BPM-Lebenszyklus in sechs Phasen
Beim Aufbau eines Prozess-Management-Systems kommt es darauf an, strukturiert vorzugehen. BPM sollte ganzheitlich von Ende zu Ende betrachtet werden.
Beim Aufbau eines Prozess-Management-Systems kommt es in erster Linie darauf an, strukturiert vorzugehen. So lässt sich BPM mit allen notwendigen Schritten ganzheitlich von Ende zu Ende betrachten.
End-to-End (E2E) ist eine beliebte Methode im Geschäftsprozess-Management, um einen Prozess ganzheitlich zu betrachten, also vom Anfang bis zum Ende. Das lässt sich hervorragend auf das Business-Process-Management selbst übertragen. Ohne Rücksicht auf gängige Instrumente wie etwa den Management-Kreis lassen sich dabei sechs Phasen identifizieren:
1. Prozess-Management einführen Bevor ich etwas ausführen oder nutzen kann, muss ich es erst einmal einführen. Hört sich eigentlich logisch an, in der Tat wird aber der erste Stein meist gar nicht oder nur unzureichend gesetzt, und man beginnt direkt damit, Prozesse zu dokumentieren, zu optimieren, oder – heute sehr beliebt – zu digitalisieren. Dabei ist es enorm wichtig, dass BPM vom Management definiert, getragen und vor allem vorangetrieben wird. Denn das Prozess-Management soll die Unternehmensstrategie umsetzen. Geschieht das nicht von Anfang an und „von oben“gesteuert, ist die Gefahr groß, dass man „unten“irgendwo das Ziel aus den Augen verliert.
2. Prozesse organisieren und strukturieren Ist der Rahmen gesetzt, sollten anschließend die Rahmenbedingungen definiert werden. Auch hier gilt wieder: Was ich von Anfang an berücksichtige, führt später nicht zu Fragen oder Problemen. Klassische Aufgabenstellungen in diesem Abschnitt sind die Festlegung von Prozessarten und -ebenen, Dokumentationsarten und -formen, Methoden und Standards sowie Software und Tools.
Auch wie ich mich als Unternehmen prozessorientiert aufstellen möchte und welche BPMRollen ich dafür verwende, sollte hier deutlich beschrieben werden.
3. Prozesslandkarte erstellen Nach viel Theorie ist die Prozesslandkarte oft das erste sichtbare Ergebnis – und mit das wichtigste. Als Kompass des Unternehmens stellt sie die wichtigsten Unternehmensprozesse, deren Zusammenhänge und Abhängigkeiten sowie die wichtigsten Input- und OutputFaktoren und Verantwortlichen auf oberster Ebene dar und ist somit das Spiegelbild der Unternehmensstrategie. Die Prozesslandkarte ist Ausgangspunkt für alle weiteren BPM-Aktivitäten und somit enorm wichtig. Etwas, was man gerne unterschätzt.
4. Prozesse darstellen Von der Prozesslandkarte ausgehend kann man nun seine komplette Prozesslandschaft aufbauen. Wie und in welcher Detaillierung das geschieht, sollte unter Punkt zwei definiert worden sein, so dass es hier jetzt eigentlich nur
noch um die operative Umsetzung geht. Dazu gehören folgende Aufgaben: Prozesse identifizieren und abgrenzen, Prozesse mit allen Beteiligten aufnehmen, Prozesse in der gewünschten Form dokumentieren.
Zu Beginn einer BPM-Einführung oder einer Prozessdokumentation wird oft diskutiert, ob man die Ist-Prozesse aufnehmen oder gleich zur Optimierung übergehen und die Soll-Prozesse darstellen soll. Pauschal ist das nicht zu beantworten, aber oft ist es besser, sich erst Transparenz über die Ist-Abläufe und alle Zusammenhänge zu verschaffen. Hat man sie einmal dokumentiert, hilft das nicht nur im Tagesgeschäft, sondern auch später, wenn man neue Soll- und Zielprozesse gestalten möchte.
5. Prozesse einführen Ist der Prozess erst einmal aufgenommen und dokumentiert, sind noch einige Pflichtaufgaben zu erledigen: D Abstimmung des Prozesses mit allen Beteiligten. Dazu gehören auch „mittelbar Betroffene“, die man gerne vergisst, wie zum Beispiel der Betriebsrat oder der Compliance- beziehungsweise Datenschutzbeauftragte. Es empfiehlt sich immer, vorab in den Standards einen Freigabe-Workflow zu installieren. D Schulung und On-Boarding der Mitarbeiter. D Veröffentlichung der Prozessdokumente, zugänglich für alle Betroffenen.
Um die Qualität der Prozesse und Dokumentationen auch langfristig sicherzustellen, sollte schon bei der Veröffentlichung ein Review oder Audit geplant werden, bei dem Aktualität und Richtigkeit geprüft werden. Prozesse sind wie Pflanzen: Gießt man sie nicht regelmäßig, verwelken sie.
6. Prozesse analysieren und optimieren Man muss nicht unbedingt über kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) sprechen, wenn man das Beste aus seinen Prozessen herausholen möchte. Kosten zu senken und Produktivität und Effizienz zu steigern, liegt am Ende im Interesse eines jeden Unternehmens.
Im Prinzip gibt es dafür zwei gängige Praktiken: 1. Regelmäßige Prozessoptimierung über einen KVP: Man analysiert einzelne Prozesse und definiert entsprechende Maßnahmen. 2. Optimierungsprojekte, die meist große Teile einer Prozesskette verändern, ersetzen oder neu einführen.
Spätestens hier sollte man dann auch feststellen, wenn ein Prozess gar nicht mehr existiert. Dann scheidet er aus dem BPM-Lifecycle aus, und der Kreislauf beginnt wieder (irgendwo) von vorne.
Fazit
Der Erfolg von Geschäftsprozessen wird maßgeblich durch das installierte Prozess-Management-System bestimmt. Dennoch beschäftigen sich viele nur mit Prozessen und deren Lebenszyklus, machen den zweiten vor dem ersten Schritt und erzielen deshalb nur kurzfristige Erfolge, ohne wirklich optimale Prozesse zu erreichen. Baut man BPM ganzheitlich über den kompletten Zyklus hinweg auf, kann man Schwierigkeiten frühzeitig vermeiden und schafft eine Flexibilität, die langfristig hilft, neue Herausforderungen einfach und schnell zu bewältigen.