Ambitionierte Telekom-Cloud
T-Systems-Vorstand Ferri Abolhassan erklärt die Open Telekom Cloud.
CW: Wie wird Ihre mit Huawei geplante Open Telekom Cloud genau aussehen?
ABOLHASSAN: Die Open Telekom Cloud wird auf unserem Webportal nicht nur als Infrastructure as a Service angeboten, bei dem jeder Kunde sein Data Center selbst administriert, sondern vom Start weg auch als Managed Service. Von der CeBIT an betreiben wir die virtuellen Maschinen auf der OpenStack-Plattform gleich mit einer Reihe von Diensten – vom Elastic-Cloud-Server über Block- und ObjectStorage bis hin zu Image-Management, CloudMonitoring und Web-Application-Firewall. So sorgt ein Auto-Scaling dafür, dass sich die Ressourcenbereitstellung der Plattform am Auslastungsgrad durch Webshops oder an Webbasierten Applikationen der Kunden orientiert und selbständig anpasst. Damit ist ein Eingreifen des Administrators nicht mehr erforderlich. Ebenfalls automatisch nimmt ein IP-Service der Open Telekom Cloud die Zuordnung von Public-IP-Adressen zum Beispiel bei der VPNAnbindung vor. Und zur Ende-zu-Ende-Lösung gehört auch ein Sicherheitspaket, das neben einem Identification- und Authentication-Service einen Anti-Denial-of-Service bietet, um die Plattform und die Services der Kunden vor Cyber-Kriminellen zu schützen. Geplant ist auch, dass Huawei und T-Systems gemeinsam mit SAP noch in diesem Jahr SAP HANA aus der Open Telekom Cloud heraus bereitstellen. Unser Ziel ist es außerdem, die Open Telekom Cloud sukzessive mit weiteren SAP-Anwendungen auszubauen.
CW: Wie funktioniert das Vertragsmodell mit Ihrem Infrastrukturpartner Huawei?
ABOLHASSAN: Mit Huawei haben wir ein Revenue-Sharing-Modell vereinbart. Wir brechen hier mit dem klassischen Partnering und arbeiten mit einem Unternehmen zusammen, das auch klar Risiko und Verantwortung mitträgt. Huawei wird genau wie alle anderen den strengsten Sicherheitskontrollen unterliegen. Da prüfen wir sowohl im Vorfeld als auch über die gesamte Dauer der Zusammenarbeit alles auf Herz und Nieren. Für die Open Telekom Cloud steuert Huawei Server, Storage- und Netzkomponenten bei, aber auch Administrationssoftware, basierend auf der OpenStackTechnologie. T-Systems bringt Rechenzentren, Netze und den Betrieb ein sowie die Transformationsleistung und das Cloud-Management. Beide mit dem klaren Ziel: den Marktpreis attackieren.
CW: Haben Sie keine Angst, dass Sie einen Preiskrieg anzetteln, so dass am Ende niemand mehr vernünftig Geld verdienen kann?
ABOLHASSAN: Zunächst einmal gehen wir in den Angreifermodus, um Marktanteile zu gewinnen. Uns ist klar, dass Wettbewerber dagegenhalten werden. Natürlich liegt uns nichts daran, auf Dauer den Markt kaputtzumachen. Hier soll kein Billigheimer entstehen; wir wollen den Akkord aus Einfachheit, Sicherheit und Preis halten.
CW: Es gibt kritische Stimmen im Hinblick auf Ihren Cloud-Partner Huawei.
ABOLHASSAN: Sicherheit ist für die Deutsche Telekom das oberste Gebot. Dafür stehen wir wie kein anderer im Markt. Die Open Telekom Cloud ist das erste Public-Cloud-Angebot weltweit, das von einem deutschen Provider aus einem sicheren deutschen Rechenzentrum unter den strengen Datenschutzstandards dieses Landes betrieben wird. Im Hintergrund steht eine Firma, die mehr Leute zum Thema Sicherheit beschäftigt als die meisten Wettbewerber. Nachdem ich seit Kurzem auch für das Thema Security in der Telekom zuständig bin, weiß ich, worüber wir reden.
CW: Sind Hersteller wie Cisco oder HP Enterprise nun bei der Telekom abgeschrieben?
