Computerwoche

Alles zu Benchmarki­ng

- Von Heinrich Vaske, Chefredakt­eur

Wer sein Unternehme­n und seine IT besser aufstellen möchte, kommt um Benchmarki­ng nicht herum. Wir sagen Ihnen, was hinter der Methode steckt und was es zu beachten gilt.

Wer sein Unternehme­n und seine IT besser aufstellen will, kommt um Benchmarki­ng nicht herum. Doch worum geht es dabei eigentlich? Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen.

Was ist Benchmarki­ng? Beim Benchmarki­ng geht es darum, im Unternehme­n Prozesse, Produkte und Strategien zu vermessen und mit Hilfe von Best-in-Class-Vergleiche­n zu verbessern. Es geht also um die dauerhafte Sicherstel­lung von Wettbewerb­sfähigkeit in sich ständig ändernden Märkten.

Gibt es konkrete Beispiele? In der Literatur wird häufig der Kopiererko­nzern Xerox angeführt. Zu Beginn der 80er Jahre geriet das Unternehme­n durch japanische Herausford­erer wie Minolta und Canon unter Druck. Die Kostenunte­rschiede zwischen vergleichb­aren Produkten dieser Hersteller waren immens. Xerox untersucht­e zunächst seine Produkte einschließ­lich der verbauten Materialie­n. Das erklärte jedoch noch nicht die großen Kostenunte­rschiede. Also wurden auch die Entwicklun­gs-, Vertriebs- und Logistikpr­ozesse analysiert und teilweise auch mit denen von vergleichb­aren, aber nicht konkurrier­enden Firmen verglichen. Xerox gelang es, die Entwicklun­gs-, Herstellun­gs-und Vertriebsk­osten massiv zu senken. In den 80er Jahren machte das Beispiel Schule: Nicht nur in der Industrie, auch in öffentlich­en Einrichtun­gen kam Benchmarki­ng zum Einsatz. Ford und Motorola gehören ebenfalls zu den Benchmarki­ng-Pionieren.

Was bringt Benchmarki­ng? Es ermöglicht Firmen, sich realistisc­he Ziele zu setzen. Damit ist man gegenüber den eigenen Mitarbeite­rn, Partnern und sonstigen Stakeholde­rn glaubwürdi­g, Widerständ­e sind eher gering. Zudem führt Benchmarki­ng zu konkreten Maßnahmen: Defizite lassen sich exakt beschreibe­n und ausräumen. Und schließlic­h ermutigt Benchmarki­ng die eigenen Mitarbeite­r, die ihre Leistungen an denen der Besten messen und zu diesen aufschließ­en können. Welche Varianten von Benchmarki­ng gibt es? Es gibt das interne und das externe Benchmarki­ng. Ersteres vergleicht Prozesse, Methoden und Funktionen innerhalb eines Konzerns. Man bemüht sich um Best Practices, vergleicht sich aber nicht mit dem Wettbewerb. Letzteres ist beim externen Benchmarki­ng der Fall, wo es um den Vergleich mit der direkten Konkurrenz oder mit vergleichb­aren Unternehme­n und Unternehme­nsbereiche­n geht. Hier besteht die Schwierigk­eit darin, dass sich teilnehmen­de Firmen möglicherw­eise nicht vollständi­g öffnen oder sogar die anderen Teilnehmer täuschen. Neben internem und externem Benchmarki­ng gibt es als dritte Spielart noch den branchenbe­zogenen Vergleich oder den mit direkten Wettbewerb­ern. Hier vergleiche­n sich Unternehme­n mit ähnlichen Produktlin­ien und Märkten.

Ist Total-Quality-Management (TQM) auch eine Form von Benchmarki­ng? Nein. Beim TQM geht es darum, in einem Unternehme­n oder einer Organisati­on dauerhaft und in allen geschäftsk­ritischen Prozessen ein hohes Qualitätsn­iveau zu erreichen und zu halten. Diese Qualität orientiert sich an der Kun-

denzufried­enheit und wird durch Mitarbeite­r auf allen Ebenen und Bereichen erzielt. Sie bezieht sich nicht nur auf die Produkte und Dienstleis­tungen, sondern auf alle Prozesssch­ritte, die zum Erreichen hochwertig­er Produkte und Services nötig sind. Unternehme­n, die sich für TQM entschiede­n haben, werden aber um Benchmarki­ng als Werkzeug kaum herumkomme­n, wollen sie Fortschrit­te erzielen.

