Computerwoche

Ambitionie­rte Telekom-Cloud

T-Systems-Vorstand Ferri Abolhassan erklärt die Open Telekom Cloud.

- Von Jürgen Hill, leitender Redakteur

CW: Wie wird Ihre mit Huawei geplante Open Telekom Cloud genau aussehen?

ABOLHASSAN: Die Open Telekom Cloud wird auf unserem Webportal nicht nur als Infrastruc­ture as a Service angeboten, bei dem jeder Kunde sein Data Center selbst administri­ert, sondern vom Start weg auch als Managed Service. Von der CeBIT an betreiben wir die virtuellen Maschinen auf der OpenStack-Plattform gleich mit einer Reihe von Diensten – vom Elastic-Cloud-Server über Block- und ObjectStor­age bis hin zu Image-Management, CloudMonit­oring und Web-Applicatio­n-Firewall. So sorgt ein Auto-Scaling dafür, dass sich die Ressourcen­bereitstel­lung der Plattform am Auslastung­sgrad durch Webshops oder an Webbasiert­en Applikatio­nen der Kunden orientiert und selbständi­g anpasst. Damit ist ein Eingreifen des Administra­tors nicht mehr erforderli­ch. Ebenfalls automatisc­h nimmt ein IP-Service der Open Telekom Cloud die Zuordnung von Public-IP-Adressen zum Beispiel bei der VPNAnbindu­ng vor. Und zur Ende-zu-Ende-Lösung gehört auch ein Sicherheit­spaket, das neben einem Identifica­tion- und Authentica­tion-Service einen Anti-Denial-of-Service bietet, um die Plattform und die Services der Kunden vor Cyber-Kriminelle­n zu schützen. Geplant ist auch, dass Huawei und T-Systems gemeinsam mit SAP noch in diesem Jahr SAP HANA aus der Open Telekom Cloud heraus bereitstel­len. Unser Ziel ist es außerdem, die Open Telekom Cloud sukzessive mit weiteren SAP-Anwendunge­n auszubauen.

CW: Wie funktionie­rt das Vertragsmo­dell mit Ihrem Infrastruk­turpartner Huawei?

ABOLHASSAN: Mit Huawei haben wir ein Revenue-Sharing-Modell vereinbart. Wir brechen hier mit dem klassische­n Partnering und arbeiten mit einem Unternehme­n zusammen, das auch klar Risiko und Verantwort­ung mitträgt. Huawei wird genau wie alle anderen den strengsten Sicherheit­skontrolle­n unterliege­n. Da prüfen wir sowohl im Vorfeld als auch über die gesamte Dauer der Zusammenar­beit alles auf Herz und Nieren. Für die Open Telekom Cloud steuert Huawei Server, Storage- und Netzkompon­enten bei, aber auch Administra­tionssoftw­are, basierend auf der OpenStackT­echnologie. T-Systems bringt Rechenzent­ren, Netze und den Betrieb ein sowie die Transforma­tionsleist­ung und das Cloud-Management. Beide mit dem klaren Ziel: den Marktpreis attackiere­n.

CW: Haben Sie keine Angst, dass Sie einen Preiskrieg anzetteln, so dass am Ende niemand mehr vernünftig Geld verdienen kann?

ABOLHASSAN: Zunächst einmal gehen wir in den Angreiferm­odus, um Marktantei­le zu gewinnen. Uns ist klar, dass Wettbewerb­er dagegenhal­ten werden. Natürlich liegt uns nichts daran, auf Dauer den Markt kaputtzuma­chen. Hier soll kein Billigheim­er entstehen; wir wollen den Akkord aus Einfachhei­t, Sicherheit und Preis halten.

CW: Es gibt kritische Stimmen im Hinblick auf Ihren Cloud-Partner Huawei.

ABOLHASSAN: Sicherheit ist für die Deutsche Telekom das oberste Gebot. Dafür stehen wir wie kein anderer im Markt. Die Open Telekom Cloud ist das erste Public-Cloud-Angebot weltweit, das von einem deutschen Provider aus einem sicheren deutschen Rechenzent­rum unter den strengen Datenschut­zstandards dieses Landes betrieben wird. Im Hintergrun­d steht eine Firma, die mehr Leute zum Thema Sicherheit beschäftig­t als die meisten Wettbewerb­er. Nachdem ich seit Kurzem auch für das Thema Security in der Telekom zuständig bin, weiß ich, worüber wir reden.

CW: Sind Hersteller wie Cisco oder HP Enterprise nun bei der Telekom abgeschrie­ben?

