AF-Systeme von Canon im Vergleich
Canon Autofokussysteme im Praxistest: Moderne AutofokusSysteme sollen rasend schnell für knackscharfe Bilder sorgen. Die neue COLORFOTO-Praxisserie nimmt die AF-Konzepte verschiedener Hersteller unter die Lupe. Den Anfang macht Canon mit dem Vollformater
Der Vollformater 5D MkIV tritt gegen die 80D mit APS-C-Sensor an
Aktuelle Kameras nutzen die Ergebnisse ihrer Mehrfeld-AF-Messung, um Sicherheit und Komfort beim Fotografieren weiter zu erhöhen – über das reine Scharfstellen hinaus. Etwa, um die Belichtung des Hauptmotivs zu optimieren. Kernaufgabe bleibt es aber, in möglichst jeder Situation für scharfe Bilder zu sorgen. Und genau diese Kernaufgabe haben wir uns im Detail bei zwei beliebten und weit verbreiteten Canon-Kameras angeschaut.
Was steckt in den Kameras?
Die Fokussierung erfolgt bei beiden Kameras durch Erkennen der Phasendifferenzen per AF-Sensor. Die EOS 5D Mark IV hat 61 AF-Messfelder, davon 41 Kreuzsensoren inkl. 5 Dual-Kreuzsensoren bei Lichtstärke f2,8. Bei Lichtstärke f8 arbeiten 21 der 61 AF-Messfelder als Kreuzsensoren. Herzstück der EOS 5D Mark IV ist der neue „Dual Pixel CMOS“-Sensor, auf dessen Struktur auch das neue „Dual Pixel RAW“-Format der Kamera basiert (siehe Kasten): Jedes Pixel des Sensors besteht aus zwei Subpixeln, die zusammen oder separat genutzt werden können. So stehen 80 Prozent der Sensorfläche für den schnellen Phasen-AF im Live-ViewBetrieb zur Verfügung, was beim Fotografieren wie beim Filmen hilft. Im Labortest (COLORFOTO 11/2016) konnte die EOS 5D Mark IV bei jedem Umgebungslicht überzeugen: 0,3s bei 300 Lux und 0,33 s bei 30 Lux sind aller Ehren wert. Und auch im Live-View sind die Werte dank „Dual Pixel“-Technik noch praxistauglich mit 0,49s bei hellem Tageslicht und 0,48 s bei mäßigem Umgebungslicht.
Für den Sucherbetrieb der 80D haben alle Messfelder Kreuzsensoren, die vertikale und horizontale Strukturen erkennen und bis zur Objektiv-Lichtstärke von Blende 5,6 arbeiten. Bei Blende 8 bleiben 27 AF-Felder, davon 9 Kreuzsensoren. Das zentrale AF-Feld ist bei entsprechender Lichtstärke als DualKreuzsensor ausgelegt. Der AF-Arbeitsbereich reicht nach Canon-Angaben von EV -3 bis EV 18 (bei 23°C und ISO 100). Damit ist Fokussieren auch bei schwachem Licht – zum Beispiel bei Mondlicht – durchaus möglich, was wir durchaus bestätigten können. Zudem nutzt auch die 80D die DualPixel-AF-Technik. Dass sie damit flotter scharfstellt als ältere Canon-Modelle, zeigte der Labortest (COLORFOTO 6/2016): Die Auslöseverzögerung inklusive Autofokus-Zeit beträgt 0,35 s bei 300 Lux. Selbst 30 Lux meistert sie mit 0,38 s. Im Live-View-Betrieb beträgt die Auslöseverzögerung inklusive Autofokus 0,55/0,56 s bei 300/30 Lux.
Basiseinstellungen für AF-Funktionen
Für AF ungeeignete Motive können nach wie vor manuell fokussiert werden. Wir haben aber festgestellt, dass die Zahl dieser Anwendungen gering ist – der AF ist so gut, dass er mit der richtigen Einstellung praktisch jede fotografische Situation meistert. Die AF-Basiseinstellungen sind bei den verschiedenen Canon-Modellen weitgehend identisch. Sie können die Betriebsart am schnellsten über das Hauptwahlrad treffen, indem Sie die Taste Drive AF (5D Mark IV) bzw. AF (80D) auf der Kameraoberseite betätigen.
