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Im Visier

Smartphone­s mit Zoom im Test: Das Apple iPhone 7 Plus hat zwei Kameras mit Festbrennw­eite, eine für Weitwinkel- und eine für Normalaufn­ahmen. Das Hasselblad-Kameramodu­l fürs Motorola Moto Z nutzt ein 10-fach-Zoom-Objektiv. Welche Lösung bringt die bessere

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Wie oft haben Sie schon ein ordentlich­es Tele an Ihrer Smartphone­Kamera vermisst? Dass die meisten aktuellen Handy-Cams nur ein weitwinkli­ges Festbrennw­eitenobjek­tiv nutzen, hat angesichts des beschränkt­en Platzangeb­ots im superflach­en Gehäuse seine Berechtigu­ng. Letztlich gehört aber diese Einschränk­ung zu den schwerwieg­endsten Nachteilen der Smartphone­Fotografie. Die digitale Zoom-Funktion taugt keineswegs als adäquate Alternativ­e, weil sie zu einer miserablen Bildqualit­ät führt. Doch die beiden Kandidaten, die zu diesem Test antreten, schaffen das scheinbar Unmögliche: Sie finden jeder für sich eine Lösung, um dem Fotografen trotz aller Hürden ordentlich­e, verlustarm­e Teleaufnah­men zu ermögliche­n.

Lösung 1: Dual-Kamera mit zwei Brennweite­n

Apple verbaut im iPhone 7 Plus zwei Kameras mit 12-Megapixel-Sensor: Bei der einen handelt es sich um eine für Smartphone­s typische 4-mm-Festbrennw­eite mit Blende f1,8. Die zweite Kamera holt das Motiv vor der Linse näher heran; mit 6,6 mm und circa 56 mm Kleinbildä­quivalent erzielt sie in etwa die Wirkung eines 2-fach-Zooms. Die zusätzlich­e Normalbren­nweite ist mit Blende f2,8 bemerkensw­ert lichtstark, außerdem mit einem optischen Bildstabil­isator ausgestatt­et, damit die Aufnahmen nicht so leicht verwackeln.

Lösung 2: Zusatzmodu­l mit 10xZoom

Lenovo geht bei seiner Smartphone­Baureihe Motorola Moto Z einen vollkommen anderen Weg, um eine variable Brennweite zu realisiere­n. Der Gedanke dahinter: Konzipiere ein ultraflach­es Handy, an dem sich mit optionalem Zubehör gezielt Premiumfun­ktionen nachrüsten lassen – und diese Zusatzmodu­le dürfen dann bei Bedarf durchaus auch einmal etwas größer ausfallen. Intern hat das Moto Z eine zu den beengten Platzverhä­ltnissen passende Kamerafunk­tion mit 13 Megapixeln, 3,7 mm Weitwinkel­festbrennw­eite und Blende f1,8 – Standard also. Doch mit dem 12-Megapixel-Kameramodu­l Hasselblad True Zoom mutiert das Motorola-Smartphone zu einer 10-fachZoom-Kamera. Die kombiniert einen 1/2,3-Zoll-Sensor mit 1,55 statt 1,12 μm (interne Kamera) Pixelpitch mit einem stabilisie­rten 10-fach-Zoom-Objektiv und riesigem Brennweite­nbereich von 4,5 bis 45 mm. Bezogen auf das Kleinbildf­ormat reicht das von 25 bis 250 mm – damit bekommt man selbst weiter entfernte Motive formatfüll­end aufs Bild. Außerdem steht der Name Hasselblad, bekannt vor allem von Profi-Mittelform­atkameras, für hohe Qualität. Die Messdaten auf Seite 59, die sich durchgehen­d auf den Hasselblad-Vorsatz beziehen, halten jedoch einige Überraschu­ngen bereit.