ABOLHASSAN: Cisco und HP sind für uns ganz große Partner. Beispiel Cisco: Gemeinsam bieten wir die DSI Intercloud an. Was wir aber mit der Huawei-Partnerschaft verändert haben, ist das Partnerschaftsmodell. Letztlich haben wir bewiesen, dass wir von der Größe her – unser eigener Bedarf plus 6000 Enterprise-Kunden – ein Marktvolumen abdecken, für das es sich als Hersteller schon lohnt, sich spezielle Vertragskonstrukte zu überlegen. Wir sehen inzwischen deutlich mehr Flexibilität bei dem Thema. Insofern haben wir den Markt schon verändert.
CW: Microsoft ist mit Office 365 und Azure zu Ihnen gekommen, damit Sie als Datentreuhänder fungieren. Können Sie sich dieses Modell auch für andere Anbieter vorstellen?
ABOLHASSAN: Auf jeden Fall. Was wir heute machen, basiert ja nur auf konkret fassbaren Applikationen wie SAP, Office 365 oder Azure. Spätestens mit dem Internet of Things ergibt sich eine ganz andere Fragestellung: Was ist denn IoT eigentlich? Sensoren nehmen Daten auf und senden diese über Funk zu einem Datensammel-Pool, nennen wir ihn Cloud. Dort werden sie mit intelligenter Software ausgewertet. Am Schluss wird die entscheidende Frage lauten, wer welchen Zugang zu den Daten hat. Wichtig dabei: den Nutzen aus den Daten ziehen, ohne den Datenschutz und die Datensicherheit zu verletzen. Das trifft etwa für Bewegungsdaten zu. Über diese Fragen wird es in Zukunft auch in Deutschland eine Diskussion geben. Und diese Diskussion werden wir nicht einfach mit Verweis auf unsere Rechtsprechung wegschieben können.
CW: Welche Strategie verfolgen Sie mit Ihren Rechenzentren in Deutschland?
ABOLHASSAN: Wir streben bis 2018 eine Zielstruktur von drei sogenannten Gigafabriken in Deutschland an. Diese sind auf Skaleneffekte, Skaleneffekte und nochmals Skaleneffekte getrimmt. Es wäre völliger Humbug, in jedem Dorf ein Data Center zu haben. Was am Ende für uns als Betreiber zählt, ist der Automatisierungsgrad und der Energieeffizienzfaktor PUE. Hier haben wir in München den Faktor 1,1 erreicht. Das ist Weltrekord, dazu brauchen wir nicht spektakulär Rechenzentren unter einem Eisberg zu bauen oder etwas in einem Zelt in der Wüste zu realisieren. Das machen wir cleverer. Wir haben etwa das Data Center in Biere vom Start weg so ausgelegt, dass eine Vergrößerung um den Faktor 16 möglich ist. So können wir Zug um Zug erweitern.
CW: Wäre nicht ein anderer Weg vorstellbar? Sie lassen erst gar nicht so viele Daten entstehen und verarbeiten diese teilweise direkt vor Ort im Gerät?
ABOLHASSAN: Ja, da stimme ich Ihnen durchaus zu. Dazu müssen Sie aber ein paar Spielregeln definieren und immer zwischen Datenschutz, Datennutzen und Kundentransparenz abwägen. Sie fragten ja, ob wir für mehr Unternehmen der Datentreuhänder sein werden. Ja, das glaube ich sehr wohl, aber wir machen es ganz anders: Wir reden dediziert mit Anbietern und Branchen – etwa der Automobilbranche. Dann fragen wir den Anwender, etwa den Autofahrer, ob er einverstanden ist, wenn wir gemeinsam mit einem Hersteller seine Bewegungsdaten zu seinem Vorteil nutzen, etwa zur Car-to-Car-Kommunikation, um die Fahrt sicherer zu machen. Wir fragen den Nutzer, binden ihn ein und geben ihm einen Vorteil. Gleichzeitig muss ihm klar sein, dass seine Daten durch das Netz fließen. So können wir dedizierte, gefilterte und vom Nutzer freigegebene Daten erhalten und nutzen. Das kann für uns in Zukunft durchaus ein DatentreuhänderModell werden. Wir wollen uns dadurch differenzieren, dass wir den Kunden ganz transparent einbeziehen.