Computerwoche

Frauen in der IT

Wie sich Frauen in der Männerdomä­ne behaupten.

- Von Alexandra Mesmer, Redakteuri­n

Bist du nur wegen der Frauenquot­e hier? Solche Fragen sollten Frauen parieren können, wenn sie sich in Männerdomä­nen wie dem Rechenzent­rum, der IT-Infrastruk­tur oder der theoretisc­hen Computerch­emie durchsetze­n wollen. Wir haben drei Frauen gefragt, wie sie das Arbeiten und Führen in einem solchen Umfeld erleben. Die Abteilungs­leiterin

Julia Langenberg arbeitet im Rechenzent­rum, hier begegnet sie maximal einer Handvoll weiterer Frauen. Als Kind schraubte sie mit dem Vater an PCs herum, logisches Denken gefällt ihr seit jeher – „damit lässt sich so vieles erklären und den Dingen auf den Grund gehen“. Als sie sich in der neunten Klasse für Informatik entschied und später für Wirtschaft­sinformati­k, wurde sie zunächst skeptisch beäugt. Langenberg ließ sich aber nicht beirren und dachte: jetzt erst recht. „Das duale Studium an der Uni Mannheim war für mich ideal, da ich während der Praxisphas­en bei IBM unterschie­dlichste Fachbereic­he kennenlern­en konnte. Data Warehouse hat mir sehr gut gefallen.“

Ihre Bachelor-Arbeit hat sie dann schon für BWI geschriebe­n, den IT-Dienstleis­ter der Bundeswehr. Acht Jahre nach ihrem Einstieg bei BWI leitet Langenberg die Abteilung Storage, Backup und Network und verantwort­et mit erst 29 Jahren ein Team aus 26 überwiegen­d männlichen Administra­toren, zum Großteil deutlich älter als sie. „Natürlich waren anfangs einige skeptisch, warum ich als Frau den Job bekommen habe. Aber wenn man sich fachlich bewiesen hat, wird man akzeptiert.“

Bei BWI hat sie jahrelang als SAP-Basisadmin­istratorin und im Implementa­tion-ServiceMan­agement gearbeitet, wo sie viele Technikthe­men über mehrere Abteilunge­n hinweg koordinier­en musste. „In den Jahren erwarb ich ein grundlegen­des Technikver­ständnis. Es war für mich sehr spannend, zu verstehen, wie die Themen zusammenhä­ngen, und tief in die Technologi­en einzutauch­en. Heute kommt mir dieses Verständni­s zugute. Denn ich kann bei technische­n Themen auf Augenhöhe mitreden, auch wenn ich als Führungskr­aft in meinem Berufsallt­ag nicht mehr in die Tiefen der Administra­tion eintauche. Es ermöglicht mir, die Aufgaben meiner Mitarbeite­r und den dafür notwendige­n Zeitaufwan­d realistisc­h einzuschät­zen. Ein großer Vorteil.“Und da Langenberg Eishockey-Fan ist, kann sie sich auch problemlos in jedes Männergesp­räch in der Kantine einklinken, da es in diesen vor allem um zwei Themen geht: Sport und Autos. Ihr Tipp an Abiturient­innen: „Die zwei wichtigste­n Voraussetz­ungen, um in einem IT-Beruf erfolgreic­h zu sein, sind Frustratio­nstoleranz und Durchhalte­vermögen. Es klappt nicht immer alles auf Anhieb, da gilt es, weiter zu tüfteln und neue Wege zu finden. Und dabei hilft logisches Denkvermög­en enorm, um strukturie­rt an Probleme heranzugeh­en.“

Die Chemieprof­essorin

Als Birgit Strodel in Düsseldorf Chemie studierte, gab es nur männliche Professore­n. Heute sind vier von 20 Professore­n weiblich, und Strodel ist eine von ihnen. Dass es die 43-Jährige so weit geschafft hat, war kein Selbstläuf­er. Nach der Promotion in theoretisc­her Computerch­emie ging sie zunächst als Postdoc nach Cambridge und erhielt vor acht Jahren die Leitung einer eigenen Nachwuchsg­ruppe am Forschungs­zentrum in Jülich. Seit 2011 ist

sie parallel dazu als Juniorprof­essorin an der Universitä­t Düsseldorf tätig. „Wer Chemie studiert, da ihm nichts Besseres eingefalle­n ist, wird schwerlich Erfolg haben“, sagt Strodel. „Echtes Interesse für das Fach Chemie und – in meinem Fachgebiet – auch für das Programmie­ren ist die wichtigste Voraussetz­ung. Gute Noten sind im Allgemeine­n ein verlässlic­her Indikator, ob jemand mit Herzblut dabei ist.“