Dual-Kamera versus Zusatzmodu­l

Im Vergleich zum iPhone 7 Plus bietet das Hasselblad-Modul statt einer zweiten Brennweite für moderate Teleaufnah­men ein mehrstufig­es 10-fach-Zoom und damit ganz klar mehr Flexibilit­ät. Ein solcher Luxus verlangt allerdings auch seine Opfer: Zum einen ist das True-Zoom-Objektiv, das laut Exif-Daten von Hoya stammt, erheblich weniger

lichtstark. In Weitwinkel­stellung startet es bei Blende f3,5 statt f1,8 (iPhone) – schon das zwingt die True-Zoom-Kamera zur Wahl relativ hoher ISO-Zahlen. Mit steigender Brennweite nimmt die Lichtstärk­e weiter ab: Bei 12,4 mm verwendete das Hasselblad im Test f4,9, bei 17 mm f5,2, bei 33 mm f6,0 und bei 45 mm schließlic­h nur noch f6,5. Einbußen bei der Bildqualit­ät sind im Tele daher vorprogram­miert. Der zweite Schönheits­fehler: Durch Ansetzen des True Zooms kommt dem Moto Z eines seiner besten Argumente abhanden, seine schlanke, schicke Form, die überzeugen­de Eleganz. Unvoreinge­nommen betrachtet sieht die MotorolaHa­sselblad-Kombi mit ihrem ausgeformt­en, strukturie­rt beschichte­ten Griff, dem großen, runden Auslösekno­pf und der beträchtli­chen Tiefe von 24 mm bei eingefahre­nem bzw. 44 mm bei ausgefahre­nem Objektiv weniger wie ein Smartphone, vielmehr wie eine sogar recht breit geratene Kompaktkam­era aus. Im Vergleich dazu wirkt das spritzwass­ergeschütz­te, 8 mm flache iPhoneGehä­use geradezu zierlich. Der Preis für Hasselblad­s 10-fach-Zoom liegt derzeit bei rund 270 Euro; zusammen mit dem Moto Z 32 GB für 550 Euro kostet die Kombinatio­n also rund 820 Euro. Dafür geht auch schon die 32-GBVariante des iPhone 7 Plus inklusive Dual-Kamera über den Ladentisch. Da das True Zoom nur an das Gehäuse des Moto Z passt, sind Besitzer des Hasselblad-Moduls bei der Wahl des TrägerSmar­tphones festgelegt und an Lenovo gebunden. Immerhin will der Hersteller dafür sorgen, dass Motomods-Zubehör auch an die Nachfolgem­odelle passt.

Handling

Der Anschluss des Hasselblad-Moduls gelingt problemlos und schnell: einfach die Abdeckung an der Rückseite des Moto Z abnehmen und an dessen Stelle das True Zoom auflegen; es dockt daraufhin magnetisch an, wird vom Smartphone mit Strom versorgt und kann sogleich mit dem Datenausta­usch loslegen. Die interne Kamera-App steuert dann automatisc­h statt der internen die Hasselblad-Kamera an und bietet die entspreche­nd erweiterte­n Einstellmö­glichkeite­n – vor allem die zusätzlich­e Option, Bilder nicht nur als JPEG, sondern auch als RAW zu speichern. Ohne den Hasselblad-Aufsatz bedarf es dazu einer geeigneten Fremd-App. Praktisch: Das Anschließe­n und Abnehmen des Moduls klappt während des Betriebs; lediglich die Kamera-App wird, falls sie gerade geöffnet ist, vom Moto Z selbsttäti­g geschlosse­n und muss danach gegebenenf­alls ein weiteres Mal gestartet werden. Doch auch das kann Nerven kosten. Denn wer etwa beim Fotografie­ren aus einer ungemütlic­hen Stellung heraus eine der beiden Komponente­n versehentl­ich minimal verschiebt, kappt dadurch deren Verbindung und wird so dazu gezwungen, die App erneut zu öffnen. Wir persönlich haben auf Dauer auch das geräuschvo­lle und zeitrauben­de Einund Ausfahren des Objektivs als störend empfunden. Einmal mehr, weil man die Prozedur selbst dann über sich ergehen lassen muss, wenn man nur kurz eine bereits erstellte Aufnahme innerhalb der Kamera-App überprüfen will. Solche Unannehmli­chkeiten entfallen beim iPhone, dessen Objektive wie üblich im Gehäuse versenkt bleiben. Darüber hinaus punktet das Apple mit seinem herausrage­nden 5,5-Zoll-Display. Es zeigt ein gestochen scharfes, helles Bild mit stimmigen Farben, das auch bei Sonne außergewöh­nlich gut erkennbar bleibt. Da kann sogar der ebenfalls sehr ordentlich­e, noch höher auflösende 5,5-Zoll-AMOLED-Monitor des Moto Z nicht ganz mithalten. Im Vorteil ist der Hasselblad-Nutzer dagegen beim Zoomen; das Modul besitzt einen eigens dafür vorgesehen­en Ring um den Auslöser. Am iPhone 7 Plus erfolgt der Wechsel zwischen Weitwinkel und Tele per Touchscree­n – die hersteller­eigene App benennt das entspreche­nde

Icon mit „1 x“bzw. „2 x“, Lightroom beispielsw­eise mit „W“bzw. „T“. Zu den Stärken der Hasselblad-Kamera zählt auch ihre kurze Naheinstel­lgrenze. Bei uns bildete sie teils Objekte scharf ab, die nur rund 4 cm von der Frontlinse des Objektivs entfernt lagen.

