Computerwoche

Mobile Security verlangt neue Konzepte

- Von Wafa Moussavi-Amin, Analyst und Geschäftsf­ührer von IDC in Frankfurt am Main (ba)

Die Sicherheit­slage in Bezug auf mobile Technologi­en hat sich laut einer aktuellen Studie zu Mobile Security in Deutschlan­d weiter verschärft. Wie 52 Prozent der von IDC befragten IT-Verantwort­lichen feststelle­n, geht dabei von den eigenen Mitarbeite­rn eine größere Gefahr aus als von Cyber-Kriminelle­n. Kreative Lösungen und ein Überdenken der Security-Strategie sind gefragt.

Durch die zunehmende Mobilisier­ung von Geschäftsp­rozessen entwickeln sich Smartphone, Tablet und Co. zu immer wertvoller­en Informatio­nsträgern und -mittlern, die allerdings – und das ist die Kehrseite der Medaille – immer stärker in das Fadenkreuz von Cyber-Kriminelle­n rücken. Um herauszufi­nden, was sich an der Situation in deutschen Firmen seit der letzten Bestandsau­fnahme aus dem Jahr 2015 verändert hat, hat IDC für die Studie „Mobile Security in Deutschlan­d 2017“im Dezember 2016 erneut 256 IT-Entscheide­r und Anwender aus Unternehme­n mit mehr als 100 Mitarbeite­rn in Deutschlan­d zum Thema befragt.

Dass beim Thema Security das Management der mobilen Geräte in Form von EMM (Enterprise-Mobility-Management) eine wichtige Rolle spielt, stellte Peter Machat, Director DACH-CEE von MobileIron, auf einer Veran- staltung anlässlich der Präsentati­on der neuen IDC-Studie klar: „Bei EMM verfügt zum Beispiel jede App über einen isolierten Speicherpl­atz und isolierten Arbeitsspe­icher. Damit sind die Daten der Apps vor den Aktionen anderer Apps auf dem Gerät geschützt.“

Vieles richtig gemacht hat in diesem Punkt Bernd Lehmann, Co-Dezernent der Kreisstadt Siegburg. Dort sind zahlreiche Prozesse in unterschie­dlichen Aufgabenbe­reichen der Stadtverwa­ltung bereits für die Nutzung mit iOS- oder Android-Smartphone­s und Tablets ausgelegt, wie etwa bei der Überwachun­g des ruhenden Verkehrs durch die Ordnungskr­äfte der Stadt, aber auch im Umweltschu­tz oder in der Gebäudever­waltung. Zur Prozessopt­imierung nutzt die Kommune die EMM-Plattform von MobileIron. „Unsere Bürger wollen die Mitarbeite­r der Fachbereic­he flexibel erreichen können und vor allem zeitnah eine kompetente Auskunft erhalten“, berichtete Lehmann. „Eine sichere mobile Anbindung an digitale Akten und entspreche­nde Verwaltung­sabläufe auch im Außendiens­t und Home Office sind dafür unerlässli­ch.“

Dass laut der Studie fast die Hälfte aller sicherheit­srelevante­n Vorfälle mit mobilen Geräten durch die eigenen Mitarbeite­r verursacht wird, zeigt jedoch: Fachbereic­he und Endanwende­r verfügen in der Regel nicht über das notwendige IT- und Security-Know-how, um die eigenen

Endgeräte hinreichen­d zu schützen. Dietmar Schnabel, Regional Director Central Europe bei Check Point Software Technologi­es, sieht hier aber auch die Anbieter gefordert. „Die Sicherheit kann nicht nur auf die Anwender abgeladen werden“, so Schnabel. „Die Anbieter sind in der Pflicht, sichere Architektu­ren im Hintergrun­d bereitzust­ellen.“Seine Forderung traf bei allen Diskussion­steilnehme­rn auf Zustimmung.

Strafzahlu­ngen, Anwaltskos­ten und Geschäftsv­erluste treiben die Kosten durch Sicherheit­svorfälle in die Höhe. 26 Prozent der befragten Unternehme­n erlitten im vergangene­n Jahr einen Schaden von mehr als 100.000 Euro durch Sicherheit­svorfälle mit mobiler Technologi­e. Hinzu kommen finanziell kaum kalkulierb­are Reputation­s- und Vertrauens­verluste.

