„…beim Betrachten warm ums Herz wird…..“
Wie bist Du zur Fotografie gekommen? Zum Fotografieren bin ich im Alter von zwölf Jahren gekommen, als mir mein Vater, der auch Fotograf und mein frühes Vorbild war, meine erste Spiegelreflexkamera geschenkt hat: eine Exa 1a mit zwei lichtstarken Zeiss-Objektiven (50 mm und 105 mm). Dazu kamen später eine Exakta Varex, eine Praktisix und zum Abitur eine „Pentacon six“mit weiteren legendären Zeiss-Objektiven. Meine Lust und Leidenschaft am Fotografieren nahmen ein jähes Ende, als es mir vor allem aus gesellschaftlichen Gründen unmöglich gemacht wurde, Fotografie zu studieren. Als zudem 1985 alle meine bis dahin entstandenen Arbeiten im Zuge meiner Übersiedlung von der ehemaligen DDR in die Bundesrepublik verloren gingen, habe ich meine Leidenschaft Fotografie für viele Jahre auf Eis gelegt.
Und heute?
Heute fotografiere ich gerne alles, was nicht inszeniert ist, und alles, was mich umgibt, im täglichen Umfeld oder auch auf meinen Reisen, wo es auch meist die Landschaftsfotografie ist, die ich mit Leidenschaft auslebe, da ich dann Zeit und Muße habe, die es gerade für dieses Genre braucht. Aber auch Menschen in allen Lebenslagen fotografiere ich immer wieder gern, ob in der Freizeit oder im Beruf, wo ich als Historikerin besonders mit jungen Menschen häufig in Kontakt komme und diese dann gerne bei museumspädagogischen Projekten porträtiere.
Wie kommst Du zu Deinen Bildideen?
Wenn es um Landschaftsfotografie geht, finde ich meine Motive meist auf meinen Urlaubsoder Forschungsreisen in Regionen, in die es mich immer wieder zieht, wenn ich völlig vom beruflichen Alltag abschalten möchte, oder die mich weit über mein Betätigungsfeld als Historikerin hinaus beschäftigen. Alles, was mich dann umgibt, inspiriert mich, lässt mich und meine Gedanken treiben, geschichtliche Bezüge herstellen, mich an Musik denken, die ich mit der jeweiligen Landschaft verbinde, egal, ob klassisch oder rockig, in leisen oder kraftvollen Akkorden, entsprechend meiner vorherrschenden Stimmung. Man könnte auch sagen: Dann sprudeln die Ideen ganz von selbst aus mir heraus, umgeben von Landschaften, die ich liebe. Was macht für Dich die Faszination daran aus? Egal, was ich fotografiere, das Besondere für mich bleibt immer, dass ich mit meinen Bildern Geschichten erzähle, kleine oder aber auch recht bewegende, die mich zu berühren vermögen. Ich mache meine Bilder also zuerst für mich, kann mit Fotos auf wunderbare Art und Weise alle meine erlebten Momente für immer festhalten. So betrachte ich sie entsprechend auch gerne und manchmal zeige ich sie auch anderen. Was ist in Deinen Augen die Grundvoraussetzung für gute Landschaftsfotografie? Zuerst gilt es, den Umgang mit dem Gerät zu perfektionieren. Wenn die Grundkenntnisse der Fototechnik und -optik fehlen, dann wird es schwer, sich ausschließlich auf das Motiv konzentrieren zu können. Moderne Kameras machen es einem da heute nicht unbedingt leichter gegenüber der Zeit der Analogfotografie. Aber wenn man sich auf die wichtigsten Einstellungen schon im Vorfeld konzentriert (Brennweite, Blende, ISO, RAW, automatischer Weißabgleich, Seitenverhältnis, Fokusfeld mit flexiblem Spot, Bildfolgemodus, Hilfslicht aus und Adobe RGB eingestellt, sind meine wichtigsten Kameraeinstellungen), dann wird es eher kein Problem sein, immer dann die Einzigartigkeit von Landschaften zu erkennen und festzuhalten, wenn genau der richtige Moment dafür gekommen ist. Dann können Seelenbilder entstehen. Gab es schon einmal eine wirklich schwierige Aufnahmesituation? Schwierig wird es für mich eigentlich immer nur dann, wenn es abzuwägen gilt: Mache ich an bestimmten Orten Fotos oder mache ich da keine Fotos. Das trifft vor allem dann zu, wenn ich mich an geschichtsträchtigen Orten wie z.B. in Auschwitz oder Stutthof aufhalte. In der Regel mache ich Fotos, aber eben nur, wenn ich entsprechend eingestimmt bin, mental und gleichzeitig immer die geschichtlichen Bezüge im Hinterkopf habe. Ich versuche mich einzufühlen in das, was da ein-