One-Shot AF: Ist der AF-Modus OneShot aktiv, stellt die Kamera automatisch scharf, sobald Sie den Auslöser halb durchdrücken. Der Modus eignet sich für alle unbeweglichen Motive. Hat die Kamera den Schärfepunkt gefunden, piept es und der Schärfeindikator im Sucher leuchtet. Blinkt er, hat die Kamera keine geeigneten Punkte zum Fokussieren gefunden. AI Servo AF: Für bewegliche Motive bei sich ändernder Entfernung (Sport, laufende Menschen und Tiere, Fahrzeuge, …) ist AI Servo die richtige Wahl. Der Fokus bleibt kontinuierlich auf das sich bewegende Motiv gerichtet. AI Focus AF ist der Modus für automatischen Wechsel des AF-Betriebs vom One-Shot AF zum AI Servo AF, wenn sich ein Objekt zu bewegen beginnt. Der Autofokus wird dementsprechend entweder nachjustiert (bei bewegten Motiven), oder er erfasst das Motiv ein einziges Mal. Wenn Sie etwa auf ein stehendes Fahrzeug an der Ampel fokussieren, geschieht das über den (präziseren) One-Shot AF. Sobald das Auto anfährt, wird die Schärfe automatisch nachgeführt. Jede dieser Voreinstellungen lässt sich um viele Einstellvarianten erweitern und im Verhalten individuell anpassen. Die AF-Einstellungen werden bei der 80D im Menü (C.FN II) oder mit separaten Tasten eingestellt. Bei der 5D Mark IV gibt es ein eigenes AF-Menü, das bei der Fülle von Einstellmöglichkeiten sehr hilfreich ist. Es hält die Menüstruktur überschaubar. Wichtig ist der Auswahlmodus für den AF-Bereich, wo die AF-Felder aktiviert und gruppiert werden. Im Vollautomatik-Modus bestimmt die Kamera selbstständig, welche Messfelder bzw. Messfeldzone zum Fokussieren genutzt werden. Das ist bequem und führt zu scharfen Bildern, wenn das Hauptmotiv deutlich von Nebenmotiven oder dem Hintergrund getrennt ist und sich möglichst nah zur Kamera befindet. Schwierige Motive, bei denen es auf die exakte Festlegung des zu fokussierenden Punkts ankommt (z. B. Porträts, Makros), fotografiert man in der Regel nicht mit der Automatik. Man wählt eines der AF-Messfelder oder eine Gruppe manuell aus. Das funktioniert in den Belichtungsmodi M, A, S und P. In allen anderen Modi als der Vollautomatik können Sie also selbst festlegen, welche Messfelder verwendet werden sollen. Drücken Sie dafür auf der Kamerarückseite oben rechts die Taste für AF-Messfeldwahl, oder legen Sie die Messfeld-
wahl auf den Multi-Controller. In den Standardeinstellungen der 5D Mark IV wird bei der manuellen AutofokusMessfeldwahl der Einzelfeld-Autofokus genutzt, der in erster Linie für unbewegte Motive optimal geeignet ist. In diesem Auswahlmodus für AF-Felder können Sie jedes der Messfelder einzeln auswählen, um auf einzelne Motivdetails zu fokussieren. Alternativ stehen weitere Auswahlmodi zur Verfügung: Spot-AF: Hier wird hier zur Fokussierung nicht das gesamte AutofokusMessfeld genutzt, sondern lediglich ein kleiner Punkt im Inneren. Dieser Auswahlmodus dient der besonders exakten Fokussierung, eignet sich unserer Meinung nach aber vor allem bei unbewegten Motiven – und idealerweise beim Fotografieren vom Stativ. Bei bewegten Motiven aus der Hand haben wir oft den Fokuspunkt verloren. AF-Bereich-Erweiterung: Wenn Sie das Motiv mit einem einzigen AF-Feld verfolgen wollen, können Sie das gewählte AF-Feld um weitere Felder (links, rechts, oben, unten) erweitern, die zur Schärfeermittlung herangezogen werden. Dieser Modus spielt seine Vorteile besonders bei derVerfolgung bewegter Motive aus. Der mittlere Fokuspunkt ist der „Master“, über den nach Möglichkeit die Schärfe ermittelt wird. Nur falls das nicht möglich ist, verwendet die Kamera die umliegenden Punkte. AF-Messfeldwahl in Zone: Dieser Auswahlmodus ist immer dann sinnvoll, wenn Sie auf ein größeres Hauptmotiv fokussieren. Die Messfelder werden dabei in neun Zonen eingeteilt, von denen Sie eine auswählen können. Die AF-Messfeldwahl in großer Zone (manuelle Auswahl einer Zone) funktioniert genauso, es gibt allerdings nur drei Zonen mit AF-Messfeldern (links, Mitte, rechts), die Sie einstellen können. In dieser Einstellung lassen sich schnell bildwichtige Bereiche festlegen, und sie ist damit schnappschusstauglich. Leider ist sie für manche Anwendungen aber zu ungenau, etwa wenn sich unwichtige Motivteile näher an der Kamera befinden als das Hauptmotiv.
Autofokus im Live-View
Im Live-Modus kann man die Aufnahmeparameter wie gewohnt ändern – und der Autofokus wird auch hier mit halb gedrücktem Auslöser aktiviert. Alternativ dient die AF-ON-Taste zum Fokussieren. Da der Spiegel hochgeklappt ist, erfolgt die Schärfemessung direkt auf dem Bildsensor. Der Livebild-Modus