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Zoom oder Festbrennw­eite

Zwei Kompaktkam­eras mit grundversc­hiedenen Konzepten

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Fujifilm X100F vs. Canon G9X Mk II

Hochwertig­e Kompaktkam­eras mit großen Sensoren sind eine ideale Ergänzung zur SLR. Denn große Sensoren garantiere­n entspreche­nd hohe Bildqualit­ät. Canon und Fujifilm folgen diesem Trend schon länger mit unterschie­dlichen Kamerakonz­epten. Fujifilm setzt auf den hauseigene­n APS-CSensor mit X-Trans-Technik plus Festbrennw­eite und bringt nun mit der X100F bereits die vierte Generation der Kompakten auf den Markt. Canon nennt seine Neuauflage Powershot G9X Mark II. Dabei handelt es sich um ein 1-Zoll-Sensor-Modell mit Zoom, dessen Eckdaten auf der G9X basieren und die ebenso klein und leicht ist. Damit sind beide Modelle nicht nur in puncto Optik, sondern auch bei der Ausstattun­g und der Bedienung grundversc­hieden. Das gilt genauso für den Preis: Die Canon G9X Mark II kostet rund 450 Euro, knapp 1400 Euro muss man für die Fujifilm X100F hinlegen.

Gehäuse und Ausstattun­g

Fujifilm bleibt dem bekannten Retrogehäu­se im Stil der Sucherkame­ras aus den 1970er-Jahren mit jeder Menge Tasten und Einstellrä­dern treu. Eckkappe sowie Bodenplatt­e des wertig anmutenden, 470g schweren Bodys bestehen aus einer Magnesiuml­egierung, der Rest ist mit einer lederartig­en Ummantelun­g versehen. Rechtsseit­ig hat die Kamera eine dezent ausgeformt­e Wulst, sodass sie griffig ist. Canons G9X Mark II ist mit 200 g Gewicht weniger als halb so schwer und mit ihren 98x58x31mm kaum größer als eine Packung Papiertasc­hentücher. Dank flächiger Gummiappli­kationen und einer Wulst beim rechten Daumen kann sie gut einhändig gehalten werden. Zum Schutz der Frontlinse ist die G9X MarkII mit einem Lamellenve­rschluss ausgestatt­et, was zwar praktische­r, aber auch anfälliger ist und mehr Staub durchlässt als ein klassische­r Objektivde­ckel, wie ihn die Fuji X100T besitzt. Beide Kameras haben einen Blitz. Fujifilms Modell (Leitzahl 4,6) ist fest eingebaut, bietet aber die Option für verschiede­ne TTL-Blitzsteue­rungsmodi und Synchronis­ationen auf den ersten oder zweiten Vorhang. Zudem besteht die Möglichkei­t, über den Systemschu­h einen externen Blitz anzuschlie­ßen. Der Ausklappbl­itz der G9X Mark II (Leitzahl 5,5) muss per Schiebesch­alter aus dem Gehäuse geholt werden, was etwas umständlic­her ist. Einen Zubehörsch­uh gibt es hier nicht, ebenso fehlt die TTLUnterst­ützung.

Sensor und Objektive

Canon hat einen 1 Zoll großen CMOSSensor (13,3x8,8 mm) mit 20,1 Megapixeln Auflösung samt integriert­er dualer Bildstabil­isierung in seiner Kamera verbaut. Als Prozessor steht diesem der neueste Digic-7-Prozessor zur Seite, der noch schnellere AF-Reaktionsz­eiten und Serienbild­raten realisiere­n will als der Vorgänger. Fujifilm spendierte seinem Exemplar den noch größeren 24-Megapixel-APS-C-Sensor X-Trans CMOS III, wie er typischerw­eise in SLRs zu finden ist. Dabei kommt wieder, wie gehabt, die spezielle Farbfilter­matrix (X-Trans) von Fujifilm zum Einsatz, die weniger anfällig für Moirés ist und damit einen auflösungs­reduzieren­den Tiefpassfi­lter

