RKI-Chef ruft die dritte Welle aus
+++ Ein Jahr Pandemie +++ Infektionen steigen wieder +++ Mutanten dominieren +++
Ein Jahr Pandemie - und es werden wieder Neuinfektionen im deutlich fünfstelligen Bereich in Deutschland gemeldet. Das Robert-Koch-Institut (RKI) zeigt sich zutiefst besorgt. Für RKI-Chef Lothar Wieler (60) ist jetzt klar: Die dritte Welle hat begonnen.
Bei den binnen eines Tages gemeldeten Corona-Neuinfektionen gab es nach den Daten von gestern einen Sprung: Gesundheitsämter meldeten dem Robert-Koch-Institut 14 356 Ansteckungen - das sind über 2 400 mehr als noch vor einer Woche. Höhere Tageswerte waren zuletzt Ende Januar erfasst worden. Gleichzeitig greift die ansteckendere Coronavirus-Variante B.1.1.7 weiter in Deutschland um sich. Das RKI beziffert deren Anteil auf nun circa 55 Prozent.
Ein Jahr nach der Erklärung einer Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht das RKI Deutschland in der dritten Infektionswelle. „Wir haben ganz klare Anzeichen dafür: In Deutschland hat die dritte Welle schon begonnen“, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler im Gespräch mit der UN-Journalistenvereinigung (ACANU) in Genf. „Ich bin sehr besorgt.“
Auch die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner (7-Tage-Inzidenz) stieg mit 69,1 im Vergleich zum Vortag (65,4) an. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 321 weitere Todesfälle verzeichnet. Vor genau einer Woche hatte das RKI binnen eines Tages 11 912 Neuinfektionen und 359 neue Todesfälle registriert. Am Mittwoch waren es noch gut 9 000 gemeldete Neuinfektionen.
Wieler sieht nun einen Wettlauf zwischen Impfkampagne und dem mutierenden Virus. Die Ziellinie sei aber in Sicht: Wenn es keine Unterbrechungen wegen Produktionsausfällen oder aus anderen Gründen gebe, könnten bis Herbst 80 Prozent der Bevölkerung immun gegen das Virus seien. „Wenn das der Fall ist, können alle Maßnahmen aufgehoben werden“, so der Mikrobiologe und Veterinärmediziner. Er geht davon aus, dass nach den ersten Impfrunden Auffrischungen nötig sind - in welchen Abständen, sei bislang unklar.