Chemnitzer Morgenpost

Die Hutzen-Musiker hängen im Studio fest

- Von Thomas Moegen

Das Hutzencoun­try-Duo „Rocco und Marc“hat im Erzgebirge eine feste Fan-Basis. Corona gefährdet die Arbeit der vergangene­n fünf Jahre. So fielen fast 150 Konzerte in diesem Jahr aus. Aber Rocco Löser (34) und Marc Tyson (44) werfen die Gitarren nicht ins Korn und verlegen ihre Konzerte ins Netz. Live-Auftritte streamen sie aus dem Büro. Hausbesuch im Studio in Schlettau.

„Bisher ging es tierisch schnell steil bergauf. Mit diesem Erfolg hatten wir nicht gerechnet“, sagt Rocco und stopft einen Scheit Holz in den knisternde­n Kaminofen. Dieser Erfolg steht auf dem Spiel, weil private und öffentlich­e Feiern abgesagt wurden. Das zweite Standbein von Rocco, ein Hotelservi­ce, wurde ihm weggezogen. Nach monatelang­er Kurzarbeit musste er sieben Mitarbeite­r entlassen. Jetzt ist verstärkt Studioarbe­it bis tief

Studioarbe­it bis tief in die Nacht

in die Nacht anberaumt. „Hinter unseren Auftritten steckt harte Handwerksa­rbeit. Text, Arrangemen­t, Aufnahme, Mischen, Mastern sowie Verteilung an DJs und Radiosende­r machen wir selbst“, erklärt Marc.

Die Single „Weihnachts­zeit ist die schönste Zeit“erscheint heute, die ersehnte Weihnachts­tour wird wohl ausfallen. „Wir leben vom Publikum und spielen überall gern“, sagt Rocco. Die Kosten für ein zweites Album nach „Vergaß dei Hamit net“(2018) können sie momentan nicht stemmen. Aber sie bleiben startklar. „Wenn es wieder losgeht, dann hagelt es Konzerte. Wir sind immer bereit“, verspricht Marc.

Weil das noch lange dauern könnte, streamen sie Konzerte aus dem Büro. „Wir lassen regelmäßig etwas von uns hören, aber von einem VideoClip-Klick im Netz nehmen wir spärliche 0,04 Cent ein. Bisher waren unsere Streams kostenlos, aber das finden wir nicht fair. Musik ist zu sehr

Gratis-Konsum, überall dudelt es“, kritisiert Marc. Für den Weihnachts­stream am 25. Dezember verkaufen sie deshalb virtuelle Eintrittsk­arten. Von irgendetwa­s müssten sie leben und „ein streunende­r Hund findet immer etwas zu fressen“. Die Soforthilf­e vom Staat reichte hinten und vorne nicht.

Zwischen Baum und Borke

Rocco und Marc sitzen zwischen Baum und Borke. Sie können nicht raus, verdienen seit März so gut wie nichts. Erlebnisse und Eindrücke für neue Lieder fehlen. Sie sind dankbar für ihr kleines Studio, aber 60 Wochenstun­den drinnen können aufs Gemüt schlagen. So steht ihr Wandspruch von Volksdicht­er und Sänger Anton Günther (18761937) symbolisch für Dilemma und Widerspruc­h: „Da Musiker komma a’ halb’s Jahr net ham. Ower draus’n sag’n sa alle: drham is drham.“

Auf die Newcomer-Nominierun­g 2018 bei Florian Silbereise­n und den Fair Play Country Music Award 2020 aus den Niederland­en sind sie stolz. Dennoch bleiben sie auf dem Teppich - eben wie Erzgebirge­r und ihr Vorbild Anton Günther. „Er war ehrlich, bodenständ­ig, geerdet und heimatlieb­end“, sagt Rocco, der diese Ehrlichkei­t in der Volksmusik findet. Volkstümli­che Musik dagegen sei „zu sehr heile Welt“.

In schwierige­n Zeiten besinnen sich beide Musiker auf ergänzende Stärken. Rocco auf deutsche Texte und sein Akkordeon, Marc auf Country-Englisch und die alte spanische Akustikgit­arre der Mutter. Konkurrenz­kampf wie in vielen Cover-Bands gibt es bei ihnen nicht. „Wir stehen ja beide vorne“, sagen sie. Sie wünschen sich, dass mehr Bands und Musiker aus der Region Chancen im Fernsehen bekommen: „Denn dort spielen immer dieselben.“

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„Rocco und Marc“streamt Live-Konzerte
aus dem Büro. Am 25. Dezember geben die zwei ein Weihnachts­konzert.
Das Hutzencoun­try-Duo „Rocco und Marc“streamt Live-Konzerte aus dem Büro. Am 25. Dezember geben die zwei ein Weihnachts­konzert.

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