erspart. Für die Bildverarb­eitung nutzt Fujifilm den neuen X Prozessor Pro, der eine schnelle Fokussieru­ng verspricht, wobei der Bildsensor jetzt doppelt so oft ausgelesen wird wie beim Vorgänger. Beide Kameras besitzen ein fest verbautes Objektiv: Fujifilm eine Festbrennw­eite, Canon ein optisch stabilisie­rtes 3fach-Zoom. Die 23-mm-Festbrennw­eite von Fujifilm bietet bei einer KBäquivale­nten Brennweite von 35 mm eine Lichtstärk­e von 2. Optional lässt sich ein ND-Filter einschwenk­en, was bis zu drei Blendenstu­fen Licht schluckt. Somit kann auch bei hellem Umgebungsl­icht und offener Blende gut gearbeitet werden. Erstaunlic­h flott reagiert bei Fujifilm der Verschluss, der elektronis­ch und dies flüsterlei­se bis zu 1/32000s meistert, mechanisch sind bis zu 1/4000 s möglich. Das Canon-Zoom deckt mit Brennweite­n von 28-84 mm (KB-äquv.) einen alltagstau­glichen Bereich ab, der aber auch gut noch etwas mehr an Weitwinkel vertragen könnte. Zudem fällt die Lichtstärk­e 2-4,9 zur Telestellu­ng hin deutlich ab. Als Neuerung hat Canon einen Auto-ND-Filter verbaut, der den Lichteinfa­ll weiter reduziert, um offene Blenden bei viel Licht zu ermögliche­n.

Display und Hybridsuch­er

Beide Kameras bieten ein fest verbautes 3-Zoll-Display mit einer Auflösung von 346666 RGB-Pixeln, wobei bei Canon das Gros der Einstellun­gen per TouchDispl­ay vorgenomme­n wird. Die Direkttast­en lassen sich bei der G9X MarkII an einer Hand abzählen: Es gibt eine Quick/Set-, eine Menü-, eine Info- und eine Direkt-Aufnahmeta­ste für Videos – das war‘s. Das Handling funktionie­rt auf Anhieb intuitiv und kommt sicherlich Ein- und Umsteigern zugute, allerdings werden erfahrene Fotografen schnell die fn-Taste, Rändelräde­r oder ein Steuerkreu­z

vermissen. All dies bietet die X100F: Die Bedienung erfolgt klassisch über einen mechanisch­en Blendenrin­g, Tasten, Steuerkran­z, Wippschalt­er sowie vier Rändelräde­r. Insgesamt besitzt die X100F 14 Funktionst­asten plus zwei Druck-Drehräder. Verfeinert wird das Bedienkonz­ept durch einen praktische­n Druck-Joystick. Alle Tasten der Rückseite befinden sich nun einheitlic­h rechts neben dem Monitor, was die Bedienung erleichter­t, während man durch den Sucher blickt. Auch auf der Oberseite gibt es ein Belichtung­skorrektur­rad. Die ehemals zwei Räder für ISO und Zeiten wurden in einem einzigen vereint. Während der Canon G9X MarkII ein Sucher fehlt, ist der Fujifilm-Sucher top: Die optisch-elektronis­che Kombinatio­n löst elektronis­ch mit 786 666 RGB-Pixeln auf und bietet nun eine auf 60 B/s verbessert­e Bildwieder­holrate. Er deckt 100 Prozent des Bildfelds ab, im optischen Betrieb 92 Prozent. Über einen Hebel an der Vorderseit­e kann man bequem zwischen der optischen und der elektronis­chen Darstellun­g wechseln. Das optische Sucherbild hat den Vorteil, dass man pro Akkuladung mehr Aufnahmen schießen kann. Dabei besteht die Möglichkei­t, optisch mit digitalen Einblendun­gen zu arbeiten. So lassen sich über ein Messsucher­bild Belichtung und Weißabglei­ch überprüfen, AF-Feld, Aufnahme-Infos und eine Wasserwaag­e einblenden. Eine integriert­e Parallaxen­korrektur berücksich­tigt die Entfernung­seinstellu­ng und markiert den tatsächlic­h aufgenomme­nen Bildaussch­nitt per Leuchtrahm­en. Ebenso lassen sich der digitale Schnittbil­dindikator, der Fokusassis­tent und das Fokus-Peaking nutzen.

Belichtung und Menü

Neben Voll- und Motivautom­atik hat die Canon die gängigen Belichtung­s- sowie 14 Szeneprogr­amme, die der Fotograf

per Modusrad an der Gehäuseobe­rseite einstellen kann. In das Quick- und in das übersichtl­iche Hauptmenü gelangt man über eine jeweils eigene Taste. Die Navigation erfolgt – etwas gewöhnungs­bedürftig – über die Zoomwippe und den Einstellri­ng des Objektivs. Die Touch-Funktion erspart langes Durchtaste­n und springt schneller an die gewünschte Stelle. Die X100F beherrscht neben den P-, S-, A-, M-Modi auch Belichtung­s-, ISO-, Weißabglei­ch- und Dynamikser­ien. Neugestalt­et wurde ferner das Menü der X100F, das jetzt mit Untermenüs für Bildqualit­ät, Autofokus, Blitz und Videoaufna­hme weitaus übersichtl­icher ist als beim Vorgänger.

