Eine Fantasiewelt für gebeutelte Zeiten
An der Staatsoperette probt man fürs Märchen-Musical „Cinderella“
Es ist der Herbst des Missvergnügens. Draußen wird es nasskalt, Kultureinrichtungen sind wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Zeit, von etwas Schönem zu sprechen: Auch wenn die Türen der Theater zu sind, ist man drinnen alles andere als untätig. In der Staatsoperette etwa fand gestern die erste Kostümprobe für das Märchen-Musical „Cinderella“statt. Arbeit für eine Premiere, deren Termin noch in den Sternen steht.
„Wir sind alle gebeutelt von der Situation“, sagt Intendantin Kathrin Kundaurow. Eigentlich hätte ihre neueste Produktion kommenden Sonnabend Premiere gehabt, am 28. November. Jetzt sprächen die Zahlen (der Pandemie) keine gute Sprache. Sie sei nur verhalten zuversichtlich, ob „Cinderella“wenigstens Mitte
Dezember Premiere feiern könne. Kondaurow: „Ich verstehe allerdings die Politik, die die Lage in den Griff bekommen muss.“
Für die Staatsoperetten-Intendantin ist derzeit elementar, ihr Ensemble für alle Proben zu motivieren: „Dass wir überhaupt proben dürfen, anders als noch im Frühjahr, ist ein wirklicher Schub.“Die Künstler, sagt sie, brauchen ihr Publikum, und das sei gegenseitig. Man plane für den schlimmsten Fall Streaming-Angebote: „Auch das sichert den Künstlern die Aussicht, vom Publikum gesehen zu werden.“
Für die Akteure auf der Bühne sind die Proben in Corona-Zeiten keine einfachen. Das sagt etwa Marcus Günzel, der als Zweitbesetzung in „Cinderella“den Thronverwalter spielt. Der Bariton: „Für alle ist es schwierig, Nähe zu vermeiden. Allerdings schafft das für
uns Kreative auch wieder Anreize zu Ideen, wie wir eine Geschichte erzählen können, die das Publikum hineinzieht.“
Laut Günzel sei das Ensemble trotz verschobener und unklarer Premierentermine nicht demotiviert: „Wenn wir wieder spielen können, dann sind wir vorbereitet. Und wir glauben alle - egal, wann es ist - DASS wir bald wieder spielen können.“Gut sei, dass man ein Märchen vorbereite: „Das ist auch in moderner Lesart die beste Möglichkeit, die Leute vom Alltag abzulenken.“Man müsse auch keine Sorge haben, dass auf der Corona-Thematik herumgeritten werde.
Auf der Bühne wird alles für die Sicherheit getan: Dekorationen sind auf Abstand gebaut, jeder aus dem Ensemble könne sich melden, wenn es ihm unsicher sei. Zum ersten Mal haben gestern die Künstler in den fantasievollen Kostümen von Sarah Antonia Rung geprobt. „Es wird in den Dekors eine Gegenüberstellung von Natur und Künstlichkeit“, sagt Kathrin Kondaurow, die die Inszenierung gestern selbst zum ersten Mal sah.
An solchen Tagen werde entschieden, ob es reicht mit der Fantasie. „Oder ob wir doch noch etwas mehr Kitsch brauchen“, lacht sie. Marcus Günzel sagt: „Wir wollen eine Fantasiewelt bieten, in die sich das Publikum komfortabel hineinfallen lassen kann“. Wann? Hoffentlich bald.