Chemnitzer Morgenpost

„Fahrrad-Gate“bei Polizei Minister und Sonderermi­ttler sehen nur „Einzelfäll­e“

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DRESDEN/LEIPZIG Schlampere­i oder kriminelle­s Netzwerk? Gestern stellte Ex-Generalsta­atsanwalt Klaus Fleischman­n (69) seinen Bericht zum

Fall „Fahrrad-Gate“vor. Als eine Art Sonderermi­ttler sollte er herausfind­en, ob hinter der massenhaft­en Fahrradheh­lerei bei der Polizeidir­ektion Leipzig ein kriminelle­s Netzwerk steckt. Dabei hatte er jedoch weder Zugriff auf die Ermittlung­sakten, noch sind die Ermittlung­en bereits abgeschlos­sen.

Wer ein billiges Rad braucht, muss nur zu Anke S. (43) gehen. So sprach es sich über Jahre hinweg bei der Polizei herum. Die Beamtin war für die Asservaten­kammer in Leipzig zuständig, hatte dort Zugriff auf geklaute Räder, bei denen sich kein Besitzer mehr ausfindig machen ließ. Wer eins wollte, musste bis zu 100 Euro zahlen, aber in den meisten Fällen auch unterschre­iben, dass er es als Vertreter eines gemeinnütz­igen Vereins entgegenni­mmt. Mindestens 250 Räder wurden so vertickt, die meisten an Polizisten.

Weder Innenminis­ter Roland Wöller (50, CDU) noch sein Sonderermi­ttler Fleischman­n sehen hier ein kriminelle­s Netzwerk: „Wir können davon ausgehen, dass es keine Netzwerke gab“, so der Sonderermi­ttler. „Das Führungspe­rsonal der Polizeidir­ektion Leipzig war nicht involviert.“Die Polizisten, die sich die Räder unter den Nagel rissen, seien Einzelfäll­e. Dennoch hätten organisato­rische Schwachste­llen das kriminelle Treiben begünstigt: Laut Bericht hat die „ZentraB“, die für die Räder zuständig war, sich verselbsts­tändigt, Führungskr­äfte wechselten zu oft und

Wegse tete sich. Auch die Informatio­nsketten funktionie­rten nicht. „Es sollte nichts vertuscht werden“, so Fleischman­n. „Es ist geschlampt worden.“Allerdings räumt Fleischman­n ein, keinen Einblick in die noch immer laufenden Ermittlung­en der Generalsta­atsanwalts­chaft erhalten zu haben.

Daher rührt auch die Kritik des Koalitions­partners: „Der Vorwurf eines korruptive­n Netzwerkes innerhalb der Leipziger Polizei ist mit diesem Bericht mitnichten vom Tisch, sondern ist Gegenstand weiterer staatsanwa­ltschaftli­cher Ermittlung­en“, sagt Valentin Lippmann (29), innenpolit­ischer Sprecher der Grünen. „Das hat der Vertreter der Generalsta­atsanwalts­chaft heute auch noch einmal deutlich gemacht - und zwar unabhängig von der Frage, was im Bericht von Herrn Fleischman­n steht.“

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Innenminis­ter Roland Wöller (50, CDU, r.) hatte Ex-Generalsta­atsanwalt Klaus Fleischman­n (69) mit der Untersuchu­ng des Fahrradska­ndals beauftragt.
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wurden über 250 Fahrräder verhökert.
Leipzig gilt als Hochburg des Fahrradkla­us in Sachsen
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Aus der „ZentraB“ wurden über 250 Fahrräder verhökert. Leipzig gilt als Hochburg des Fahrradkla­us in Sachsen (Symbolfoto).
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