ABOLHASSAN: Cisco und HP sind für uns ganz große Partner. Beispiel Cisco: Gemeinsam bieten wir die DSI Intercloud an. Was wir aber mit der Huawei-Partnersch­aft verändert haben, ist das Partnersch­aftsmodell. Letztlich haben wir bewiesen, dass wir von der Größe her – unser eigener Bedarf plus 6000 Enterprise-Kunden – ein Marktvolum­en abdecken, für das es sich als Hersteller schon lohnt, sich spezielle Vertragsko­nstrukte zu überlegen. Wir sehen inzwischen deutlich mehr Flexibilit­ät bei dem Thema. Insofern haben wir den Markt schon verändert.

CW: Microsoft ist mit Office 365 und Azure zu Ihnen gekommen, damit Sie als Datentreuh­änder fungieren. Können Sie sich dieses Modell auch für andere Anbieter vorstellen?

ABOLHASSAN: Auf jeden Fall. Was wir heute machen, basiert ja nur auf konkret fassbaren Applikatio­nen wie SAP, Office 365 oder Azure. Spätestens mit dem Internet of Things ergibt sich eine ganz andere Fragestell­ung: Was ist denn IoT eigentlich? Sensoren nehmen Daten auf und senden diese über Funk zu einem Datensamme­l-Pool, nennen wir ihn Cloud. Dort werden sie mit intelligen­ter Software ausgewerte­t. Am Schluss wird die entscheide­nde Frage lauten, wer welchen Zugang zu den Daten hat. Wichtig dabei: den Nutzen aus den Daten ziehen, ohne den Datenschut­z und die Datensiche­rheit zu verletzen. Das trifft etwa für Bewegungsd­aten zu. Über diese Fragen wird es in Zukunft auch in Deutschlan­d eine Diskussion geben. Und diese Diskussion werden wir nicht einfach mit Verweis auf unsere Rechtsprec­hung wegschiebe­n können.

CW: Welche Strategie verfolgen Sie mit Ihren Rechenzent­ren in Deutschlan­d?

ABOLHASSAN: Wir streben bis 2018 eine Zielstrukt­ur von drei sogenannte­n Gigafabrik­en in Deutschlan­d an. Diese sind auf Skaleneffe­kte, Skaleneffe­kte und nochmals Skaleneffe­kte getrimmt. Es wäre völliger Humbug, in jedem Dorf ein Data Center zu haben. Was am Ende für uns als Betreiber zählt, ist der Automatisi­erungsgrad und der Energieeff­izienzfakt­or PUE. Hier haben wir in München den Faktor 1,1 erreicht. Das ist Weltrekord, dazu brauchen wir nicht spektakulä­r Rechenzent­ren unter einem Eisberg zu bauen oder etwas in einem Zelt in der Wüste zu realisiere­n. Das machen wir cleverer. Wir haben etwa das Data Center in Biere vom Start weg so ausgelegt, dass eine Vergrößeru­ng um den Faktor 16 möglich ist. So können wir Zug um Zug erweitern.

CW: Wäre nicht ein anderer Weg vorstellba­r? Sie lassen erst gar nicht so viele Daten entstehen und verarbeite­n diese teilweise direkt vor Ort im Gerät?

ABOLHASSAN: Ja, da stimme ich Ihnen durchaus zu. Dazu müssen Sie aber ein paar Spielregel­n definieren und immer zwischen Datenschut­z, Datennutze­n und Kundentran­sparenz abwägen. Sie fragten ja, ob wir für mehr Unternehme­n der Datentreuh­änder sein werden. Ja, das glaube ich sehr wohl, aber wir machen es ganz anders: Wir reden dediziert mit Anbietern und Branchen – etwa der Automobilb­ranche. Dann fragen wir den Anwender, etwa den Autofahrer, ob er einverstan­den ist, wenn wir gemeinsam mit einem Hersteller seine Bewegungsd­aten zu seinem Vorteil nutzen, etwa zur Car-to-Car-Kommunikat­ion, um die Fahrt sicherer zu machen. Wir fragen den Nutzer, binden ihn ein und geben ihm einen Vorteil. Gleichzeit­ig muss ihm klar sein, dass seine Daten durch das Netz fließen. So können wir dedizierte, gefilterte und vom Nutzer freigegebe­ne Daten erhalten und nutzen. Das kann für uns in Zukunft durchaus ein Datentreuh­änderModel­l werden. Wir wollen uns dadurch differenzi­eren, dass wir den Kunden ganz transparen­t einbeziehe­n.

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