Was bedeutet der Rücktritt von Löw? Gut für Müller, schlecht für Havertz
BERLIN - Bundestrainer Joachim Löw (61) tritt nach der EM im Sommer als Bundestrainer ab. Was bedeutet dies für die kommenden Monate? Die MOPO-Analyse.
BEFREIUNG
Zuletzt wurde Löw dünnhäutiger, was Kritik angeht, er hielt mehrere intensive Rechtfertigungsreden und wurde immer wieder mit den gleichen Fragen gelöchert. Auf den letzten Metern können ihm die Kritiker jeglicher Couleur egal sein.
Löw agiert nicht als „lame duck“, sondern aus einer Position der Stärke heraus. Er wird gnadenlos sein
Ding machen: personell, taktisch, menschlich - alles für einen großen Abschied.
RÜCKKEHR
Stets hat Löw den heftig kritisierten Umgang mit den aussortierten Weltmeistern Thomas Müller, Jerome Boateng und Mats Hummels anhand langfristiger Überlegungen erklärt. Er müsse schon die WM 2022 im Auge haben. Doch genau diese strategische Fessel ist jetzt gelöst: Löw kann guten Gewissens die Rückhol-Aktion starten, was zumindest im Fall Müller auch sehr realistisch erscheint. Es würde Löw nicht mehr als Schwäche ausgelegt.
UMBRUCH
Florian Wirtz oder Jamal Musiala sind Versprechen auf eine rosige Zukunft der Nationalmannschaft. Doch auch Kai Havertz beispielsweise ist noch sehr jung, aber bereits eine Stütze. Die Chance für klassische „Kaderfüller“, die ein Schnupperturnier bekommen, sind durch
Löws Rücktrittsankündigung eher gesunken: Das
stärkste Team wird zur EM fahren.
RUHE
Es wäre wahrscheinlich ein Spießrutenlauf geworden. Auf jeder Pressekonferenz die nervige Frage nach der Zukunft, an Löw, an Oliver Bierhoff, an Fritz Keller und jeden DFB-Vertreter, der irgendwo vor irgendeinem Mikrofon steht. Löw hat sich selbst und anderen Ruhe geschaffen. Für das Klima, für die Mannschaft, für den Erfolg.
ZUKUNFT
Noch vor wenigen Jahren hätte Löw sich seinen nächsten Job quasi frei aussuchen können. Die WM 2018 und das 0:6 in Spanien jedoch haben seinen Ruf beschädigt, ein Hauch von altem Eisen schwingt mit. Dennoch wird seine Arbeit geschätzt. Prognose: Löw braucht mindestens eine längere Pause.
NACHFOLGE
Klarheit und Planungssicherheit - der DFB kann Löw dankbar für die frühe Entscheidung sein. Ein Nachfolger kann in Ruhe gesucht werden, er hat nach der EM eineinhalb Jahre Zeit zur Vorbereitung auf die WM 2022. Es sei denn, der Wunschkandidat ist (noch) nicht zu haben. Dann könnte es eine Übergangslösung geben.