SAP stellt Weichen für die KI-Zukunft
IoT-Plattform Leonardo ist der Star auf der User-Konferenz Sapphire.
Die SAP AG will ihre Kunden in die Lage versetzen, Geschäftsprozesse digital, programmierbar und intelligenter zu machen. Das war die Kernbotschaft des größten deutschen Softwareherstellers anlässlich der Kundenkonferenz Sapphire, die vom 16. bis 18. Mai in Orlando, Florida, stattfand. Ambitionen, die eigenen Applikationen entsprechend aufzuwerten, hatte CEO Bill McDermott bereits auf der Sapphire im vergangenen Jahr geäußert. Nun wurden die Softwerker konkreter. „Seit 2010 hat SAP mehr als 50 Milliarden Dollar investiert, um Innovation voranzutreiben“, sagte McDermott. Das sei es, was die Kunden erwarteten.
Eine neue Ära für digitale Unternehmen
Um Geschäftsmodelle und -prozesse im Zuge der Digitalisierung laufend modifizieren und anpassen zu können, reiche eine einzelne Technologie nicht aus, so das Credo der SAPFührung. Als Schaltzentrale für das intelligente Unternehmen will der Konzern daher seine Internet-of-Things-(IoT-)Plattform Leonardo ins Spiel bringen. Sie soll SAP zufolge in Zukunft massiv ausgebaut werden. Das erweiterte Portfolio von SAP Leonardo bringe Lösungen für maschinelles Lernen, das Internet der Dinge, Big Data, Analysen und Blockchain auf der SAP Cloud Platform mit SAPs Prozess- und Branchenwissen und Design-Thinking-Methoden zusammen.
Markus Noga, Head of Machine Learning, SAP, sprach auf der Sapphire von einer neuen Ära für digitale Unternehmen und bezeichnete die Infrastruktur aus Leonardo, der SAP Cloud Platform, neuen Services sowie dem klassischen ERP-Kern als „Nervensystem eines intelligenten Unternehmens“. Leonardo stehe in diesem Konzept für das „digitale Innovationssystem“.
Kunden haben laut SAP zwei Möglichkeiten, dieses digitale Innovationssystem zu nutzen: Der branchenspezifische „Industry Innovation Accelerator“adressiere bestimmte Anwendungsfälle zu einem festen Preis und Zeitplan. Unternehmen könnten aber auch individuell und flexibel eigene Lösungen entwickeln. Ein Netzwerk von SAP-Leonardo-Centern in New York, Paris, São Paolo und Bangalore soll SAPKunden und -Partner dabei unterstützen, ihre eigenen Anwendungen zu entwickeln. Darüber hinaus würden die auf Leonardo basierenden Services und Technologien in bestehende Geschäftsanwendungen von SAP integriert, um diese effizienter und intelligenter zu machen.
Grundlage für Leonardo ist die SAP Cloud Platform. Das System werde unter einem CloudFirst-Ansatz entwickelt, erläuterte SAP-Manager Noga. Dazu gebe es jedoch Konnektoren in die On-Premise-Welt. Cloud-Services für künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) würden in Zukunft auch für On-PremiseInstallationen zur Verfügung stehen. Einen Zeitplan dafür gebe es noch nicht.
Basis für die Entwicklung neuer intelligenter Services ist die SAP Leonardo Machine Lear-
ning Foundation. Kunden und Partner seien damit in der Lage, eigene Anwendungen zu entwickeln, die intelligente, in die Cloud-Plattform Leonardo eingebettete Dienste nutzen könnten. Diese KI-/ML-Anwendungen und -Services ließen sich zudem über Application Programming Interfaces (APIs) mit bereits bestehenden Applikationen verknüpfen sowie mit Hilfe von eigenen oder externen Daten trainieren.
KI-Services für das Kunden-Management
Auf der Sapphire hat SAP bereits einige auf Leonardo basierende Services vorgestellt. „SAP Service Ticketing“soll eingehende Kundenanfragen besser klassifizieren können, um schneller den richtigen Ansprechpartner zu finden. „SAP Customer Retention“beobachtet und analysiert das Kundenverhalten und soll Rückschlüsse darauf zulassen, wie loyal der Kunde zu Anbieter und Produkten steht, ob es Cross- oder Upselling-Potenziale gibt und ob der Kunde möglicherweise überlegt, zu einem Konkurrenten abzuwandern. „SAP CoPilot“soll die Arbeit von Anwendern mit Softwareprogrammen einfacher machen. Nutzer könnten per Spracheingabe mit dem digitalen Assistenten chatten, um beispielsweise Daten anzufordern und so ihre Arbeit zu beschleunigen. Das funktioniere mit SAP-Anwendungen, aber auch mit anderen Tools wie Slack oder Googles G Suite.
Für das Marketing bietet sich „SAP Brand Impact“an. Der Service nutzt Deep-LearningFunktionen, um in Bild- beziehungsweise Videodaten das Auftauchen bestimmter Marken zu messen, beispielsweise in Bandenwerbung bei Sportereignissen. Das hebe das Thema Marketing-Analytics auf eine neue Ebene, verspricht SAP-Manager Noga. Wo früher Studenten mit der Stoppuhr vor dem Bildschirm saßen, erledige der intelligente Service diese Aufgabe in Echtzeit wesentlich schneller und liefere dabei auch genauere Ergebnisse.
All diese Services laufen SAP zufolge nicht isoliert, sondern sind tief in der Anwendungsund Cloud-Welt des Anbieters verankert. Beispielsweise greifen die neuen intelligenten Kundenservices auf Daten in bestehenden SAP-Systemen zurück. SAP-Mann Noga kündigte an, die KI- und ML-Funktionen weiter ausbauen zu wollen. Es werde eine Reihe von Machine-Learning-APIs geben. Neben Bildund Textdaten habe das Unternehmen dabei auch Sprachdaten im Visier. Im Zuge dieser Entwicklungen spielen für SAP offensichtlich auch Partnerschaften eine wichtige Rolle. In der Entwicklung neuer KI- und ML-Services setzt SAP auf das Google-Framework Tensor- Flow. Bei dieser Entscheidung sei die Größe der Community ausschlaggebend gewesen, berichtete Noga. SAP habe keine Ambitionen, ein eigenes Framework zu entwickeln. Man setze auf strategische Partner. Zu diesen zählt der Grafikchipspezialist Nvidia. Im Zuge der Bildanalysen bei SAP Brand Impact setzt der Konzern auf Grafikchips. Dafür seien auch Nvidias auf Graphic Processing Units (GPUs) basierende Hochleistungsrechner DGX-1 in der SAPCloud integriert.
SAP tritt Partnership on AI bei
Im Zuge der Verbreitung von KI-Funktionen, die auch immer mehr Bereiche des täglichen Lebens vieler Menschen berührten, sieht sich das SAP-Management offenbar mit Herausforderungen konfrontiert, die über rein technische Aspekte hinausgehen. Noga berichtete, dass SAP der Initiative „Partnership on Artificial Intelligence“beigetreten sei, um auch gesellschaftliche und soziale Aspekte der neuen Techniken zu diskutieren. Neben anderen ITGrößen wie Amazon, Apple, Facebook, Google, IBM und Microsoft sind hier mittlerweile auch Beratungsunternehmen wie McKinsey sowie Organisationen wie Human Rights Watch und Unicef beteiligt.