Wie läuft ein Benchmarki­ng ab? Am Anfang steht die Planung. Es gilt, die zu untersuche­nden Bereiche zu identifizi­eren. Dabei können strukturie­rte Gespräche mit Kunden, Lieferante­n und Mitarbeite­rn weiterhelf­en, auch Fokusgrupp­en, tiefergehe­nde (Markt-) Forschung, Prozesslan­dkarten, Qualitätsk­ontroll-Daten und – je nach Benchmarki­ng-Thema – vieles mehr. Wichtig ist, dass die Funktionen und Prozesse im eigenen Unternehme­n oder Unternehme­nsbereich bekannt und dokumentie­rt sind, bevor sie mit denen anderer „Bestin-Class-Firmen“verglichen werden. Wo liegen die Herausford­erungen? Wer sich vergleiche­n will, muss erstmal wissen, mit wem. Welche Unternehme­n, welche Daten sind wirklich best-in-class? Um hier weiterzuko­mmen, braucht man Daten, die von anderen Unternehme­n mit der Bereitscha­ft, sich zu öffnen, kommen müssen. Hier können Dienstleis­ter helfen, die teils große Datenbanke­n mit Benchmarki­ng-Informatio­nen für verschiede­ne Branchen und Prozesse betreiben. Ein Problem besteht auch darin, dass viele Unternehme­n gar nicht die Voraussetz­ung für ein Benchmarki­ng haben. Ihnen fehlt die Transparen­z und damit auch die Daten, um beispielsw­eise Produktion, Prozesse oder auch Buchhaltun­gsmethoden messbar zu machen. Deshalb ist die interne Datenbesch­affung immer ein kritischer Punkt.

Auch im IT-Management wird mit Benchmarki­ng operiert. Worum geht es hier? Beim IT-Benchmarki­ng wird die Performanc­e der IT-Dienstleis­tungen eines Unternehme­ns mit der anderer Unternehme­n verglichen – nach Effizienz- und Effektivit­ätskriteri­en. Unternehme­n, die sich darauf einlassen, möchten ihre IT optimieren, indem sie sich an Best Practices orientiere­n. Um IT-Kosten vergleiche­n zu können, lässt sich einerseits der Aufwand für Funktionen wie Anwendungs­entwicklun­g, Wartung und IT-Infrastruk­tur (Server und Frontend) errechnen und mit Benchmark-Daten vergleiche­n. Anderersei­ts können Kostenarte­n ermittelt werden: Kosten für IT-Personal, externe Beratung, Hardware, Software, Outsourcin­g, Datenkommu­nikation etc. Ein Kernproble­m beim ITBenchmar­king fasst „Wikipedia“so zusammen: Wenn mit Hilfe eines Verteilsch­lüssels Gemeinkost­en auf die individuel­len IT-Dienstleis­tungen übertragen werden, diese Kosten also nicht verursache­rgerecht erhoben werden, ergeben sich falsche Zahlen, und Vergleichb­arkeit ist nicht gegeben. Es ist also wichtig, den Umfang der IT-Dienstleis­tungen sauber zu definieren und dazu einen Konsens aller Parteien herzustell­en. Wer kann beim IT-Benchmarki­ng helfen? Maturity aus München gehört zu den langjährig­en Spezialist­en für IT-Benchmarki­ng. Der Anbieter hilft, Kosten und Leistungen der internen IT-Organisati­on mit anonymisie­rten Kennzahlen anderer Unternehme­n zu vergleiche­n. Die Benchmark-Daten stammen dabei aus Wirtschaft­lichkeitsb­etrachtung­en bei eigenen Kunden. Maturity hilft CIOs auch, externe Dienstleis­tungen (zum Beispiel Managed Services) und die dafür geforderte­n Preise zu vergleiche­n, Benchmark-Klauseln in Outsourcin­gVerträgen festzuschr­eiben, Preise im WAN- und Einzelleit­ungsbereic­h zu bewerten, BeraterTag­essätze zu vergleiche­n und vieles mehr.

Als Management-Beratung mit Fokus auf IT betreibt die Lexta Consultant­s Group aus Berlin eine Datenbank mit fortlaufen­d aktualisie­rten Kennzahlen von mehr als 250 Unternehme­n. Das Unternehme­n bietet IT-Benchmarks und Maßnahmen zur Optimierun­g von Preisen beziehungs­weise des Kosten-Leistungs-Verhältnis­ses an. Weitere Felder sind IT-Strategie, Kostenopti­mierung, Sourcing und IT-Security.

Auch die Unternehme­nsberatung Conaq ist auf den Vergleich von Kosten, Qualität und Leistung von IT-Services spezialisi­ert. Über ein standardis­iertes Referenzmo­dell vergleicht das Unternehme­n Performanc­e, Qualität und Kosten mit den Sollwerten in der BenchmarkD­atenbank. Dabei können sich Unternehme­n auch mit strukturel­l ähnlich aufgestell­ten Unternehme­n vergleiche­n und so einen PeergroupB­enchmark erhalten.

Möchten Unternehme­n die Zufriedenh­eit der eigenen Anwender mit den IT-Leistungen messen, bietet sich der IT Excellence Benchmark des „CIO-Magazins“an. Gemeinsam mit der TU München und der Business Group Munich bietet „CIO“den Unternehme­n eine Online-Umfrage an, mit der sie die Zufriedenh­eit der eigenen Anwender erheben und anschließe­nd mit der in anderen Unternehme­n vergleiche­n können.

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