Die Hutzen-Musiker hängen im Studio fest
Das Hutzencountry-Duo „Rocco und Marc“hat im Erzgebirge eine feste Fan-Basis. Corona gefährdet die Arbeit der vergangenen fünf Jahre. So fielen fast 150 Konzerte in diesem Jahr aus. Aber Rocco Löser (34) und Marc Tyson (44) werfen die Gitarren nicht ins Korn und verlegen ihre Konzerte ins Netz. Live-Auftritte streamen sie aus dem Büro. Hausbesuch im Studio in Schlettau.
„Bisher ging es tierisch schnell steil bergauf. Mit diesem Erfolg hatten wir nicht gerechnet“, sagt Rocco und stopft einen Scheit Holz in den knisternden Kaminofen. Dieser Erfolg steht auf dem Spiel, weil private und öffentliche Feiern abgesagt wurden. Das zweite Standbein von Rocco, ein Hotelservice, wurde ihm weggezogen. Nach monatelanger Kurzarbeit musste er sieben Mitarbeiter entlassen. Jetzt ist verstärkt Studioarbeit bis tief
Studioarbeit bis tief in die Nacht
in die Nacht anberaumt. „Hinter unseren Auftritten steckt harte Handwerksarbeit. Text, Arrangement, Aufnahme, Mischen, Mastern sowie Verteilung an DJs und Radiosender machen wir selbst“, erklärt Marc.
Die Single „Weihnachtszeit ist die schönste Zeit“erscheint heute, die ersehnte Weihnachtstour wird wohl ausfallen. „Wir leben vom Publikum und spielen überall gern“, sagt Rocco. Die Kosten für ein zweites Album nach „Vergaß dei Hamit net“(2018) können sie momentan nicht stemmen. Aber sie bleiben startklar. „Wenn es wieder losgeht, dann hagelt es Konzerte. Wir sind immer bereit“, verspricht Marc.
Weil das noch lange dauern könnte, streamen sie Konzerte aus dem Büro. „Wir lassen regelmäßig etwas von uns hören, aber von einem VideoClip-Klick im Netz nehmen wir spärliche 0,04 Cent ein. Bisher waren unsere Streams kostenlos, aber das finden wir nicht fair. Musik ist zu sehr
Gratis-Konsum, überall dudelt es“, kritisiert Marc. Für den Weihnachtsstream am 25. Dezember verkaufen sie deshalb virtuelle Eintrittskarten. Von irgendetwas müssten sie leben und „ein streunender Hund findet immer etwas zu fressen“. Die Soforthilfe vom Staat reichte hinten und vorne nicht.
Zwischen Baum und Borke
Rocco und Marc sitzen zwischen Baum und Borke. Sie können nicht raus, verdienen seit März so gut wie nichts. Erlebnisse und Eindrücke für neue Lieder fehlen. Sie sind dankbar für ihr kleines Studio, aber 60 Wochenstunden drinnen können aufs Gemüt schlagen. So steht ihr Wandspruch von Volksdichter und Sänger Anton Günther (18761937) symbolisch für Dilemma und Widerspruch: „Da Musiker komma a’ halb’s Jahr net ham. Ower draus’n sag’n sa alle: drham is drham.“
Auf die Newcomer-Nominierung 2018 bei Florian Silbereisen und den Fair Play Country Music Award 2020 aus den Niederlanden sind sie stolz. Dennoch bleiben sie auf dem Teppich - eben wie Erzgebirger und ihr Vorbild Anton Günther. „Er war ehrlich, bodenständig, geerdet und heimatliebend“, sagt Rocco, der diese Ehrlichkeit in der Volksmusik findet. Volkstümliche Musik dagegen sei „zu sehr heile Welt“.
In schwierigen Zeiten besinnen sich beide Musiker auf ergänzende Stärken. Rocco auf deutsche Texte und sein Akkordeon, Marc auf Country-Englisch und die alte spanische Akustikgitarre der Mutter. Konkurrenzkampf wie in vielen Cover-Bands gibt es bei ihnen nicht. „Wir stehen ja beide vorne“, sagen sie. Sie wünschen sich, dass mehr Bands und Musiker aus der Region Chancen im Fernsehen bekommen: „Denn dort spielen immer dieselben.“