Maradona vere
8 Uhr zur Casa Rosada, dem rosafarbenen Präsidentenpalast in Argentiniens Hauptstadt. Tausende, die Regierung rechnet mit einer Million, wollen sich von ihrem dort aufgebahrten, an einem Herz- und Atemstillstand verstorbenen Ido verabschieden. Auf dem Balkon der Residenz hatte sich Maradona 1986 als Weltmeister feiern, aber auch 1990 nach dem verlorenen Finale gegen Deutschland trösten lassen.
Der Linksfuß, glühender Verfechter des kubanischen Revolutionsführers Fidel Castro, der ebenfalls an einem 25. November (2016) verstarb, wurde am Mittwoch gegen 11.30 Uhr nur noch leblos in seinem Bett vorgefunden. Akute Herzinsuffizienz ergab die Autopsie, zudem ein daraus resultierendes Lungenödem. Nach dem Notruf standen neun Rettungswagen vor seinem neuen Anwesen in Tigres. Keiner
hätte rechtzeitig herbeieilen können.
Und während die Prominenz noch ihrer Trauer in mitfühlenden Worten freien Lauf ließ, gehörte Maradona bereits dem Fußball-Fußvolk. An jedem nderen Tag hätte der River-Plate-Fan mit seinem Sonnenhut in rot-weißen Vereinsfarben am Haupteingang des Boca-Tempels La Bombonera Prügel bezogen, am Mittwoch war er jedoch begehrtes Selfie-Motiv. Weil, wie bei vielen seiner Landsleute, die Tränen kullerten. In Neapel, wo Maradona mit dem SSC 1987 und 1990 die Meisterschaft, 1987 den italienischen Pokal und 1989 den UEFA-Cup gewann, strömten die Menschen trotz coronabedingter Ausgangssperre auf die Straßen, Fans zündeten Knallkörper undbengalischeFeuer.DasStadio San Paolo soll gar in Stadio Diego Armando Maradona umbenannt werden. In Buenos Aires hielt La 12, Bocas berüchtigter Fanklub, lautstark Totenwache amPlazadeMayo.
Kurioserweise spiegelten die letzten Tage Maradonas Auf und Ab im Leben zwischen Fußballkunst, Starkult und Drogensumpf wider. Am 30. Oktober, als er 60 wurde, trat er letztmals öffentlich auf, erbärmlich torkelnd, um Worte ringend. Am Montag darauf folgte die Einlieferung in ein Krankenhaus, eine Not-OP am Hirn, die schnelle Entlassung, der Umzug in ein neues Heim, die Zuversicht aller - Familie, Ärzte, Fans - auf eine erneut schnelle Genesung.
Doch die Abschottung während der Pandemie, die Tabletten gegen seine Schlafstörung, die gleichzeitig mit Alkohol besänftigte Depression gaben dem schon vom langjährigen Drogenkonsum und einem wegen Fettsucht gelegten Magen-Bypass angeschlagenen Künstler am Ball - und mehr konnte er auch nie - den Rest.