Alt, verbittert und dement
Viggo Mortensen hat mit seiner Intensität vor der Kamera schon oft beeindruckt. Dreimal war der dänisch-amerikanische Schauspieler für einen Oscar nominiert - nun gibt er als Regisseur ein bewegendes, starkes Debüt.
Das Vater-Sohn-Drama „Falling“, in dem der 62-Jährige auch eine Hauptrolle spielt, ist aufwühlender Stoff. Als Regisseur und Drehbuchautor führt Mortensen schonungslos die Auswirkungen von Demenz und das Drama einer zerrütteten Familie vor Augen. Er selbst spielt den homosexuellen Piloten John, der mit seinem Partner Eric und der gemeinsamen Adoptivtochter in Los Angeles wohnt. Sein greiser, verwitweter Vater Willis (Lance Henriksen) kann nicht länger alleine auf seiner Farm leben. John will ihn nach Kalifornien holen, doch schon auf dem Flug wird der verbitterte Mann mit Hasstiraden ausfällig.
Seinen Sohn beschimpft er als Schwuchtel und Hurensohn - und das ist noch harmlos. Rückblenden zeigen Willis als strengen jungen Vater, gespielt von dem Schweden Sverrir Gudnason. Seine Härte und der Jähzorn sind kaum zu ertragen, die Mutter läuft mit John und dessen kleiner Schwester Sarah davon.
Mortensen, der auch die Musik für „Falling“schrieb und das Drama mitproduzierte, wurde von seiner Familiengeschichte inspiriert. Der eigene, dominante Vater verließ die Familie, als er elf Jahre alt war. Beide Elternteile erkrankten an Demenz. Es ist zwar kein autobiografischer Film, aber es könnte kaum persönlicher sein.
Fazit: Aufwühlend.
Barbara Munker (Schauburg, PKO, Thalia)