In Unternehmen geht es immer um Konkurrenz
Digitalisierung und vernetztes Arbeiten eröffnen Frauen neue Karrierechancen, schreibt Christiane Funken in ihrem Buch „Sheconomy“. Doch woher nimmt sie ihren Optimismus?
Die Zukunft der Arbeitswelt ist weiblich, postuliert Christiane Funken. Das klingt überraschend, denn der Frauenanteil in den Führungsetagen stagniert hierzulande unverändert bei 29 Prozent, wie das Statistische Bundesamt für das Jahr 2014 errechnet hat. Damit liegt Deutschland noch unter dem EU-Durchschnitt, der bescheidene 33 Prozent beträgt. Woher nimmt die Professorin für Soziologie an der Technischen Universität in Berlin ihren Optimismus? „Frauen sind es gewohnt, viele Baustellen gleichzeitig zu bearbeiten: Sie kümmern sich um die Familie und sind berufstätig“, spannt sie den historischen Bogen. „Die Digitalisierung bringt netzwerkartige Strukturen und löst Abteilungsgrenzen auf. Gerade weil es auf aufgabenorientiertes Arbeiten in Teams ankommt, profitieren Frauen von den Entwicklungen.“
Vor der Chefetage stecken geblieben
Fleißig und flexibel sein und sich um das Team kümmern klingt eigentlich mehr nach einer neuen Karrierefalle als nach einer echten Chance. „Gerade weil die neue Arbeitswelt Soft Skills, viel psychologisches Gespür und Integrationsfähigkeit erfordert, haben Frauen einen Vorteil, den sie nutzen müssen“, meint dagegen Funken. Sie sollten im Unternehmen selbstbewusst und sichtbar auftreten und auf die eigene Leistung hinweisen.
Dass Selbst-Marketing ein wichtiger Baustein der Karriere ist, wissen Frauen inzwischen. „Viele der erfolgreichen Frauen über 50 sind ratlos, weil sie unmittelbar vor der Chefetage stecken geblieben sind. Die gläserne Decke war für sie unüberwindbar, viele sind frustriert“, berichtet Funken von ihren Gesprächen mit Managerinnen. Dagegen beginnen jüngere Frauen ihren Berufsweg heute viel selbstbewusster und trittfester. „Viele von ihnen wollen es wissen, starten in großen Organisationen, haben aber einen klaren Plan B“, sagt Funken. Wenn es mit der Karriere im Konzern nicht klappt, kündigen sie und wechseln in den Mittelstand, wo sie meistens bessere Chancen erwarten. „Jüngere agieren oft flexibler und strategischer.“
Der Vorteil der Frauen
Noch existieren alte, hierarchische Strukturen neben den neuen Netzwerken und flexiblen Konzepten. Dass sich die Arbeitswelt verändert, davon ist die Soziologin überzeugt. „Gerade für interdisziplinäre Teams, etwa aus Technikern, Designern und Controllern, braucht es Fach- und Führungskräfte, die mit psychologischem Gespür alle Mentalitäten integrieren können und eine hohe Übersetzungsleistung übernehmen. Hier sehe ich Frauen klar im Vorteil.“
Allianzen, Netzwerke und Verbündete helfen ebenfalls auf dem Karriereweg. „Frauen haben oft Hemmungen, ihre Netzwerke für einen bestimmten Zweck – etwa einen neuen Job – einzusetzen“, warnt Funken. Auch auf eine weitere Falle weist sie hin. Während Männer ihre Kollegen als Kumpel sehen und weniger als Freunde, verwechseln Frauen ihre Kolleginnen durchaus oft mit Freundinnen. „In Unternehmen geht es immer auch um Konkurrenz. Beide können sich auf die gleiche Position bewerben, aber sie sollten offen darüber sprechen.“