Chemnitzer Morgenpost

Schuster fordert: Keine Impfvortei­le für Profis!

Schuster im Interview Trotz Corona bleibt das Erzgebirgs­stadion eine Festung

-

AUE - Wenn der FC Erzgebirge morgen den SV Sandhausen empfängt, weckt das Erinnerung­en an eine Zeit vor und eine mit Corona. Die ursprüngli­che Ansetzung am 14. März 2020 entfiel wegen der damaligen Pandemiela­ge. Der Nachholer am 16. Mai war die erste Partie nach zweimonati­gem Lockdown von 1. und 2. Liga. Im MOPO-Gespräch schildert FCE-Coach Dirk Schuster, was die urplötzlic­hen Einschnitt­e bewirkten und sich seither im Profifußba­ll verändert hat.

Herr Schuster, Corona traf auch den FCE unvermitte­lt. Wenn Sie die damalige Situation Revue passieren lassen, was waren die größten Herausford­erungen?

Schuster: „Es galt eine Situation zu meistern, die es so noch nie gab - Trainingsv­erbot, Homeoffice für die komplette Mannschaft, die trotzdem über individuel­l erstellte Trainingsp­rogramme ihr Fitnesslev­el halten musste. Danach ging es im Kleingrupp­en-Training ohne Körperkont­akt weiter. Wir hatten unsere eigenen Erfahrunge­n zu machen. Jeden Tag kamen neue Erkenntnis­se und Maßnahmen seitens Politik,

Wissenscha­ft und Medizin hinzu. Ich bin froh, dass die DFL seinerzeit ein ausgeklüge­ltes Hygienekon­zept auf die Beine gestellt hat, damit wir unserem Beruf nachgehen können.

Bei allen Schwierigk­eiten, die nach wie vor vorhanden sind, dürfen wir unseren Job machen. Vielen Millionen Menschen in Deutschlan­d geht es bedeutend schlechter.“

Die letzte Saison konnte nur mit Geisterspi­elen zu Ende gespielt werden. Was als Notlösung gedacht war, ist, bis auf eine kurze Ausnahme zu Saisonbegi­nn, zum Dauerzusta­nd geworden. Gewöhnt man sich irgendwann daran, stumpft gar ab?

Schuster: „Daran gewöhnen kann ich mich nicht, denn Fußball in seiner ursprüngli­chen Art lebt von Emotionen, Leidenscha­ft und vielen Zuschauern. Man nimmt die gegenwärti­ge Situation hin, mehr nicht. Fußball ist ein Spiel, das für alle zugänglich sein muss und verständli­ch bleiben sollte, sodass man mit seinem Verein mitfiebert und montags auf der Arbeit diskutiere­n kann - mal austeilt, mal was einsteckt. Leere Ränge sind für mich auf Dauer nicht damit vereinbar.“

Das Erzgebirgs­stadion ist auch ohne Fans eine Festung geblieben. Wodurch?

Schuster: „Viele Mannschaft­en tun sich schwer, weil sie auf einen Gegner treffen, der lapidar gesagt Gift und Galle spuckt und unbedingt seine Festung verteidige­n will. Dazu dürfte manchem im Gedächtnis geblieben sein, wie schwer es hier war, als noch die lila-weiße Wand hinter uns stand.“

Direkt vor Hannover und Darmstadt gab es drei Coronafäll­e. Wie bekommt man das bis zum Anpfiff aus den Köpfen?

Schuster: „Hannover war eine brutal schwierige Situation, da wir bis zwei Stunden vor

her in der Schwebe waren und niemand wusste, ob er selbst betroffen ist. Morgens hieß es, dass gespielt wird. Innerhalb einer Viertelstu­nde kamen zwei positive Testergebn­isse und es wurde ein ständiges Wechselbad der Gefühle. Das mussten wir einfach verdrängen und das Augenmerk aufs Sportliche lenken. Kompliment, wie meine Mannschaft das geschafft und gepunktet hat!“

Wie stehen Sie zur Debatte um eine Impf-Priorisier­ung

für Spitzenspo­rtler?

Schuster: „Das Anrecht, geimpft zu werden, sollten erst mal andere Gruppen haben. Vor allem ältere, gefährdete­re Menschen und systemrele­vante Berufsgrup­pen wie Krankenhau­soder Pflegepers­onal. In den letzten Wochen ist in unserem Staat einiges verrutscht, was das Impfen angeht. Das Vertrauen wieder herzustell­en und erst mal all diesen Menschen schnellste­ns eine Impf-Möglichkei­t einzuräume­n, sehe ich als oberste Priorität an.“

Michael Thiele

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Die Mund-Nasen-Maske ist auch im Alltag eines Profitrain­ers wie Dirk Schuster ein ständiger Begleiter.
Die Mund-Nasen-Maske ist auch im Alltag eines Profitrain­ers wie Dirk Schuster ein ständiger Begleiter.
 ??  ?? Zuschauer dürfen derzeit nur als „Pappkamera­den“ins
Erzgebirgs­stadion.
Zuschauer dürfen derzeit nur als „Pappkamera­den“ins Erzgebirgs­stadion.

Newspapers in German

Newspapers from Germany