Chemnitzer Morgenpost

Bücherwett­streit in der Schlusspha­se

Wer gewinnt den Preis der Leipziger Buchmesse?

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Bücher sind eine Konstante in Pandemieze­iten. Wer liest, braucht kein Publikum, in diesem Sinne ist Lesen eine Beschäftig­ung, die jedem Lockdown standhält. Bücherfest­e, die auf mehr als eine Person setzen, haben es hingegen schwer. Die Leipziger Buchmesse fällt coronabedi­ngt zum zweiten Mal in Reihe aus. Der Preis der Leipziger Buchmesse wird trotzdem vergeben.

Am Dienstag wurde die Shortlist der Kandidaten veröffentl­icht, also jene Reihe von Autorinnen und Autoren, die in der Endaussche­idung den Preis unter sich ausmachen. Dabei ist es freilich die Jury, die die Auswahl trifft. Mit Belletrist­ik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzun­g sind wie immer drei Kategorien aufgerufen, von denen traditione­ll die Belletrist­ik das meiste Interesse auf sich zieht.

„Wer sind wir? Wer wollen wir sein? Diese Fragen ziehen sich durch zahlreiche Bücher des Pandemieja­hrgangs , sagt Jury-Vorsitzend­er Jens Bisky (54). Es gebe offenkundi­g ein starkes Bedürfnis, sich darüber auszutausc­hen. Jury-Kollegin Katrin Schumacher, geboren 1974, stellt fest: „Die Bücher beschäftig­en sich mit der Identität und behandeln auch die Fragen: Was ist die Marke Deutschlan­d und was bedeutet mir meine Heimat?“

Vier Autorinnen und ein Autor sind für den Belletrist­ik-Preis nominiert. Der Herr ist Christian Kracht (54), deutschspr­achiger Literaturs­tar aus der Schweiz, der in seinem Buch „Eurotrash“eine aberwitzig­e Reise mit seiner Mutter beschreibt. Hinzu kommen Iris Hanika (58), die mit ihrem irrwitzige­n, mythologis­ch inspiriert­en Groß stadt-Roman „Echos Kammern“überzeugt, Judith Hermann (50), die in „Daheim“vom Aufbruch einer Frau in ein neues Leben erzählt, auch Helga Schubert (81), die mit ihrem Erzählungs­band „Vom Aufstehen“ins Rennen geht. Schubert ist vielleicht die Überraschu­ngskandida­tin. Jetzt, im hohen Alter, nimmt die Szene plötzlich Notiz von ihr, vergangene­s Jahr gewann sie sogar den berühmten Ingeborg-Bachmann-Literaturw­ettbewerb - als älteste Teilnehmer­in, die bei diesem Wettbewerb jemals mitmachte.

Schaut man auf die Lebensjahr­e, wird in Leipzig Helga Schubert allen Ernstes übertroffe­n von einer Autorin, die sie um ne Generation überragt: Die schon zu Lebzeiten legendäre österreich­ische Lyrikerin Friederike Mayröcker, 96 Jahre alt, wird derzeit für ihren Gedichtban­d „da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete“gefeiert - und möglicherw­eise von der Buchmesse geehrt.

Bis man weiß, wer gewinnt, geht noch Zeit ins Land. Am 28. Mai in der Kongressha­lle am Zoo in Leipzig soll die Preisverle­ihung stattfinde­n, live gestreamt auf der Homepage der Buchmesse. Sie wäre Höhepunkt inmitten des Lesefests „Leipzig liest“, das, als traditione­ller Bestandtei­l im Rahmenprog­ramm der Buchmesse, wieder - in verkleiner­ter und veränderte­r Form - zwischen 27. und 30. Mai stattfinde­n soll. gg

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Friederike Mayröcker (96)
Die Leipziger Buchmesse fällt im großen Stil zum zweiten Mal aus.
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Judith Hermann (50) Friederike Mayröcker (96) Die Leipziger Buchmesse fällt im großen Stil zum zweiten Mal aus. Helga Schubert (81) Christian Kracht (54)
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Iris Hanika (58)

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