mal passiert ist, was bis zur letzten Konsequenz nur sehr schwer oder gar nicht möglich ist. Aber es ist unbedingte Voraussetzung, das behutsame Erspüren der sprechenden Bilder, das Sehen von Dingen mit der Kamera, die nicht mehr da sind bzw. nur noch als Spuren. Alles geschieht immer ganz ohne Zeitdruck. Du hast Dich im Jahr 2006 in der fc registriert. Wie bist Du zur fc gekommen und welche Funktionen der fc schätzt du besonders? In dieser Zeit waren gute Fotoforen dieser Art noch ziemlich rar. Irgendwann bin ich auf die Suche gegangen. Ich erinnere mich noch sehr gut, wann das war. Ich war im Krankenhaus mit einem komplizierten Sprunggelenksbruch und hatte Zeit und vor allem den Wunsch, meine Bilder auch anderen zu zeigen. So bin ich auf die „fotocommunity“gestoßen. Was ich dort besonders schätze, dass man Bilder zeigen kann, andere Fotografen entdeckt und mit ihnen über Bilder diskutieren kann. Die Art der Plattform hat mir von Anfang recht gut gefallen. Viele Fotografen habe ich kennengelernt, mit denen ich heute meine Bilder teile, immer noch in der fc, aber auch genauso oft über andere Netzwerke. Manche habe ich im Laufe der Jahre auch persönlich kennen und schätzen gelernt. Mit einigen würde ich sehr gerne einmal auf Fototour gehen, z.B. mit Jutta Schär ([fc-user:21711]), deren einfühlsame Menschenbilder Geschichten erzählen und die ich ganz besonders mag. Welchen Einfluss hat die fc auf Deine Fotografie? Anregungen hole ich mir vor allem im Austausch mit Fotografen, die ich ganz besonders schätze. Stellvertretend für alle möchte ich hier besonders Johannes Barthelmes nennen ([fc-user:557254]). Seine Street-Fotografie berührt mich zutiefst. Er ist für mich einer, den ich mit den Großen unserer Zeit sehe. Wir leben inzwischen in einer schnelllebigen Zeit. Mit seinen Bildern wird sie ein wenig angehalten, ich halte inne, betrachte, genieße und bin froh, dass einer wie er in der fc seine Bilder zeigt. Und gerne stelle ich hin und wieder eines seiner Menschenbilder im Voting für die Galerie einer breiten Fotografenschar vor, einfach nur so, aus Freude an diesen Bildern. Hast Du fotografische Vorbilder, und wenn ja welche? Hier möchte ich ganz besonders Robert Capa nennen, seine Bilder machen mir immer wieder Gänsehaut. Für mich zählt er zu den ganz Großen unserer Zeit, der ein wenig Michael Christopher Brown gleicht, in der Art zu fühlen und zu sehen. Beide sind für mich absolute Vorbilder in ihrem Tun und ihrer Art mit der Kamera zu sehen. Sie brachten/ bringen uns als Fotoreporter unerschrocken mit ihren Bildern an die Brennpunkte unserer Welt unter Einsatz ihres Lebens. Und Michael Christopher Brown ist einer, der mich letztlich davon überzeugt hat, dass die iPhone-Fotografie keine Spielerei ist, wenn man sie ernsthaft betreibt, egal, ob man als Kriegsreporter oder als Landschaftsfotograf unterwegs ist: www.mcbphotos. com/#/the-libyan-revolution/vv163. Die Bilder finden sich auch in einem Bildband, der im Sommer 2016 erschienen ist. Sie sind allesamt mit einem iPhone und der App Hipstamatic (lens: John s / film: Inas 1935) gemacht, auch eine meiner Lieblingskombinationen (z.B. auf Bornholm) beim Fotografieren mit dem iPhone. Und besonders möchte ich den Maler David Hockney erwähnen. Gerade durch ihn fühle ich mich darin bestätigt, dass Fotografie in der heutigen Zeit unbedingt auch immer etwas mit Innovation in der Kreativität zu tun hat, die im Übrigen keine Altersgrenzen kennt.“ Was macht für Dich Deine persönliche Handschrift aus? Meine Fotografie ist geprägt und getragen von meinen ganz persönlichen Gefühlen der jeweiligen Situation, die zu einem mentalen Höhepunkt führen. Dass er meine Emotionen reflektiert, liegt zum großen Teil am Motiv selbst, aber auch an der jeweiligen Lichtsituation, die oft das Salz in der Suppe ist. Ich mache einzigartige und keine Bilder in der Retorte mit vielen anderen ähnlichen oder gar identischen Situationen. Meine Bilder sind oft sehr farbig (iphone + hipstamatic), in gedämpften Tönen oder ganz in Schwarzweiß, niemals aber nachgeschärft. Man muss sie nicht mögen. Wichtig ist, dass ich sie mag, und das trifft immer dann zu, wenn es mir beim Betrachten warm ums Herz wird. Ob das alles schon eine persönliche Handschrift ist, wage ich nicht zu behaupten. Hin und wieder höre ich es.
Wie präsentierst Du Deine Bilder?
Über verschiedene Internetplattformen, meine eigene Website oder soziale Netzwerke. Und ich präsentiere meine Bilder auch gerne in groß auf Alu-Dibond (gerahmt oder ungerahmt). Sie hängen inzwischen an verschiedenen Orten, bei Freunden, in meinem Büro und natürlich auch bei mir zu Hause. Mit meinen Arbeiten unterstütze ich den gemeinnützigen Verein „helfen ohne grenzen münsterland e.V.“, der mit seinen Projekten den Kampf gegen die oft stigmatisierte Krankheit Depression vorantreibt. Eigens dafür habe ich in diesem Jahr drei Kalender mit meinen Landschaftsbildern produziert (Frisches Haff / Bornholm / Norwegen). Der Verein liegt mir sehr am Herzen, weil er auch gleichzeitig meine eigene Arbeit als Historikerin unterstützt, besonders die Bildungsarbeit in Auschwitz und Stutthof.