Chemnitzer Morgenpost

Der Märchenkön­ig träu von der Semperoper

Vor 160 Jahren kam Ludwig II. von Bayern völlig unvorberei­tet auf

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Es war einmal ein Märchenkön­ig. Der ließ prächtige Märchensch­lösser bauen, die weit und breit ihresgleic­hen suchten. Auch die Musikstars seiner Zeit förderte er nach Kräften. Zwar galt er innenpolit­isch als Niete und außenpolit­isch als Verräter, doch noch immer verbindet ihn sein Volk der Bayern mit der „guten alten Zeit“. Vor 160 Jahren, am 10. März 1864, wurde Ludwig II. in München zum König proklamier­t. Wegen seiner Schulden und seiner starrsinni­gen Flucht in eine Traumwelt wurde er später für geisteskra­nk erklärt und vom Thron gefegt. Da nahm er sich mit 40 Jahren das Leben. Oder war es Mord?

Die Eltern hatten sich auf den Namen Otto geeinigt. Doch weil der kleine Prinz 1845 am 59. Geburtstag seines Großvaters Ludwig geboren wurde, setzte dieser sich durch. Der war immerhin König. Ludwig I. musste kurz darauf im Revolution­sjahr 1848 abdanken, auch wegen seiner „Weiberg’schichten“. Sohn Maximilian übernahm, der starb aber bereits 1864 nach kurzer Krankheit. So musste der gerade einmal 18

Jahre alte Ludwig mit der empfindsam­en Seele und dem träumerisc­hen Wesen völlig unvorberei­tet das Amt antreten. Der 1,93-Meter-Hüne war zwar schön wie ein junger Gott, doch das sollte ihm nicht viel helfen. Denn die Macht des Monarchen war laut Verfassung längst auf die eines Grüßaugust­s geschrumpf­t. Er durfte einige Posten wie die des Ministerpr­äsidenten besetzen, doch die Politik wurde zwischen dem Landtag und der Ministeria­lbürokrati­e ausgehande­lt. Der König durfte nur brav unterschre­iben.

Ludwig suchte sich andere Aufgaben. Der Teenager schwärmte von der Musik Richard Wagners. Schon drei Monate nach Amtsantrit­t lud er den überschuld­eten Steuerflüc­htling und Revoluzzer, der wegen

 ?? ?? Märchenkön­ig Ludwig II. in späteren Jahren. Er hatte sich in eine private Traumwelt zurückgezo­gen, in welcher alles eine Kulisse für Wagnersche Opern sein könnte. Beliebt wurde er erst posthum.
Märchenkön­ig Ludwig II. in späteren Jahren. Er hatte sich in eine private Traumwelt zurückgezo­gen, in welcher alles eine Kulisse für Wagnersche Opern sein könnte. Beliebt wurde er erst posthum.

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