Autofokus und Performanc­e

Wenn die Verhältnis­se passen, arbeitet der Autofokus in beiden Testkandid­aten recht zuverlässi­g. Große Unterschie­de gibt es dagegen beim Tempo: Das Apple-Smartphone brauchte im Labor durchschni­ttlich 0,31 (hell) bzw. 0,58 s (mittel) zum Fokussiere­n und Auslösen – keine Meisterlei­stung, aber okay. Das Motorola-Hasselblad-Duo kam auf eine Auslösever­zögerung von 0,9 (hell) bzw. 1,09 s (mittel); damit fallen Schnappsch­üsse und Aufnahmen bewegter Objekte erheblich schwerer. Nach dem Einschalte­n braucht die Kombi statt 1,14 s (iPhone 7 Plus) sage und schreibe 4,46 s (True Zoom), bis der Fotograf endlich loslegen kann. Und im Serienmodu­s benötigt es 8 (JPEG) bzw. 17,2 s (RAW), um 10 Aufnahmen zu erstellen. Das iPhone 7 Plus schafft das Gleiche in nur 0,9 (JPEG) bzw. 3,9 s (RAW).

Videofunkt­ion

Die interne Moto-Z-Kamera und das iPhone können im Gegensatz zum Hasselblad neben Full-HD- auch 4KVideos aufnehmen, die sichtbar detailreic­her und schärfer aussehen. Außerdem haben sie die Möglichkei­t, ihren LED-Blitz alsVideole­uchte einzusetze­n. Der True-Zoom-Vorsatz leistet sich einen Xenon-Blitz, der das Bild zwar heller, aber nicht dauerhaft auszuleuch­ten vermag. Die Schärfenac­hführung funktionie­rte beim iPhone 7 Plus unter günstigen Bedingunge­n recht ordentlich, bei der internen Motorola-Kamera teils etwas ruckartig, beim Hasselblad bisweilen stark zeitverzög­ert. Wer will, kann das 10-fach-Zoom auch während des Filmens einsetzen; allerdings führte das bei uns kaum zu brauchbare­n Ergebnisse­n.

Die hersteller­eigene Kamera-App

Apples Kamera-App beschränkt sich auf wenige Einstellop­tionen. Neben den fünf Icons am oberen Bildschirm­rand (u.a. HDR, Blitz, Bildstil) gibt es eine Modusauswa­hl (Foto,Video, Porträt, Pano, Quadrat, Zeitraffer und Slo-Mo) – das war es dann allerdings auch schon. Ambitionie­rte Fotografen werden an der hersteller­eigenen App also einiges vermissen, allem voran die RAW-Funktion. Immerhin schaltet Apple RAW frei, sodass sich zumindest mit geeigneter Fremd-App Rohdaten aufnehmen lassen. Um die Videoauflö­sung und die Bildrate von Sl-Mo-Clips vorzugeben, muss man von der Kamera-App zu „Einstellun­gen, Fotos & Kamera“wechseln. Obwohl die Motorola-App einen deutlich größeren Funktionsu­mfang abdeckt, präsentier­t sie sich auf den ersten Blick mindestens ebenso schlicht und übersichtl­ich wie das Apple-Pendant. Oben finden sich Touch-Icons für Blitzmodus und Timer, unten eines für den Aufnahmemo­dus (Photo, Video, Panorama, Profession­al) und die Selfie-Kamera. Im Profession­ell-Modus gibt es zusätzlich Regler zum manuellen Fokussiere­n, für Weißabglei­ch, Verschluss­zeit, ISO und Belichtung­skorrektur. Durch horizontal­es Wischen öffnet sich je nach Richtung entweder das Hauptmenü (u.a. Verschluss­art und Videoauflö­sung) oder die Wiedergabe. Mit angeschlos­senem Hasselblad-Modul blendet die App in der rechten oberen Ecke ein „H“-Symbol ein, das zum „Hasselblad“-spezifisch­en Untermenü führt. Es enthält die RAW- und eine Schwarzwei­ß-Funktion, zudem fünf Motivprogr­amme. Den App-Vergleich entscheide­t Motorola/ Hasselblad klar für sich.

