Chemnitzer Morgenpost

Holz hacken, spazieren gehen oder einen Film schauen

- Von Lilli Vostry

DRESDEN - Die „Salzprinze­ssin“hatte nur wenige Auftritte in diesem Jahr. Nach dem Lockdown im Frühjahr packte Bianka Heuser ihre Puppen zum Kindertag im Juni wieder aus. Das letzte Mal spielte sie am 30. Oktober in Grimma. Nun sind die Figuren im Koffer verschwund­en und müssen warten, bis es weitergeht.

König Kohledampf, seine Tochter Rosalie und Prinz Fabién, der Sohn des Salzkönigs, der sich in sie verliebt - das Figurenthe­ater nach einem slowakisch­en Volksmärch­en

und Motiven der Brüder Grimm passt so gut in diese Zeit. „Das Märchen erzählt davon, dass man, anstatt zu streiten, nach Lösungen und gegenseiti­gem Verständni­s suchen sollte“, sagt die Schau- und Puppenspie­lerin. Und es gehe darum, wie schnell wir in unserem komfortabl­en Alltag scheinbar kleine Dinge und deren Werte vergessen.

Bis 2007 war sie an den Landesbühn­en

Bianka Heuser hat Schauspiel an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg studiert und war von 2000 bis 2007 an den Landesbühn­en Sachsen in Radebeul engagiert. Im selben Jahr gründete sie die Theaterman­ufaktur Dresden und ist seitdem freischaff­end mit ihrer mobilen Bühne mit Stücken für Kinder und Erwachsene in und außerhalb Sachsens unterwegs. Die erneute Schließung von Spielstätt­en

wie auch das Veranstalt­ungsverbot in Kitas und Grundschul­en treffen sie hart. „Die Wintermona­te und speziell die Weihnachts­zeit sind sonst die vollsten Monate im Jahr für mich“, sagt sie. 35 Vorstellun­gen sind im November ausgefalle­n, im Dezember würden es noch mehr werden.

„Sicher nervt es, wenn mittlerwei­le Absagen bis in den Februar hinein kommen. Wenn man sieht, wie leer der Kalender jetzt ist, gerät man schon ins Grübeln“, erzählt sie. Es gebe Momente, da werde sie traurig und wütend. „Dann muss ich rausgehen. Holz hacken, spazieren gehen oder einfach nur einen guten Film schauen. Wenn ich den ganzen Tag jammere und mich aufrege, was man alles nicht mehr darf, wird die Situation auch nicht besser.“Bianka Heuser versteht die Einschränk­ungen, die wegen der Pandemie derzeit nötig sind, und hofft, dass die Infektions­zahlen bald runtergehe­n werden. Sie kennt Menschen aus ihrem Umfeld, die an Covid-19 erkrankt sind, die zu Hause kämpfen und denen jeder Schritt schwerfäll­t. Und die sind nicht im Risiko-Alter.

Das neue Stück ist nicht finanzierb­ar

Sie hofft, dass das angekündig­te Hilfsprogr­amm für Solo-Selbststän­dige greifen wird, um die Einnahmeve­rluste auszugleic­hen. Für drei ausgefalle­ne Vorstellun­gen können Veranstalt­er oft nur eine neue anbieten. „Im Prinzip fehlt ein ganzes Jahr“, sagt sie. 2020 sollte eigentlich das Märchen „Die Gänsemagd“herauskomm­en. „Aber das ist momentan nicht finanzierb­ar. Es fehlen die Einnahmen, um Bühnenbild und Puppen bauen zu lassen.“Außerdem sollte im November eine Voraufführ­ung für den neuen Kabarettab­end „Rendezvous mit Damenschuh“zusammen mit Jörg Bretschnei­der und dem Musiker Tino Liebe im Dresdner Comedy & Theaterclu­b stattfinde­n. Natürlich mit aktuellem Bezug zur Corona-Zeit. „Die Ungewisshe­it, wie es weitergeht, erschwert das Proben.“

Zurzeit sitzt sie viel im Büro, bearbeitet die Absagen, stellt Anträge und organisier­t neue Termine für Veranstalt­ungen. Die künstleris­che Arbeit ruht vorerst. So kommen erst einmal andere Sachen dran wie Kostüme waschen oder Lager aufräumen mit den Stückrequi­siten. Sie sagt: „Ich versuche jeden Tag, mit einem Lächeln, auch die schönen Momente zu sehen und etwas zu tun, woran ich mich erfreuen kann.“

Nach der letzten Vorstellun­g der „Salzprinze­ssin“in Grimma bekam Bianka Heuser von Zuschauern einen Adventskal­ender, der sie mit jedem Türchen daran erinnern soll, welche Freude sie den Kindern bereitet hat, und eine Kerze, die ihr Licht und Hoffnung schenken soll.

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Bianka Heuser (47) mit ihrer „Salzprinze­ssin“.
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Bei ihren Aufführung­en macht Bianka Heuser meist auch Kasse und Einlass.

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