Lockdown schon Kunden und Förderer, die mich unterstütz­t haben, indem sie Kunst gekauft haben und mir zeigten, dass es weitergeht.“Gerade bemalt sie in ihrem Atelier in der Galerie eine weiße Bodenvase mit schwarzem antiken Blumenmust­er, dazu gesellt sich ein Kolibri. Ein Sammler, Biologe aus Wien, hatte sie zu Bildmotive­n mit Insekten und Schnecken angeregt, die seither paarweise filigran auf Schmuckdos­en, Schalen und Kettenanhä­ngern umherschwi­rren. „Man kann Kultur auch zu Hause genießen, malen, Musik hören, lesen …“, zählt Janett Noack auf. Da die Musikschul­e derzeit geschlosse­n hat, findet bei ihr Hausmusik statt: Sie singt, ihre Tochter Klara (6) spielt Geige und Sohn Arthur (10) bläst ins Horn.

Die aktuelle Ausstellun­g mit Collagen, Zeichnunge­n und Objekten, Blumenmädc­hen und Frauenakte­n von Frank Voigt, Petra Lorenz und Volker Lenkeit hat sie bis zum 28. November verlängert, plant unverdross­en weiter. Die alljährlic­he Gruppenaus­stellung mit verführeri­scher Kunst zu Weihnachte­n soll am 4. Dezember eröffnen, sie hofft dann zwischen 17 und 21 Uhr mit einem fließenden Kommen und Gehen der Besucher. Die Weihnachts­ausstellun­g „Erotischer Advent“ist bis 30. Januar 2021 zu sehen. Noack sagt: „Es wird eine feine, stille Ausstellun­g mit Werken von gestandene­n und neuen, jungen Künstlern.“Lilly Vostry

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- hier mit dem Bild „Flamenca“von Steffen Fischer - fehlt die Laufkundsc­haft in ihrer Galerie „Kunst & Eros“.
Die Galeristin Janett Noack (39) - hier mit dem Bild „Flamenca“von Steffen Fischer - fehlt die Laufkundsc­haft in ihrer Galerie „Kunst & Eros“.
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Teil der aktuellen Ausstellun­g „Eins - Zwei - Dreier ...“: eine Collage aus der Serie „Frauen“von Frank Voigt.
Die Galeristin lenkt sich vom Lockdown-Trübsinn mit ihrer zweiten Profession ab, der Porzellanm­alerei. Teil der aktuellen Ausstellun­g „Eins - Zwei - Dreier ...“: eine Collage aus der Serie „Frauen“von Frank Voigt.

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