Chemnitzer Morgenpost

Ein Mann liebt am Abgrund

Fabian oder Der Gang vor die Hunde

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Es beginnt in der U-Bahn. Die wackelnde Kamera fährt im Heute los, streift durch den Bahnhof und taucht auf der anderen Seite im Berlin der Weimarer Republik wieder auf. Da steht er, der Fabian. Neben ihm erscheint ein Mann, das Gesicht vom Krieg zerstört. Regisseur Dominik Graf hat sich in seinem neuen Film „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“einem Roman von 1931 gewidmet - einer Erzählung von Erich Kästner (18991974).

Die Geschichte erzählt vom Germaniste­n Jakob Fabian (Tom Schilling), der bald seinen Job als Werbetexte­r verlieren wird. Er vergnügt sich mit Alkohol und Frauen und streift mit dem unglücklic­h verliebten Labude (Albrecht Schuch) durchs Nachtleben. Bald lernt Fabian Cornelia Battenberg (Saskia Rosendahl) kennen. Sie will Schauspiel­erin

werden. Zwis beiden entwickelt s eine Liebe, die ga leichtfüßi­g erzählt wird Doch der Abgrund ist schon zu nah, die Geschichte wird tragisch enden. Wie vieles in der Zeit.

Berlin als sündiges Kuriosität­enkabinett, so zeigt es der Film a der einen Seite. Da w den Eisblöcke zerh und ausgedacht­e sib Akzente genutzt. Mit träumt Meret Becker in ei ner fantastisc­h herunterge­kommenen Rolle von einem Männerbord­ell. Und während die Menschen sich nach Liebe sehnen und in Eitelkeite­n untergehen, erstarkt im Hintergrun­d der Nationalso­zialismus.

Dabei nutzt Regisseur Graf viele filmische Mittel. Der Streifen hat ein quadratisc­heres Bildformat. Manchmal führt eine wackelige Kamera durchs Geschehen. Man sieht Zusammensc­hnitte aus historisch­en Aufnahmen und gespielten Szenen, aus lauter Musik und leisen Dialogen. So entsteht eine fasziniere­nde Collage. Doch hat der Film seine Längen und will mit all den Stilmittel­n zu viel.

Graf („Die Katze“, „Im Angesicht des Verbrechen­s“) ist fast selbst eine sagenumwob­ene Figur. Wenn er einen „Polizeiruf“oder einen „Tatort“dreht, freut das viele Fans. Manche Zuschauer aber fühlen sich von seinen selten geradlinig­en Filmen oft überforder­t. Hier interessie­rt er sich - mehr als Kästner - für die Liebesgesc­hichte, zeigt sie fiebrig, berauschen­d, überborden­d.

In drei Stunden erzählt „Fabian“nun vordergrün­dig eine romantisch­e Geschichte, fragt aber auch, ob man als moralische­r Mensch in einer unmoralisc­hen Welt bestehen kann. Mit Tom Schilling, Saskia Rosendahl und Albrecht Schuch wurde dafür eine tolle Besetzung gefunden.

Fazit: Großes Kino - formal atemlos, mitunter anstrengen­d. Julia Kilian

 ??  ?? Starke Erich-KästnerVer­filmung: Am Ende der Weimarer Republik erlebt Fabian (Tom Schilling, kl. F.) eine rauschhaft­e Liebe.
Starke Erich-KästnerVer­filmung: Am Ende der Weimarer Republik erlebt Fabian (Tom Schilling, kl. F.) eine rauschhaft­e Liebe.

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