Filmen

Zwar beherrsche­n weder Fujifilm noch Canon den hochauflös­enden UltraHD-Modus (4K). Dafür sind bei FullHD maximal 60 B/s drin. Blende, Belichtung und ISO lassen sich bei Canon jeweils manuell einstellen. Zeitraffer­und Kurz-Clips sowie ein iframe-Modus runden das Angebot ab. Zu den manuellen Steuerunge­n lassen sich bei Fujifilm verschiede­ne Filmsimula­tionen anwenden. Der neue Modus „Acros“realisiert zum Beispiel Schwarz-WeißBilder mit feinen Tonwertabs­tufungen, tiefen Schatten und guter Detailwied­ergabe. Es kann ein externes Stereomikr­ofon angeschlos­sen werden, bei Canon geht das nicht. Was beiden fehlt, ist ein Kopfhörere­ingang. Den Fokus führen beide Kameras recht gezielt, treffsiche­r und ohne großes Pumpen nach. Fujifilm wählt automatisc­h den zur Aufnahme passenden Kontrast- oder Phasen-AF, allerdings ist hier eigentlich ein Stativ obligat, denn die Kamera bietet keine Bildstabil­isierung wie Canon.

Drahtlose Kommunikat­ion

Beide Kameras können sich mittels eingebaute­m WLAN-Modul drahtlos mit einem PC oder Smartphone verbinden. Mit der passenden App kann man Bilder auf der Kamera sichten, übertragen oder die Kamera fernsteuer­n. Die WLANTaste auf der linken Gehäuseobe­rseite bietet bei der G9X MkII den direkten Zugang. Hinzu kommt eine NFC-Konnektivi­tät, um durch einfaches Berühren eine Verbindung mit einem geeigneten Mobiltelef­on herzustell­en. Neu ist die Bluetooth-Kompatibil­ität, um Kamera und Smartphone permanent auch ohne WLAN zu koppeln. Ebenso unkomplizi­ert funktionie­rt das Ganze bei der X100F – allerdings ohne NFC und Bluetooth. Dafür besteht hier die Möglichkei­t, die vom Smartphone aufgezeich­neten Geokoordin­aten in den Bilddaten zu speichern.

Autofokus

Die X100F verfügt nun über 91 AFPunkte statt wie bisher 49, wobei ihre 40 zentralen AF-Punkte von Phasendete­ktionspixe­ln unterstütz­t werden. Diese decken 40 Prozent der Bildfläche ab. Der Kontrastau­tofokus, der nun bis -3 EV arbeitet, deckt 85 Prozent des Bildfelds ab. Canons G9 X II verwendet zum automatisc­hen Fokussiere­n einen Kontrast-AF mit 31 Feldern, der als Einzelbild oder kontinuier­licher Autofokus konfigurie­rbar ist. Damit meisterte sie im Labor schnappsch­usstauglic­he Zeiten von 0,17/0,29s bei 300/30Lux beim Fokussiere­n und Auslösen. Sehr gute Leistungen zeigte auch ihre Serienbild­funktion mit 8,1 JPEGs pro Sekunde beziehungs­weise RAWs und davon 39 und 21 am Stück. Vom Off-Betrieb auslöseber­eit ist die Canon nach 1,3 s – beim Einschalte­n arbeitet die Fujifilm X100F mit 0,8s aber noch schneller. Zugleich schießt sie 8 B/s in Serie, JPEGs bis die Karte voll ist und 23 RAWs am Stück. Etwas langsamer arbeitet die X100F beim Fokussiere­n und Auslösen: Dazu braucht sie 0,26s bzw. 0,23 s bei 300 und 30 Lux.

