Chemnitzer Morgenpost

Hellraiser-Chefin Katrin vermisst ihre Headbanger

- Von Alexander Bischoff

LEIPZIG - Harte Gitarrenri­ffs, durch die Luft wirbelnde Haare, verschwitz­te Leiber, überlaufen­des Bier - wer in Leipzig den „Hellraiser“besucht, der will sich und seinen Ohren die Dröhnung geben. Mit der Übernahme von Sachsens bekanntest­em HeavyMetal-Club hatte sich Katrin Schönfuß (43) 2005 einen Traum erfüllt. Doch der ist nun zum Albtraum geworden.

„Verdammt, ich will endlich wieder arbeiten - lieber Stress bis zum Umfallen als dieses untätige Rumsitzen.“Katrin Schönfuß ist eine zierliche, eher unscheinba­re Frau, die so gar nicht dem Klischee einer „Metal-Braut“entspricht. Doch wenn es um den Lockdown geht, dann setzt das

Emotionen in ihr frei wie bei Iron Maiden in „The Number of the Beast“.

Schon beim ersten Lockdown musste Katrin 20 fest gebuchte Konzerte von Bands, zu denen in der Regel bis zu 800 Leute in den Club strömen, absagen. „Am 14. März gespielt , erzählt die gebürtige Vogtländer­in. Bevor die finnischen Hard-Rocker, die 2006 überrasche­nd den Eurovision Song Contest gewannen, die Bühne betraten, hatte sich die Club-Chefin besorgt von Amt zu Amt telefonier­t. „Ich wollte wissen, ob wir das mit 800 Leute noch machen können, bin aber auf völlig überforder­te Behörden gestoßen.“

Lordi spielte - und zwei Tage später stand für Katrin das Leben still. Veranstalt­ungsverbot, kurz darauf Lockdown! Monate gingen ins Land, es wurde vieles gelockert, doch die Clubs durften noch immer nicht öffnen.

„Wir haben dann draußen einen Freisitz errichtet, eiund am 18. Juli ganz klein mit Open-Air-Konzerten, Grill und Ausschank wieder angefangen“, berichtet die gelernte Textilmust­ergestalte­rin. Meist waren es Leipzigs Gitarrengö­tter von Flecke &. Co., die vor 100 Freisitz-Gästen spielten und das „Hellraiser“musikalisc­h am Leben hielten.

Als die Politik im Sommer signalisie­rte, dass Livekonzer­te bald auch wieder in Hallen stattfinde­n können, kümmerte sich Katrin um ein aufwendige­s Hygienekon­zept für den Club, besorgte Stühle, Desinfekti­onsspender, Schutzvorr­ichtungen und installier­te am Boden ein „Headbanger-Leitsystem“mit Zuund Austrittss­pur.

Am 2. Oktober war es dann endlich so weit. Mit einem Konzert der NDH-Band Maerzfeld beendete der „Hellraiser“ den Dornrösche­nschlaf. Ein ungewöhnli­ches Bild zwar denn zu den harten Klängen saßen die knapp 150 Fans brav auf den nach Hygieneabs­tand ausgericht­eten Stuhlreihe­n - doch Katrin konnte endlich wieder ihrer geliebten Arbeit nachgehen.

Vier Konzerte hielt das Glück. „Dann kam dieser beschissen­e neue Lockdown, wir mussten schließen, und ich kann mir mit meinem

Tausende Euro teuren Hygienekon­zept nun den Ar ... abwischen“, schimpft die „Hellraiser“-Chefin in bester Hardrocker-Manier.

Seither ist Katrin wieder viel in ihrer ganz privaten Mucki-Bude, stemmt mit Gewichten ihren Frust heraus. „Die hab ich mir bereits beim ersten Lockdown in der Garage eingericht­et, weil ja auch damals schon die Fitnessstu­dios zu waren“, erzählt sie. Und gerät dann wieder in Wallung: „Diese Corona-Maßnahmen der Politik sind absolut unverhältn­ismäßig - und sie vernichten jede Menge Existenzen!“Momentan lebt Katrin von ihrem Ersparten. Wie lange das noch reicht? Schulterzu­cken.

Lieber Stress bis zum Umfallen

Vier Konzerte hielt das Glück

 ??  ?? An der verlassene­n Bar kochen die Emotionen hoch - im Gespräch mit dem Reporter erzählt Club-Chefin Katrin, weshalb sie den erneuten Lockdown für unverhältn­ismäßig hält.
Von außen keine Schönheit, aber ein echter Kult-Club - das „Hellraiser“ist Sachsens bekanntest­e Heavy-Metal-Location.
An der verlassene­n Bar kochen die Emotionen hoch - im Gespräch mit dem Reporter erzählt Club-Chefin Katrin, weshalb sie den erneuten Lockdown für unverhältn­ismäßig hält. Von außen keine Schönheit, aber ein echter Kult-Club - das „Hellraiser“ist Sachsens bekanntest­e Heavy-Metal-Location.
 ??  ?? Greift hier etwa der Tod nach der Club-Szene? Die Wandbemalu­ng im „Hellraiser“könnte angesichts der aktuellen Lage der Veranstalt­ungsbranch­e eine böse Vorahnung sein.
Sag mir, wo die Headbanger sind, wo sind sie geblieben ... Katrin Schönfuß (43) steht traurig im leeren „Hellraiser“.
Greift hier etwa der Tod nach der Club-Szene? Die Wandbemalu­ng im „Hellraiser“könnte angesichts der aktuellen Lage der Veranstalt­ungsbranch­e eine böse Vorahnung sein. Sag mir, wo die Headbanger sind, wo sind sie geblieben ... Katrin Schönfuß (43) steht traurig im leeren „Hellraiser“.

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