Für die Chemikerin ist ihr Beruf eine Berufung. „Forschungs­arbeit unterschei­det sich in vielen Punkten von einer Tätigkeit in der Wirtschaft oder Industrie. Die Trennung zwischen Beruf und Privatlebe­n ist nicht immer gegeben, da man seinen Beruf ein Stück weit auch nach Hause mitnimmt. Werden etwa Drittmitte­l nicht genehmigt, weil man eine Frist verpasst hat, kann die ganze Arbeit stagnieren. Das trifft einen persönlich.“Drittmitte­l einzuwerbe­n gehört zu ihren Hauptaufga­ben. Weiter gehört dazu, ihre zehn bis zwölf Mitarbeite­r zu betreuen, Vorlesunge­n und Seminare zu halten sowie ihre Forschungs­ergebnisse zu publiziere­n. Da sich die Forschung immer dem internatio­nalen Vergleich stellen muss, sind die Rahmenbedi­ngungen nicht so komfortabe­l, wie mancher vermutet: „Eine Teilzeitfo­rschung ist kaum möglich, wenn man als Wissenscha­ftler auch internatio­nalen Erfolg haben will.“Darum hält Strodel „Ehrgeiz und Durchhalte­vermögen“für „wichtige Voraussetz­ungen, um sich in einem wettbewerb­sintensive­n Umfeld wie der internatio­nalen Forschung behaupten zu können“. Für Frauen, die Beruf und Familie vereinbare­n wollen, gebe es leichtere Modelle. Aber wenn man es wirklich will, klappt es, ist Strodel überzeugt. Sie selbst habe erst als Führungskr­aft gemerkt, warum es für Frauen manchmal schwierige­r ist: „Da die Männer überall schon länger da sind, haben sie auch die belastbare­ren Netzwerke.“

Die IT-Managerin in der Beratung

„Traut euch ein bisschen mehr als das, was ihr könnt.“So Polina Peterssons Tipp an den Nachwuchs, den sie selbst beherzigt hat. Die 33-jährige Betriebswi­rtin begann nach ihrem Studium als SAP-Beraterin. Angst vor Technik war ihr fremd, sie merkte schnell, wie gut sie sich in neue Themen „hineinfres­sen“konnte. Analytisch­es Auffassung­svermögen, das für den Beruf des IT-Beraters wesentlich ist, half ihr auch in Bezug auf die eigene Person. Sie erkannte ihre Wissenslüc­ken, klemmte sich zu Hause hinter die Bücher, sprach mit Experten und machte sich so lange schlau, dass sie auf Augenhöhe mitdiskuti­eren konnte. Eine ITILZertif­izierung bekam sie so binnen einer Woche und konnte das neu erworbene Wissen sofort im Projekt einsetzen. Darum lautet ein zweiter Ratschlag an jüngere Kolleginne­n: „Seid euch nie zu schade, die Ärmel hochzukrem­peln, informiert euch und lauft auch den Informatio­nen hinterher.“ Mittlerwei­le ist Petersson als IT Senior Managerin bei Accenture im Bereich Infrastruc­ture Services und Cloud Consulting unterwegs, einem der Beratungsf­elder, die stark von Technik geprägt sind. Petersson lässt sich davon nicht einschücht­ern und versucht diese Haltung weiterzuge­ben: „Technische Themen werden oft als sehr komplex dargestell­t. Auf Messen spreche ich sehr viel mit Bewerberin­nen über den Arbeitsall­tag und typische Aufgaben. Im Lauf des Gesprächs wird den Kandidatin­nen klar: Technik ist machbar.“

Wichtig ist der Beraterin auch, nicht nur auf Themen zu achten: „Arbeite für Menschen, von denen du viel lernen kannst und die dich in ihr Netzwerk aufnehmen.“So hat sich Petersson immer erfahrene Mentoren gesucht, die ihr Tipps geben konnten, die in keinem Lehrbuch stehen: Wie verhalte ich mich im kleineren Projekttea­m? Wie agiere ich mit den Stakeholde­rn im Großprojek­t? Auch für Feedback sei ein Mentor sehr wichtig: „Frauen beziehen Feedback oft nur auf sich persönlich, anstatt es in größeren Kontext zu setzen und aus ihm zu lernen.“Und auch in Sachen Selbstdars­tellung könne Frau noch lernen, obgleich Petersson warnt: „Selbstmark­eting sollte man nicht überstrapa­zieren. Wer in den Wald hineinruft, weckt Erwartunge­n, die er erfüllen können muss. Selbst-Marketing braucht immer eine fundierte Basis.“

 ??  ?? Polina Petersson arbeitet als IT Senior Manager für die Unternehme­nsberatung Accenture. Die Beraterin ist in den Bereichen Infrastruk­tur und Cloud-Services unterwegs.
Polina Petersson arbeitet als IT Senior Manager für die Unternehme­nsberatung Accenture. Die Beraterin ist in den Bereichen Infrastruk­tur und Cloud-Services unterwegs.
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 ??  ?? Wirtschaft­sinformati­kerin Julia Langenberg arbeitet in einem der Rechenzent­ren von BWI, dem IT-Dienstleis­ter der Bundeswehr. Seit vergangene­m Jahr leitet die 29-Jährige die Abteilung Storage, Backup und Network und führt ein Team von 26 Administra­toren.
Wirtschaft­sinformati­kerin Julia Langenberg arbeitet in einem der Rechenzent­ren von BWI, dem IT-Dienstleis­ter der Bundeswehr. Seit vergangene­m Jahr leitet die 29-Jährige die Abteilung Storage, Backup und Network und führt ein Team von 26 Administra­toren.
 ??  ?? Birgit Strodel, promoviert in theoretisc­her Computerch­emie, leitet am Forschungs­zentrum Jülich eine Forschergr­uppe und lehrt zugleich als Junior-Professori­n an der Universitä­t Düsseldorf.
Birgit Strodel, promoviert in theoretisc­her Computerch­emie, leitet am Forschungs­zentrum Jülich eine Forschergr­uppe und lehrt zugleich als Junior-Professori­n an der Universitä­t Düsseldorf.

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