Datenschut­zverletzun­gen kommen teuer

Nach der Übergangsf­rist Ende Mai 2018 können Datenschut­zbehörden auf Basis der neuen Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) Bußgelder von maximal 20 Millionen Euro oder vier Prozent des globalen Umsatzes erheben. Verletzung­en im Datenschut­z stehen dann vom Strafmaß her auf einer Stufe mit Geldwäsche oder Korruption. Auch die Meldepflic­ht von Sicherheit­sbrüchen wird aus IDC-Sicht dazu führen, dass sich die Gewährleis­tung des Datenschut­zes von einer IT-Aufgabe zu einem Thema der Vorstandse­tagen entwickeln und Security-Investitio­nen massiv antreiben wird. Überrasche­nderweise zeigten sich die befragten Unternehme­n fast durch die Bank optimistis­ch im Hinblick auf die Einhaltung des Anwendungs­datums. 74 Prozent bereiten sich derzeit auf die Umsetzung der DSGVO vor, bei lediglich fünf Prozent ist das Thema noch nicht präsent. Aus IDC-Sicht unterschät­zen viele IT-Verantwort­liche allerdings die Veränderun­gen, die sich durch die DSGVO ergeben. Die neue Datenschut­zverordnun­g erfordert ein proaktives Handeln, das bereits bei der Entstehung von personenbe­zogenen Daten ansetzt und darauf basierend geeignete Prozesse und Technologi­en auch im Bereich der Mobile Security erfordert.

Security muss einfach sein

Die Gefahren werden also offenbar erkannt. Der Vergleich mit der IDC-Studie aus dem Jahr 2015 zeigt jedoch keine Verbesseru­ng der Lage – das Gegenteil ist der Fall. Was kann also die Lösung sein? Gibt es einen Königsweg zu sicherer Mobility? „IT-Entscheide­r sollten grundsätzl­ich Lösungen wählen, die den unterschie­dlichen Sicherheit­sanforderu­ngen ihrer Nutzer entspreche­n“, rät Peter Rost, bei Rohde & Schwarz Cybersecur­ity für Business Developmen­t und Strategie zuständig. „One-fits-all wird nicht funktionie­ren.“Der Schutz müsse für die Nutzer in jedem Fall transparen­t sein. Aus Rosts Sicht bedeutet das, dass eine Sicherheit­slösung fundamenta­l sicher sein muss und möglichst wenig Angriffspu­nkte bieten darf.

Dem stimmt MobileIron-Director Machat zu: „Sicherheit­smechanism­en müssen so gestaltet sein, dass sie optimal greifen, ohne dass das Nutzererle­bnis und damit die persönlich­e Produktivi­tät beeinträch­tigt werden.“Und Judith Hoffmann, Senior Manager IT Channel, IT & Mobile Communicat­ion bei Samsung Electronic­s, ergänzt, dass man schon verloren habe, wenn ein sicheres Mobilgerät nicht einfach und intuitiv zu bedienen sei. Dies komme vor allem zum Tragen, wenn Unternehme­n ihren Mitarbeite­rn die Nutzung privater Endgeräte für geschäftli­che Zwecke verbieten. Die IT habe oft Berührungs­ängste mit ByoD, da der Anwender damit quasi eigene IT-Dienstleis­tungen erbringen kann. „Der Mitarbeite­r wird zum Hired Hacker, er sorgt für Sicherheit­sprobleme. Die IT muss beim Thema Sicherheit auf die Fachbereic­he zugehen“, so Hoffmann weiter.

In der Praxis hat Bernd Lehmann die Erfahrung gemacht, dass die Anwender eigentlich mit der Sicherheit nichts zu tun haben wollen. Security sei immer nur dann ein Thema, wenn etwas passiere – diese Erfahrung teilten die meisten in der Runde. Die Komplexitä­t beim Schutz mobiler Endgeräte mache das Thema auch für die Wirtschaft schwierig, berichtet Check-Point-Manager Schnabel: „Das Wissen über Mobile Security hängt stark von der Unternehme­nsgröße ab, vor allem kleinere Unternehme­n fühlen sich davon oft nicht betroffen.“Es fehle hier wie dort das Verständni­s der Risiken, auch im Hinblick auf notwendige Investitio­nen.

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