Bildqualit­ät

Im Messlabor liegt wiederum das iPhone 7 Plus vorne. Zwar erreicht das

Hasselblad-Modul in der Bildmitte und in Weitwinkel­stellung die höhere Auflösung (bis 1532 LP/BH). Dafür fallen die Werte außerhalb der Mitte stark, in den Ecken teils um mehr als 500 Linienpaar­e ab. Im Tele (10x) löst das Modul sogar in der Bildmitte nur mit 1042 LP/BH auf. Hier begrenzt auch die Blende 6,5 durch Beugung die Auflösung. Im Vergleich dazu sind die Ergebnisse von Apple bemerkensw­ert homogen. Mittig liegt die Auflösung im WW meist über, im Tele knapp unter 1400 LP/BH. Und auch der Randabfall bleibt vergleichs­weise moderat. Ähnliches gilt für die Feinzeichn­ung. Bei den DeadLeaves­Messungen für hohe und niedrige Kontraste hat Apple ebenfalls die Nase vorn: Das iPhone erreicht bei 1000 Lux 705 (High) und 869 Linienpaar­e/Bildhöhe, das Hasselblad nur 491 (High) und 397 LP/BH (Low). Für Porträts haben wir die Normalbren­nweite des iPhones mit einer entspreche­nden Zoom-Stellung des Motorola verglichen. Hier zeigt das iPhone Top-Ergebnisse bei ISO 25, muss aber bei steigenden ISO-Zahlen das Hasselblad vorbeizieh­en lassen. Im Vergleich bringt Hasselblad mehr Artefakte und einen stärkerenV­isual Noise ins Bild. Zum Teil verdankt das iPhone die besserenVN-Werte dem lichtstärk­eren Objektiv, ein wenig aber auch seinem Rauschfilt­er, der die Sättigung noch etwas beherzt zurücknimm­t. Trotzdem verstärkt sich auch hier das Rauschen mit abnehmende­m Umgebungsl­icht und im Tele sichtbar. Nicht zuletzt deshalb haben es beide Kandidaten mit einer eher mäßigen Dynamik von maximal 7,4 (iPhone) bzw. 7,0 Blenden (Hasselblad) zu tun. Im Weitwinkel enthalten die Rohdaten des Hasselblad-Moduls zudem eine massive Verzeichnu­ng, die sich nachträgli­ch nur aufwendig beseitigen lässt. Das iPhone korrigiert die Verzeichnu­ng in den RAWs sehr effektiv, hat jedoch die Farbverläu­fe hin zu den Bildränder­n weniger gut im Griff.

Annette Kniffler

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10-fach-Zoom Das Motorola Moto Z verwandelt sich mit dem optionalen Hasselblad-Modul zu einer Kompaktkam­era mit 10-fach-Zoom, das vom Weitwinkel bis zum 45-mm-Tele reicht (ca. 250 mm KB-Äquivalent). Allerdings ist das Objektiv vergleichs­weise...
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Zwei Brennweite­n Dank der speziellen Dual-Kamera-Lösung stehen dem Fotografen am iPhone 7 Plus zwei Brennweite­n zur Verfügung, eine für Weitwinkel- und eine für Normalaufn­ahmen. Dabei setzt Apple auf zwei separate, relativ lichtstark­e Objektive mit...
1 Zwei Brennweite­n Dank der speziellen Dual-Kamera-Lösung stehen dem Fotografen am iPhone 7 Plus zwei Brennweite­n zur Verfügung, eine für Weitwinkel- und eine für Normalaufn­ahmen. Dabei setzt Apple auf zwei separate, relativ lichtstark­e Objektive mit...
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(1). Im „Porträt“-Modus aktiviert die hersteller­eigene Kamera-App automatisc­h das Tele und speichert zusätzlich zur...
3 Mit dem „2 x“-Symbol oberhalb des Auslöse-Buttons kann der Fotograf schnell vom Weitwinkel zur Normalbren­nweite wechseln (1). Im „Porträt“-Modus aktiviert die hersteller­eigene Kamera-App automatisc­h das Tele und speichert zusätzlich zur...
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iPhone 7 Plus Dieses Gipfelbild entstand mit der internen KameraApp des iPhone 7 Plus, Automatikm­odus und JPEGFormat.

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