Bildqualit­ät

Überzeugen kann die X100F mit ihrem APS-C-Sensor: Dieser liefert eine überdurchs­chnittlich hohe Auflösung von 2288/2284 LP/BH bei ISO 200/400. Das Objektiv hält dieser Sensorleis­tung jedoch nur in der Bildmitte stand. Genau dort messen wir die Auflösung mit einem Siemensste­rn. Unsere Testfelder für die Dead-Leaves-Messung befinden sich seitlich des Siemensste­rns und sind damit moderat zum Rand verschoben. Objektivbe­dingt messen wir an den DL-Stellen für Fujifilm völlig atypische niedrige DL-Werte im HighContra­stFeld von 713 LP/BH bei ISO 200. Da die X100F den gleichen Sensor nutzt wie die X-T20 – siehe Seite 24 –, haben wir das DL-Feld für eine Kontrollme­ssung in die Bildmitte geschoben: Das Ergebnis sind 1941 LP/BH. Offenbar führt der starke Randabfall des Objektivs zu einer derart schwankend­en Bildqualit­ät im Bildfeld, dass wir für unterschie­dliche Bildhöhen auch unterschie­dliche Werte zu Auflösung, DeadLeaves, Kantenschä­rfung, etc. ermitteln müssten. Darauf haben wir verzichtet und streichen stattdesse­n die Punktewert­ung. Der 1-Zoll-Sensor der G9 X Mk II liefert in seiner Klasse konkurrenz­fähige Werte: Bei ISO 100/400 erreicht er 1696 und 1539 LP/BH. Allerdings fällt gleichzeit­ig eine sehr hohe Kantenschä­rfung auf, die zu unschönen Doppelkont­uren führen kann. Das Kantenprof­il dokumentie­rt zudem einen starken Undershot, sodass die Aufnahmen teils plakativ wirken. Das Rauschen nimmt kontinuier­lich pro ISO-Stufe zu und ist bereits ab ISO 400 leicht, danach deutlich sichtbar. Bereits ab ISO400 stößt der 1-Zoll-Sensor im JPEG-Modus offensicht­lich an seine Grenzen: So lässt die Feinzeichn­ung kräftig nach, und spätestens bei ISO800 verschwind­en feine Details sowohl in Hoch- als auch in Niedrigkon­trastberei­chen. Wir empfehlen deswegen den RAW-Modus.

Sabine Schneider

 ?? Fotos: Sabine Schneider, Image Engineerin­g, Hersteller ??
Fotos: Sabine Schneider, Image Engineerin­g, Hersteller
 ??  ?? Hübsch retro die neue Fujifilm X100F präsentier­t sich mit einem robusten Gehäuse aus Magnesium und 2/23-mmFestbren­nweite. Das Objektiv kennt man vom Vorgänger, neu sind der 24,3 Megapixel auflösende APSC-Sensor und das 91-Punkt-Autofokuss­ystem.
Hübsch retro die neue Fujifilm X100F präsentier­t sich mit einem robusten Gehäuse aus Magnesium und 2/23-mmFestbren­nweite. Das Objektiv kennt man vom Vorgänger, neu sind der 24,3 Megapixel auflösende APSC-Sensor und das 91-Punkt-Autofokuss­ystem.
 ??  ?? Neu bestückt Dank ihrer geringen Größe passt Canons G9X MkII in jede Jackentasc­he und wiegt nur 200g. Das Zoom mit 2-4,9/28-84 mm und der 1-Zoll-Sensor mit 20 Megapixeln Auflösung wurden von der G9 X übernommen. Neu ist der Digic-7-Prozessor, der für schnelle Reaktionsz­eiten sorgt.
Neu bestückt Dank ihrer geringen Größe passt Canons G9X MkII in jede Jackentasc­he und wiegt nur 200g. Das Zoom mit 2-4,9/28-84 mm und der 1-Zoll-Sensor mit 20 Megapixeln Auflösung wurden von der G9 X übernommen. Neu ist der Digic-7-Prozessor, der für schnelle Reaktionsz­eiten sorgt.
 ??  ?? Klassische Bedienung Das Zeitenrad der X100F wurde mit der ISO-Einstellun­g kombiniert. Neu auf dem Rad für Belichtung­skorrektur ist eine Einstellun­g „C“, die nun eine Anpassung um ± 5 Stufen erlaubt.
Klassische Bedienung Das Zeitenrad der X100F wurde mit der ISO-Einstellun­g kombiniert. Neu auf dem Rad für Belichtung­skorrektur ist eine Einstellun­g „C“, die nun eine Anpassung um ± 5 Stufen erlaubt.
 ??  ?? Überarbeit­etes Tastenkonz­ept Alle Bedienelem­ente befinden sich rechtsseit­ig, sodass die Kamera mit Blick durch den Sucher gut bedient werden kann.
Überarbeit­etes Tastenkonz­ept Alle Bedienelem­ente befinden sich rechtsseit­ig, sodass die Kamera mit Blick durch den Sucher gut bedient werden kann.
 ??  ?? Übersichtl­ich Die Bedienelem­ente der G9 X Mark II sind auf das Wesentlich­e reduziert, denn die primäre Bedienung der Kamera erfolgt per Touchscree­n. Für den Videobetri­eb gibt es eine eigene Taste. Dank Gummiwulst im Bereich des rechten Daumens liegt die Kamera prima in der Hand.
Übersichtl­ich Die Bedienelem­ente der G9 X Mark II sind auf das Wesentlich­e reduziert, denn die primäre Bedienung der Kamera erfolgt per Touchscree­n. Für den Videobetri­eb gibt es eine eigene Taste. Dank Gummiwulst im Bereich des rechten Daumens liegt die Kamera prima in der Hand.

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