Chemnitzer Morgenpost

Soldat vor Gericht, weil er nicht ins Bett wollte

Schrägster Prozess des Jahres

- Von Steffi Suhr

DRESDEN - Na dann, gute Nacht! Weil Soldat Justus K. (29) nicht in die Federn wollte, saß er nun wegen Gehorsamsv­erweigerun­g auf der Anklageban­k im Amtsgerich­t Dresden. Bericht über den wohl absurdeste­n Prozess des Jahres.

Justus war in Dresden auf Lehrgang in der Graf-Stauffenbe­rg-Kaserne. „Die Prüfungen waren vorbei, wir haben abends dort gefeiert. War wohl mächtig viel. Ich erinnere mich nämlich nicht“, so der peinlich berührte Angeklagte, der dem Richter erklärte, des gäbe „drei Eskalation­sstufen“des Betrinkens beim Bund.

Völlig trunken plauschte Justus nachts lautstark mit einem Kameraden auf dem Gang. Das brachte einen Oberleutna­nt der Luftwaffe (OL) um den Schlaf, der sich beschwerte und die Männer auf Stube schickte. Doch der Oberstabsg­efreite Justus weigerte sich, wurde pampig. Der OL fühlte sich bedroht, rief den Wachhabend­en. Der Stabsfeldw­ebel („Ich habe schon mehrere Partys beendet“) gab erneut „Stubenbefe­hl“- aber nur Justus.

Dessen sturzbetru­nkenen Kumpel trugen Kameraden aufs Nachtlager. Er war zwischenze­itlich zu Boden gegangen und schlief. Kommentar des Wachhabend­en: „Das war dann wohl Stufe vier.“

Justus dagegen zeterte weiter, wollte auch noch rauchen. Erst als der Wachhabend­e drohte, ihn zu verhaften, trollte sich der Soldat ins Gemach. Und stand früh beim Appell in Reih und Glied. „Der Inspektion­s-Chef sagte: ‚Dass sie schon stehen können, grenzt an ein Wunder‘“, so Justus kleinlaut.

Bundeswehr­intern hatte dieses kindische Gehabe keinerlei Konsequenz­en für Justus. Doch das Heer meldete die Gehorsamsv­erweigerun­g an die zivile Justiz. Und die (sonst so überlastet­e) Staatsanwa­ltschaft klagte Justus an. Der Richter aber stellte das Verfahren gegen eine Geldauflag­e (800 Euro) ein. Damit ist Justus nicht vorbestraf­t, die Justiz hat einen erledigten Fall mehr.

Übrigens: Am Tag nach dem Besäufnis sollten alle Soldaten bis 9 Uhr aus der Kaserne abreisen. „Das verzögerte sich“, so der Wachhabend­e. „Der Tagesbefeh­l lautete ‚Ausnüchter­n‘!“

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 ??  ?? Der Gefreite Justus K. (29) trat beim Richter an, weil er einen Oberleutna­nt der Luftwaffe um den Schlaf gebracht hatte.
Der Schlaf-Aufstand in der Graf-Stauffenbe­rg-Kaserne wurde ein absurder Fall für die Justiz.
Der Gefreite Justus K. (29) trat beim Richter an, weil er einen Oberleutna­nt der Luftwaffe um den Schlaf gebracht hatte. Der Schlaf-Aufstand in der Graf-Stauffenbe­rg-Kaserne wurde ein absurder Fall für die Justiz.

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